1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Politik ignoriert die Proteste nicht

17. Oktober 2011

Zehntausende Menschen haben sich in mehreren deutschen Städten an den weltweiten Protesten gegen Auswüchse im Finanzsystem beteiligt. Deutsche Politiker zeigten dafür parteiübergreifend Verständnis.

https://p.dw.com/p/12tCf
Ein Demonstrant duckt sich unter einem kaputten Rettungsschirm vor dem Berliner Reichstag (Foto: ap)
Bild: AP

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte in Fernsehinterviews am Sonntag (16.10.2011), er nehme die weltweiten Proteste sehr ernst. "Es muss klar werden: Die Politik setzt die Regeln und wird nicht getrieben von den Finanzmärkten, die keiner mehr beherrschen kann," sagte Schäuble. Andernfalls könne die Finanzkrise zu einer Krise des demokratischen Systems werden.

Der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach (CDU) spricht in Berlin im Bundestag (Foto: dpa)
"Politik muss wieder agieren" - Wolfgang Bosbach (CDU)Bild: picture-alliance/ dpa

Schäubles christdemokratischer Parteifreund Wolfgang Bosbach, der im Bundestag zusammen mit einigen weiteren Koalitions-Abgeordneten gegen das letzte Rettungspaket für Griechenland gestimmt hatte, sagte im Fernsehsender Phoenix, immer mehr Menschen hätten "das Gefühl, dass die Politik nicht mehr regiert, sondern nur noch reagiert." Man greife aber zu kurz, wenn man nur die Banken kritisiert. "Die Politik muss sich selber fragen, wie es eigentlich dazu kommen konnte, dass sich Länder heillos überschulden und jetzt nicht mehr in der Lage sind, die eingegangenen Verbindlichkeiten gegenüber Banken und anderen Kreditgebern zu erfüllen," erklärte Bosbach.

Banksystem muss neu geordnet werden

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel spricht im Deutschen Bundestag in Berlin (Foto: dpa)
Will Bankensystem neu ordnen: SPD-Chef Sigmar GabrielBild: picture alliance/dpa

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sieht sich durch die Proteste in der Forderung bestärkt, das Bankensystem neu zu ordnen. Das Investmentgeschäft müsse vom klassischen Bankgeschäft getrennt werden, so wie das bis Anfang der neunziger Jahre in Deutschland der Fall war. "Wenn man sich überlegt, wie wenig seit der Finanzkrise 2008/2009 zur Regulierung dieses Finanzmarktes von der Politik international getan wurde, dann wird man ja selber wütend," sagte Gabriel im Deutschlandfunk. Die Demonstrationen zeigten auch, dass die Epoche des Marktliberalismus und des Marktradikalismus vorbei sei und die Menschen wieder begännen, über das Gemeinwohl nachzudenken.

Der Vorsitzende der Linkspartei Klaus Ernst, bezeichnete in Zeitungsinterviews die Demonsttrationen als "Beginn einer neuen Demokratiebewegung". Er regte regelmäßige Proteste nach dem Vorbild der Aktionen vom Samstag an. Der Protest gegen die Finanzkrise müsse im ganzen Land spürbar werden, forderte Ernst.

Autor: Peter Stützle

Redaktion: Arne Lichtenberg