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Politik direkt Forum vom 24. 02. 2011

4. März 2011
https://p.dw.com/p/R6Ek

Die Sendung:

Schatten auf der Lichtgestalt - die Doktorarbeit des Karl Theodor zu Guttenberg

Wegen seiner klaren Worte und ehrlichen Auftretens ist er bei den Deutschen beliebt wie kein anderer Politiker: Karl-Theodor zu Guttenberg. Nun kommt heraus, dass er bei seiner Doktorarbeit abgeschrieben hat. Jetzt hat er sich entschuldigt, doch seine Glaubwürdigkeit ist beschädigt. Weitere Themen u.a.: Schulchaos in Deutschland; gelungene Integration in Kleinstädten.

Reaktionen unserer Zuschauer:

René Junghans, Brasilien (zu Guttenberg-Affäre):

„In Deutschland versucht man immer wieder Leute madig zu machen, die sich durch ihren Charakter und nicht zu verleugnende Leistungsfähigkeit hervortun. Herr Guttenberg hat solche Vorwürfe wirklich nicht verdient, denn er hat doch bereits bewiesen, dass er ein hochkompetenter Politiker ist, wie kaum ein anderer in der derzeitigen Regierung. Abschreiben ist doch kein Makel, das tut doch jeder irgendwann im Leben, vor allem Studenten. Mit Internet wird das Recherchieren so viel einfacher, als zu meiner Zeit, ohne Computer und ohne Internet; das reizt doch geradezu, sich seine Arbeit zu erleichtern. Die wirkliche Doktorarbeit ist das Leben, ob oder ohne Diplom (oder Abschreiben) muss man seine Kompetenz tagtäglich erneut unter Beweis stellen. Es werfe der den ersten Stein, der noch nie abgeschrieben hat (…).“

Gerhard Seeger, Philippinen (zu Guttenberg-Affäre):

„Es ist zwar erlaubt, aus den Doktorarbeiten anderer (etwas) zu entnehmen, aber diese Stellen sind - und dass wird auch im Studium gelehrt – deutlich mit Quellenangabe kenntlich zu machen. (…).Zu Anfang bestritt er hartnäckig die Plagiatsvorwürfe, sogar von einer linken Kampagne wurde gesprochen. Erst als immer mehr gefunden wurde, sogar dass er den wissenschaftlichen Dienst des Bundestages nutzte auch ohne Fremdtextangabe, Flucht nach vorne: Er las seine Arbeit noch mal und fand Fehler, die Ihm unbewusst unterlaufen seien. "Unbewusst?" Wie arbeitet man jahrelang an so etwas wie einer Doktorarbeit? Unbewusst? Sollte einem amtierenden Minister nicht immer bewusst sein was er tut und veranlasst? Aber seine Fans, eine Mehrheit, bleiben Ihm treu(…) Wenn einer der Urheber klagt, müsste es zu einem Gerichtsverfahren gegen einen Minister im Amt kommen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie das ankäme, gewiss nicht gut. Eine Professorin schrieb (im Internet, d. Red.): "Auch wenn es keine Straftat ist: Für die Wissenschaft ist es ziemlich schlimm, dass er nur den Doktortitel verliert, unsere Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel.“ Ende des Zitats. Da es um die Glaubwürdigkeit in der Politik ohnehin nicht so gut bestellt ist, nun auch der Lack vom als Saubermann dargestellten Guttenberg bröckelt, sollte er den Anstand haben und zurücktreten.“

Hannelore Krause, Deutschland (zu Guttenberg-Affäre):

„Adelstitel kann man käuflich erwerben. Man muss nur das nötige Geld besitzen. Beim Erwerb eines Doktortitels läuft es anders. Ob nun alle Anwärter diesen Titel jemals rechtens erworben haben, weiß ich nicht zu sagen. Und vielleicht kommt es ja auch bei der Vielzahl von Promotionen hin und wieder zu Schummeleien. Fest steht, dass Karl-Theodor zu Guttenberg diesen Titel erworben hat, obwohl ihm bewusst gewesen sein muss, dass er vielfach abgeschrieben hat - ohne Quellenangabe. Und das ist eigentlich durch nichts entschuldbar und stellt das Corpus Delicti dar, das man ihm nun vorwirft. Es kann passieren, dass bei einer umfangreichen Doktorarbeit schon mal im Stress ein, zwei Quellenangaben vergessen werden. Im vorliegenden Fall sollen es allerdings sehr viele mehr sein. Fest steht aber auch, dass zu Guttenberg seinen Ministerposten nicht als Träger eines akademischen Titels erworben hat. Vielen Menschen war mit Sicherheit nicht bekannt, dass er einen Titel besaß. Aber was sollte Neidern näher liegen, als einen Menschen, der im Grunde sehr viel Sympathie genießt, weil er etwas verheißt, was die Menschen wollen und brauchen, bis auf die Seele zu durchleuchten, um doch etwas zu finden, was ihn am Ende sehr dumm würde aussehen lassen und auch seinen Rückzug beinhalten könnte. Es wäre wirklich einmal an der Zeit, in das Vorleben sämtlicher Politiker - mit und ohne Doktorhut - zu tauchen und darin zu stöbern, ob sich nicht doch der eine oder andere etwas hat zu Schulden kommen lassen. Ich mag Karl-Theodor zu Guttenberg sehr - seine Jugendlichkeit, sein Auftreten, auch seine Kompetenz. Wer ihm allerdings Freund sein will, sollte ihm in dieser so peinlichen Situation nicht nur zur Rückgabe seines Doktortitels raten (was ja schon passiert ist), sondern auch zur Aufgabe seines Ministerpostens.“

Herbert Fuchs, Finnland (zu Guttenberg-Affäre):

„Die politischen Scherenschleifer aus allen anderen Lager wollen mit Übereifer den beliebten Minister und leider auch wegen seiner verunglückten makaberen Doktorarbeit (…) einen hochachtungslosen Fußtritt geben, um sich selbst damit einen politischen Vorteil zu verschaffen. Dieses unmenschliche Affengeschrei der Gegner von Guttenberg zeigt deutlich, wie man im heutigen politischen Alltag mit dem Gegner umspringt. Der Verteidigungsminister Guttenberg hat seinen bisherigen Job mehr als gut gemeistert (mit und ohne Doktortitel) und die anderen politischen Parteikollegen können ihn nicht im geringsten das Wasser reichen. Es ist mehr als traurig, dass man in Deutschland nach einen Kuckucksei sucht und es ausbrütet. Eigentlich könnte man doch bei jeden Abgeordneten was vorfinden, wenn man nur wollte. Unsere deutsche Parteienlandschaft ist unverschämt verroht und frech wenn es um die Macht geht (…). Ich finde, dass gerade diese politischen Hofnarren sich selbst nicht in den Spiegel zu schauen trauen, aber bei anderen die große typische Berliner Schnauze zeigen. Hoffentlich gewinnt Guttenberg. Ich wünsche es ihn von ganzen Herzen“.

Erwin Scholz, Costa Rica (zu Guttenberg-Affäre):

„Sind Menschen mit und ohne Titel

verschieden unter ihrem Kittel?

Die Antwort wird grad ausgesponnen

auf einer Jagd, die jüngst begonnen.

Sprach man eben noch zum "Glamour-Paar",

steht über dem Ohr nicht ab ein Haar?

Aufmerksamkeiten sich jetzt weiten.

Der Grund hierfür, es fehlen Seiten,

die ein "von-zu" hätte füllen müssen

mit seinen eigenen Ergüssen,

was offensichtlich nicht recht geschah.

Ja, wie denn dieses? Sieh an. Aha.

Gleich einem Schwarm von Jagdameisen

Jäger nun um die Beute kreisen,

dass der Gehetzte schlicht verloren,

nicht nur das Haar über den Ohren.

Ein Rang für eine Staats-Ikone?

Kein Muss, es geht gewiss auch ohne.

Nützt man allenthalben fremden Rat,

möchte schnell man enden als Pirat.

Und viele salbungsvolle Phrasen

platzen schillernd wie Seifenblasen.

Lässt deshalb ab vom Doktortitel

und gleicht erneut sich unterm Kittel.

Lernt als Quintessenz aus diesem Fall,

Eitelkeiten gibts zwar überall,

doch nur, wer fähig sie zu meiden,

möcht sich am End selbst wieder leiden.“

Die Redaktion von ‚Politik direkt’ behält sich das Recht vor, Zuschriften zu kürzen.