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Politik direkt Forum vom 23. 10. 2008

30. Oktober 2008

"Sollen misshandelte Heimkinder entschädigt werden?"

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Die katholische Kirche will das Leid der ehemaligen Heimkinder noch nicht anerkennen.Bild: dpa - Bildarchiv

Informationen zum Thema:

Warten auf Hilfe - ehemalige Heimkinder fordern Wiedergutmachung

Sie wurden misshandelt, gedemütigt, zu Arbeit verpflichtet. In den 50er- und 60er Jahren haben viele Kinder in Heimen, die meisten von der katholischen und der evangelischen Kirche betrieben, die Hölle erlebt. Jahrzehnte haben sie geschwiegen; nun gehen sie an die Öffentlichkeit, fordern eine Entschuldigung und finanzielle Wiedergutmachung für geleistete Arbeit. Die evangelische Kirche von Hannover hat nun ihre Schuld eingestanden. Aber die katholische Kirche und auch die Politik tun sich immer noch schwer. Zwei Jahre lang hat sich der Petitionsausschuss des Bundestages mit der Frage der ehemaligen Heimkinder befasst. Ergebnis: Entscheidung vertagt, zunächst erhalten die Heimkinder keine Rente für geleistet Kinderarbeit. Wir zeigen Schicksale und die Debatte um Wiedergutmachung.

Unsere Frage lautet:

"Sollen misshandelte Heimkinder entschädigt werden?"

Antworten unserer Zuschauer:

Hannelore Krause, Deutschland:

"Es wäre nicht mehr als rechtens, wenn diese ehemaligen Heimkinder für ihre Kinderarbeit, die Demütigungen und Misshandlungen entschädigt würden. Es ist unglaublich; aber wo war nur der liebe Gott? Wenn diese Art der Fron erst in den letzten Jahren thematisiert wurde, so sollten die Kirchen dazu stehen, und die Betroffenen sollten eine einmalige Entschädigung erhalten. Von wem auch immer. Sie hätten davon mehr, als würde es in ihre Rentenbeiträge fließen, wenn sie denn jemals in den Genuss einer Rente kämen. Vielleicht kann man ihnen von dem 500-Milliarden-Paket, das die Bundesregierung für bankrotte Banken geschnürt hat, ein Mini-Päckchen abgeben."

Hartmut Bester, Deutschland:

"Die Frage nach Misshandlung oder nicht, kann rein rentenrechtlich nicht in den Vordergrund gestellt werden. 1.) Allein das Alter ist ausschlaggebend für die Anerkennungszeiten. 2.) Es ist der Qualifizierungswert der geleisteten Arbeiten, d.h. die Einstufung in Berufsmuster festzulegen. 3.) Die Bearbeitung dieser Rentenansprüche sollte unbedingt bevorzugt erfolgen."

Horst Thiel, Philippinen:

"Die katholische und evangelische Kirche waren und sind schon immer mit die größten Betreiber von Kinder- und Waisenheimen gewesen. Gepredigt wird immer von Menschlichkeit und Nächstenliebe. Wenn es aber um den Profit geht, werden Kinder gnadenlos misshandelt und ausgebeutet. Eine Entschädigung ist aus Gründen der Menschlichkeit unbedingt erforderlich."

Herbert Fuchs, Finnland:

"Wenn du nicht brav bist kommst du ins Heim", so sagte man früher. Und das hat meist gesessen wie eine scharfe Backpfeife, weil fast jedes Kind wusste, dass dort der Spaß vorbei ist. Ja, diesen Kindern wurde in ihrer Kindheit nichts geschenkt und für jede dumme, kindliche Kleinigkeit, die sie als Kind angestellt haben, mussten sie sehr oft auf Holzscheiten knien, bis zum Umfallen und vieles Schreckliche mehr. War das Kind noch ein uneheliches Kind, dann hatten diese Heimkinder überhaupt nichts zu Lachen, weil man das als Sünde gesehen hat. Die katholischen Geistlichen vom alten Schlag waren mehr als gemein. Diesen Heimkindern gehört ohne Wenn und Aber eine Wiedergutmachung und Entschuldigung ausgehändigt von der Kirche. Diese Heimkinder mussten - sprichwörtlich gesagt - so ein hartes Brot essen, dass sich heutzutage kein modernes verwöhntes Kind das vorstellen kann. Dieser kirchliche Terror nach dem 2. Weltkrieg scheint schier unvorstellbar. Und was die Kirchen den armen Kreaturen angetan haben. Es ist höchste Zeit, dass das Unrecht an den Heimkinder nach so langer Zeit finanziell entschädigt wird."

Christa Schudeja, Deutschland:

"Es gibt Vieles, was auch im Raum der Kirche nicht immer korrekt ist, denn da arbeiten auch nur Menschen. Aber: Kinder, die kein Zuhause haben, zu misshandeln und auszubeuten - wie auch immer das genannt wird (Arbeitstraining, Mithilfe auf dem Bauernhof, Langzeitpraktika usw.) - ist ein Verbrechen. Wer verleugnet und beschwichtigt, macht sich wiederholt schuldig."

Christiane Ullmann, Kanada:

"Die Schande ist, dass sich niemand für die Misere der damaligen Kinder verantwortlich fühlt. Betrachten Sie nur die schlimme Misshandlung der 'Native Canadians' an. Jahrzehnte lang wurden die Kinder von den Kirchen in Heimen brutal von ihren Eltern und Kultur ferngehalten. Entschädigung? Ja, die gibt es, aber nur weil sie selbst die Kirchen und die Regierungen verklagt haben. Auszahlung? Nein, über die Art und Weise wird immer noch 'diskutiert'. Solange man diskutiert, wird nichts getan."

Dirk Friedrich, Deutschland:

"Lapidar und ohne Einschränkungen: Ja!"

Gerhard Seeger, Philippinen:

"Selbstverständlich müssen sie entschädigt werden und das begangene Unrecht öffentlich und umfassend zugegeben werden. Wenigstens die evangelische Kirche begibt sich auf diesen Weg. Dass die katholische Kirche, die sich selbst als die 'Kirche der Wahrheit' bezeichnet, sich weiterhin sträubt, dieses Unrecht zuzugeben und behauptet, es seien übertriebene Einzelfälle, ist für niemand, der sich je mit kritischer Religionsgeschichte befasste, verwunderlich. Begangenes Unrecht wird nur, wenn es wirklich nicht mehr bestreitbar ist, in geschönter, abgemilderter Form zugegeben. Das ist ihre bewährte Methode."

Heinz-Peter Tjaden, Deutschland:

"Es ist unglaublich, wie viel Zeit vergehen musste, bis sich Politik und Kirchen endlich mit diesem Thema intensiv beschäftigen. Als Redakteur beschäftige ich mich seit geraumer Zeit mit dem Thema. Die Caritas hat meine Fragen abgeblockt. Jetzt gibt es in Niedersachsen eine Studie. Nun sollte nicht mehr viel Zeit vergehen. Siehe auch http://kinderinheimen.blogspot.com."

Sven Wagner, Deutschland:

"Also, ich finde es traurig, dass selbst bei diesem Thema der Materialismus in den Vordergrund gestellt wird, und dies wider allem Wissen."

Peter Hörsel, Deutschland:

"Selbstverständlich ist allen gedemütigten und gepeinigten ehemaligen Heimzöglingen Wiedergutmachung zu gewähren. Dabei geht es um nichts Geringeres als eine Versöhnungsgeste für eine völlig verwüstete, gepeinigte und entwertete Kindheit sowie frühe Jugendzeit. Natürlich ist auch die ganze Schufterei und Zwangsarbeit nachträglich finanziell zu vergüten. Menschen sind nun mal keine Sklaven mehr, sollten es zumindest nicht mehr sein."

Erwin Scholz, Costa Rica:

"Sitten in Heimen

zuweilen saugrob.

Dies einzuräumen

tät Not und brächt Lob."

Johann L. Beckers, Deutschland:

"Forderungen an die Bundesrepublik Deutschland, die Heimbetreiber müssen jederzeit den Sachbearbeitern des Heimkinderverbandes unangemeldet Zutritt in die Heime gestatten. Stellungnahme der Bundesregierung Deutschland zum Umgang mit ehemaligen misshandelten Heimkindern: Bildung einer EU-Kommission, die sich mit der heutigen staatlichen Gewalt gegen Minderjährige in Deutschland befasst. Der Prozentsatz der Heimkinder ist zu ermitteln, die seit 1951 im Gefängnis saßen. Der Prozentsatz der Heimkinder ist zu ermitteln, die seit 1949 verstorben sind. Eine bundesweite Statistik aller Menschen ist zu führen, die Heimerziehung erleben mussten. Opfer der Heimerziehung müssen ihre Würde und Vertrauen wiedergewinnen. Dazu gehören die Aufarbeitung, die Bestrafung der Täter, die Therapien und die Entschädigung für jeden angefangenen Monat im Heim."

Lee Davis, USA:

"Opfer von Heimerziehung sollten auf jeden Fall entschädigt werden. Wenn ein Erzieher als Täter entlarvt werden kann, dann sollte der zu Geldzahlungen gezwungen werden. In den USA würde das sehr teuer werden."

Martin Burmeister, Venezuela:

"Ich kann mir kein Urteil über die Sachverhalte in Kinderheimen in Deutschland machen, jedoch bin ich der Meinung, dass Heimkinder, nur wenn sie nachweislich Schäden davon getragen haben, die zu später zu vollständiger oder teilweiser Arbeitsunfähigkeit geführt haben, (die Möglichkeit haben sollten, d. Red.) einen Anspruch auf Entschädigung geltend zu machen. In Venezuela könnten Heimkinder in keinem Fall mit einer Entschädigung rechnen."

Paul R. Woods, Deutschland:

"Das Thema war schon einmal 'heiß' - von 1968 bis 1972 (ungefähr) - in der sogenannten Randgruppenbewegung. Bücher bei Kiepenheuer & Witsch ("Ausschuss") und beim Fischer Verlag ("Heimterror"). Damals haben es alle einfach abgetan. Es nutzte wenig, dass Heinrich Böll einer Kölner Gruppe 100.000 Mark aus seinem Nobelpreis gab und dass Günter Wallraff im ZDF an einem Freitagabend um 20.15 Uhr eine dreiviertel Stunde lang den Heimterror dokumentierte. Aber offensichtlich kann man es derzeit nicht einfach als 'links' abwerten. Einer Horde 'Heuschrecken' 500 Milliarden Euro nachwerfen, jedoch ehemalige Heimkinder betteln lassen und ihnen Brosamen und lauwarmen Trost anbieten – (...) mehr wird dabei vermutlich nicht herauskommen."

René Junghans, Brasilien:

"Ich bin gegen eine Entschädigung, denn wenn Kinder in ein Heim geschickt wurden, weil sie sich in Freiheit nicht zu benehmen wussten, dann ist das diesen Kindern nur zu Gute gekommen. Solche Heime haben eine rein erzieherische Bestimmung. Es ist doch ganz gut, dass man unerzogenen Kinder durch straffe Führung und gesteuerte Arbeitsdisziplinen ins Leben einführt. (...) Ich finde es einen inakzeptablen Opportunismus, die Kirche oder den Staat dafür verantwortlich machen zu wollen und gar noch eine Entschädigung zu fordern für diese erzieherische Unterstützung, die solche Erziehungsheime zu Lasten des Steuerzahlers oder der Kirchenkasse diesen Kindern geboten haben. Wir hatten zu Hause auch eine strenge Erziehung, und ich muss rückblickend ehrlich sagen, ich bin dankbar dafür, denn diese mag mir geholfen haben, moralisch und beruflich standfest zu bleiben und somit einen erfolgreichen Weg durchs Leben gefunden zu haben (...) Heute, mit 57 Jahren, verstehe ich die Entscheidungen der Nachkriegsjahre sehr gut und finde diese absolut richtig. Viele der heutigen jugendlichen Rabauken hätte eine bessere Zukunft, hätte man sie in einem Erziehungsheim großgezogen, anstatt sie auf der Straße herumzulungern zu lassen."

Rosemarie Wagner, Deutschland:

"Gebt endlich diesen geschundenen Seelen ihre Würde zurück. Ich war nur zweimal einige Wochen, Gast in solch einem Heim: 1958 als meine Mutter im Krankenhaus lag. Grausam, was diese Kinder erleiden mussten. Noch heute bekomme ich Gänsehaut, wenn ich an diese Wochen denke."

Günter-Stefan Beuerle, Deutschland:

"Meiner Meinung nach werden wir, die Ex-Zöglinge der Fürsorgeanstalten beider Konfessionen, es schwer haben, eine offene Entschuldigung von den Kirchen bzw. dem Staat zu erhalten. Die Wenigen von uns, die über Akten aus dieser Zeit verfügen, können in den günstigsten Fällen belegen, dass in den Erziehungsanstalten geschlagen wurde, ganz mehrheitlich aber nicht, dass dort auch Gewaltexzesse und sadistische Übergriffe mit Lebensgefährdung an der Tagesordnung waren. Wer gibt schon gern seine teilweise im Dritten Reich erlernten Folterqualitäten zu den Akten? Und was nicht in den Akten steht, so eine Weisheit von Verwaltungs- und Verbandsjuristen, ist eben nicht in der Welt. Wenn die Hearings des Petitionsausschusses Anspruch auf Seriosität erheben wollen, müssen sie denen, die aus eigenem Erleben berichten können, mehr Gehör schenken. Diesen Zeitzeugenberichten muss bei der Beweiserhebung ein gleicher Rang zugesprochen werden wie den Vertretern von Kirchen. Lassen Sie mich ein Beispiel anführen: An einem Abend versuchte ich im Angesicht des aufgetragenen Schweinefleisches meinen Leidensgefährten die Unterschiede von koscher und treif zu erklären. Die Tatsache liest sich in meiner Akte dann wie folgt: 'Schwatzt bei Tisch. Er erhielt einige Backpfeifen und gab dann nach.' Das was sich in der Akte so lapidar liest, stellte sich faktisch so dar: Die Backpfeifen waren eine Kanonade von Handkantenschlägen, die Mund-, Nasen-, Ohrenbluten und Benommenheit auslösten: Die Benommenheit ist wohl mit dem Eintrag 'und gab dann nach' gemeint. Für eine wahre Chuzpe halte ich es, wenn mir die katholische Brudergemeinschaft der Canisianer (für die Geschehnisse in meiner Verwahranstalt verantwortlich) einen Mediator benennt, der in einem Schreiben an mich freimütig bekennt: 'Die Geschehnisse in den Heimen der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts, kenne ich nur vom Hörensagen.' Der gleiche Mann hat mich wissen lassen, 'dass Veränderungen viel Zeit brauchen.' Eben auf diese Zeit scheint auch der Petitionsausschuss bei seiner Arbeit zu setzen. Das Problem ist: Wir, die Geschädigten dieser Jahre, haben nicht mehr ganz so viel Lebenszeit."

Werner Horbaty, Nicaragua:

"Heimkinder werden ja zu Erwachsenen. (...) Sie sollten später die Möglichkeit haben, wie jede nicht-'problematische' Person, ein normales, segensreiches und lebenswertes Leben zu führen. Und dies ist nur mit einer Rente möglich."

Andreas Koch, Deutschland:

"Bei uns im Kinderheim St. Josef in Dahlheim-Rödgen waren fast nur Kinder, die unehelich geboren wurden. Den Müttern hat man die Kinder weggenommen. Die Mütter waren den Behörden so hörig (Nazizeit), dass wir hier von einem Staatsverbrechen reden können. Der Erfolg dieses brutalen, menschenunwürdigen Aufwachens mit katholisch perversem Nonnenmaterial hat alleine aus meinem Kinderheim über 50 Todesopfer zu verzeichnen. Dieser Missbrauch wurde auch noch von der Gesellschaft gedeckt, denn die Pfarrer in den Kirchen, die Lehrer in den Schulen haben kräftig auf diese "Untermenschen" eingeschlagen. Bisher ist keiner dieser Verbrecher verurteilt worden; sie genießen hinter dicken Mauern ihren Lebensabend und verhöhnen die Opfer. Siehe Internet "Heimkinder". In unserem Fall ist das Internet ein Segen, denn das kann nicht so wie in den 70er Jahren vertuscht werden. Das wird den Tätern und ihren Rechtsnachfolgern ewig anlasten, denn die Kinder und Kindeskinder der Opfer werden das nicht vergessen."

Helmut Emil Klotzbücher, Deutschland:

"Natürlich müssen die Heimkinder der Nachkriegszeit entschädigt werden und Rentenzahlungen erhalten. Schließlich haben wir durch unsere Zwangsarbeit den Kirchen einen erheblichen Profit verschafft und viele Heime vom finanziellen Ruin gerettet. Dass die katholische Kirche von Entschuldigung und Entschädigungszahlung nichts wissen will, ist ja nichts Neues. Wie sagte doch ein bekannter Kirchenkritiker: er kenne 'keine Institutionen der Antike über das Mittelalter bis in die heutige Zeit, die soviel schwere Verbrechen begangen haben wie die konfessionellen Kirchen'. Ein anderes Zitat lautet: Die Kirche predigt Liebe und schiebt dabei dauernd einen Leichnam vor sich her!"

Helmut Jacob, Deutschland:

"Eine kleine Arbeitsgruppe dokumentiert zur Zeit im Internet Verbrechen an behinderten Kleinkindern und Schulkindern in einem Kinderheim in Deutschland. Inzwischen wissen wir, dass dieses Kinderheim eins unter etlichen anderen war, in dem zwischen 1947 und 1969 alle Facetten der Gewalt ausgeübt wurden. Zu den Verbrechen in den bundesdeutschen Kinder- und Jugendheimen schreibt der Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche Deutschland, Huber: 'Es erfüllt uns mit Scham, was dabei zutage tritt. Aber wir dürfen uns davor nicht verschließen; denn wenn dieses Unrecht nicht beim Namen genannt wird, wird die Würde der betroffenen Menschen heute genauso verletzt wie damals.' Die Opfer werden auch ein weiteres Mal misshandelt, wenn angesichts der Sachlage überhaupt die Frage nach Entschädigung diskutiert wird. Noch unanständiger ist es, dass mit Hilfe runder Tische und sonstiger Ausschüsse so viel Zeit herausgeschunden wird, dass kaum ein Opfer Entschädigung erhalten wird. Huber, die katholische Kirche und alle seriösen Politiker sind aufgefordert - wollen sie glaubwürdig bleiben - diesem schmählichen Treiben ein Ende zu setzen. Ein Staat, der 500 Millarden Euro für Spekulanten und Zocker übrig hat, macht sich zur Bananenrepublik, wenn er diese Verbrechen nicht finanziell sühnt. Irland kann nur Vorbild sein!"

Dagmar König, Deutschland:

"Ja, sie sollen und müssen entschädigt werden! Sie müssen entschädigt werden für entgangene Ausbildung, Schulbildung, damit versautes Leben. Sie müssen entschädigt werden für Schläge, Dunkelhaft, Entwürdigung, psychischen und physischen Terror, und das teils über Jahre. Sie müssen entschädigt werden für harte Arbeit ohne Lohn. Sie müssen auch entschädigt werden für Vergewaltigungen und sexuellen Missbrauch. Die evangelische Kirche tut etwas, das ist auch Frau Dr. Kässmann, Landesbischöfin von Niedersachsen, zu verdanken. Auch die Diakonie bewegt sich, aber die katholische Kirche will es wohl aussitzen. Dazu möchte ich anmerken, das viele Akten nicht mehr existieren, weil die
Heimleitung beim Eintritt in den Ruhestand (diese, d. Red.) vernichtet haben, wohl auch, um einer Bestrafung zu entgehen. Es ist nämlich durchaus nicht typisch deutsch, Akten verschwinden zu lassen; eher das Gegenteil ist der Normalfall. Allein diese Tatsache sollte schon zu denken geben."

Helmut Klotzbücher, Deutschland:

"Ich kann die Aussage von Rene Junghans/Brasilien nicht so unkommentiert stehen lassen. Von was redet der Mensch, hat er selber im Heim gesessen ?(...) 98% der ehemaligen Heimkinder waren nicht unerzogen oder wussten sich nicht zu benehmen. Allein der Umstand, dass sie unehelich geboren oder Scheidungskinder waren, reichte den Behörden aus, diese Kinder ins Heim zu bringen - von wegen zu Lasten der Steuerzahler. Die meisten Eltern der Kinder mussten auch noch die Heimunterbringung bezahlen. Die verordnete Zwangsarbeit der Heimkinder brachten soviel Geld ein, dass die meisten Heime sich selber tragen konnten. Mein Heim war 1952 bankrott und nachdem wir alle 1o bis 12 Stunden täglich schuften mussten, wurde das Heim mit unserem verdienten Geld gerettet. Von wegen Erziehung, wir wurden nicht erzogen, sondern verwaltet. Auf so eine Erziehung konnten wir gerne verzichten mit Schlägen, sexuellem Missbrauch und psychischer Vergewaltigung. Ich selbst habe von dieser Erziehung seit meinem Heimaufenthalt meinen rechten Fuß verloren und auch meine Rente kassierte das Heim. (...)"

Alexander Markus Homes, Deutschland:

"Zum Thema Kindesmissbrauch, Körpermisshandlung, Misshandlung an Schutzbefohlenen habe ich das Buch 'Heimerziehung: Lebenshilfe oder Beugehaft? Gewalt und Lust im Namen Gottes' veröffentlicht (...). Im Buch enthalten ist auch ein Interview, das ich mit einer Nonne vom 'Orden der Armen Dienstmägde Jesu Christi' geführt habe. Die Nonne berichtet ganz offen und ehrlich, wie 'im Namen Jesu Christ' Kinder in einem katholischen Heim, in dem sie arbeitete, körperlich und seelisch gequält, gedemütigt, bestraft wurden. Mit dem Straf- und Unterdrückungsinstrument 'Gott', so die Nonne, wurde den Kindern Gehorsam, Willigkeit, Anpassung und Unterwerfung abverlangt. Sie selbst bekennt sich dazu, Kinder auf das Schwerste misshandelt zu haben."

Sieglinde Alexander, USA:

"Wenn die Vergehen an allen 500 000 ehemaligen Heimkindern, die psychisch, körperlich und sexuell misshandelt und viele davon als Arbeitssklaven verwendet wurden, keine Gerechtigkeit erfahren, erklärt sich die deutsche Gesellschaft, die Religion und die Regierung mit den Entwürdigungen und begangenen Menschen(rechts)verletzungen der Nachkriegszeit einverstanden."

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