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Politik direkt Forum vom 29. 04. 2010

6. Mai 2010

„Brauchen wir mehr Einwanderer in Führungspositionen?"

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Aygül Özkan, CDU, bei ihrer VereidigungBild: AP

Informationen zum Thema:

Aygül Özkan - Deutsche Ministerin mit türkischen Wurzeln

Sie ist die erste türkischstämmige Ministerin in Deutschland: Aygül Özkan wird in Niedersachsen das Sozialministerium leiten. Schon vor der Amtseinführung zeigt sich die 38-jährige Juristin selbstbewusst. Sie plädiert für offene Beitrittsverhandlungen mit der Türkei und sorgte mit ihrer - inzwischen zurückgenommenen - Forderung "Kruzifixe raus" aus deutschen Klassenzimmern für Aufregung.

Unsere Frage lautet:

„Brauchen wir mehr Einwanderer in Führungspositionen?"

Antworten unserer Zuschauer:

Hoe Nguyenvan, Vietnam:

„Ich bin Vietnamese und habe in Deutschland studiert. Ich finde, man soll Einwanderer nur eingeschränkt in Führungsposition lassen. Einwanderer kennen die neue Heimat niemals wie (die Deutschen, d. Red.), auch wenn sie in Deutschland geboren sind. Ob sie wollen oder nicht, sie bleiben immer Einwanderer. Ich wundere mich sehr darüber, wie gut die Demokratie in Deutschland ist. Bei uns können Einwanderer und religiöse Minderheiten nie eine so hohe politische Position haben. Es gibt überhaupt keine Chance für sie.“

René Junghans, Brasilien:

„Auf jeden Fall müssen Deutsche mit Migrationshintergrund die gleichen Chancen bekommen, wie jeder andere in Deutschland geborene Mensch, das gehört ganz einfach zur Demokratie. Es ist erschreckend, dass es in Deutschland noch Bürger gibt, die dieses Grundrecht anzweifeln. Wer in einem von Immigranten geprägtem Land wie Brasilien lebt (oder USA, Kanada, Australien usw.) versteht die Frage nur schwer, denn es scheint mir so selbstverständlich zu sein, dass z. B. mein Sohn eines Tages eine leitende Stellung in der Politik Brasiliens einnimmt, falls er das Zeug dazu hat.“

Hannelore Krause, Deutschland:

"Es gibt bereits Führungspositionen in Deutschland, die mit Menschen nichtdeutscher Herkunft, aber christlichen Glaubens, besetzt sind. Deutsche mit Migrationshintergrund sollten auch kein Hinderungsgrund sein für Führungspositionen, wenn die entsprechende Qualifikation vorhanden ist. Eine Muslima mit deutschem Pass als Ministerin in einem Bundesland ist für uns ein Novum - und vielleicht auch gewöhnungsbedürftig. Wir werden uns allerdings dem in Zukunft nicht mehr verschließen können, wenn es uns auch fremd anmutet, denn immer mehr Deutsche mit Migrationshintergrund sind Mandatsträger in politischen Parteien und streben irgendwann ein Regierungsamt an, um ein Wörtchen mitreden zu können. Allerdings sollten wir darauf verzichten, gezielt Einwanderer für Führungspositionen anzuwerben, weil wir genug Potential im Land haben, das nur entsprechend geschult werden müsste. Im Übrigen hatten wir eine ähnliche Debatte schon einmal in Deutschland.“

Friedrich Braukschulte, Thailand:

"Nein, wir benötigen keine Einwanderer in Führungspositionen, deren Einstellung zum deutschen Staat auf nicht nachprüfbaren Fundamenten ruht. Kommunisten durften früher nicht 'mal Lokomotivführer werden, selbst wenn sie 1000 Eide auf das Grundgesetz leisteten. Ein bekennender Muslim darf einen Eid mit Gottesformel gar nicht sprechen. (…) Was Herr Wulf tut, ist keine Zumutung, wie er meint - das ist sie auch -, sondern ganz schlicht und einfach Landesverrat. (…) Nachdem die fünfte Kolonne Ankaras nun den Fuß in der Tür hat, mit welchem Argument will die CDU jetzt noch gegen den Beitritt der Türkei in die EU ins Feld ziehen, um den Türken die Eroberung des ‚Christenclubs’ Europa zu verwehren? Welcher Tagträumer glaubt heute noch an die ‚Europäisierung’ der Türkei, nachdem Herr Erdogan durch sukzessive Ausschaltung des Laizismusgaranten, nämlich des Militärs, auf leisen Sohlen die Wandlung Kleinasiens in einen türkischen Gottesstaat forciert (…)."

Axel Werner, Deutschland:

"Wir brauchen mehr Einwanderer! Für frischen Wind, neue Ideen, Verjüngung und Unternehmergeist. Und wir brauchen sie so gut integriert, dass sie genau die gleichen Chancen haben wie alle anderen. Aufsichtsräte, Parlamente und Parteien sollten sich nicht als Völkerschauen missverstehen, die sich mit Exoten schmücken. Wir haben die Aufgabe, Einwanderer bei uns so leben zu lassen, dass über sie so wenig gesprochen werden muss, wie über die vielen -ewski, -one, -nic und -elli, die schon zum Erfolg unseres Landes beigetragen haben."

Victor Chan, USA:

„Natürlich sollen Einwanderer in Führungspositionen aufsteigen, wenn sie Verantwortung übernehmen können. Sie haben die Möglichkeit, alten Werten einen modernen Anstrich zu geben.“

Gerhard Seeger, Philippinen:

"Wir brauchen fähige, ehrliche Politiker, die auch halten, was sie versprechen. Von denen, die das nicht tun, haben wir bereits genug. Ihre Abstammung muss dabei nicht unbedingt eine Rolle spielen. Natürlich muss (…) ein Politiker der ethnischen Gruppe, der er entstammt, klar machen, dass alles strikt demokratisch bleibt und sie keine Vorzugsbehandlung erwarten können."

Waltraud Maassen, Neuseeland:

"Hätte schon vor 10 Jahren stattfinden sollen; die Parteien haben hier den Zug verpasst, besonders die SPD und Grünen. Frau Özkan ist keine Einwanderin, sie ist in Deutschland geboren, hat die deutsche Staatsangehörigkeit, die Vorraussetzung um ins Parlament gewählt zu werden. Die CDU/CSU hat ihr Vorzeigepferd mit Maulkorb. Dabei hatte Frau Özkan (in der Kruzifix-Debatte, d.Red.) auch noch recht und das Bundesverfassungsgericht richtig interpretiert! Willkommen in der deutschen Politik!"

Amine Bendrif, Marokko:

"Die Einwanderer in Deutschland sind im Vergleich zu anderen europäischen Einwanderungsländern leider immer noch eindeutig unterrepräsentiert. Mehr Immigranten in Führungspositionen bedeutet nicht nur mehr Vorbilder schaffen, sondern auch eine Bereicherung für die ganze Gesellschaft. Das ist ein großer Anreiz für die Immigranten, an sich zu glauben, sich zu bemühen, auf der anderen Seite des Schreibtischs zu sitzen und letztendlich als Vollmitglieder dieser Gesellschaft zu fühlen und zu agieren. Die Öffnung der konservativen Parteien gegenüber Einwanderern, ist der erste Schritt in die richtige Richtung."

Matthias Klingsporn, Deutschland:

"Wenn Deutschland selbstbewusster sein würde, wäre diese Frage auf Führungspositionen, die von Einwanderern gehalten werden, eigentlich überflüssig. Da wir aber als Deutsche noch nicht das gleiche Nationalgefühl präsentieren wie andere EU-Staaten, sollten wir eine Zeit warten. Man sollte nicht Einwanderer als politisches Mittel benutzen, um somit das Wahlpotenzial einer Partei aufbessern zu wollen."

Charles Smyth, Großbritannien:

"Es ist doch ziemlich normal, dass Immigranten in Demokratien beteiligt werden. Aber sie sollten nicht dazu benutzt werden, ihre 'Gruppe' zu repräsentieren. Das Beispiel, das Sie zeigen, Aygül Özkan, zeigt gut den Konflikt zwischen ihren eigenen politischen Positionen und den Loyalitäten, die man von ihr erwartet. Ein weniger strittiges Beispiel wäre da ein FDP-Regierungsmitglied: Gesundheitsminister Philipp Rösler."

Die Redaktion von ‚Politik direkt’ behält sich das Recht vor, Zuschriften zu kürzen.