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Politische Spielchen und Stimmenfang nach dem Misstauensvotum gegen die neue polnische Regierung

17. Mai 2004
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Bonn, 17.5.2004, TRYBUNA, RZECZPOSPOLITA, POLNISCHES FERNSEHEN 1

TRYBUNA, poln. 17.5.2004

Nachdem die Regierung von Marek Belka am vergangenen Freitag (14.5.) aufgrund des Misstrauensvotums im Sejm gescheitert ist, sucht man fieberhaft nach einer Mehrheit für einen weiteren Kandidaten für das Amt des Premierministers, der ... ebenfalls Marek Belka heißt. Es wird nicht einfach werden, weil jede Partei eine eigene Idee zur Lösung der Regierungskrise in Polen hat.

Nach der Abstimmung am Freitag begann der Kampf um die Unterstützung der Bauernpartei PSL und der vor kurzem gegründeten linken Partei Polnische Sozialdemokratie (SdPl). Marek Dyduch (SLD) veriet unserer Zeitung, dass von der Partei Bündnis der Demokratischen Linken ein Angebot ausging, Janusz Wojciechowski von der Bauernpartei PSL für das Amt des Vizepremiers vorzuschlagen. Außerdem sollten auch einige Mitglieder der Partei SdPl Ministerposten in der neuen Regierung bekommen. (...)

Diese Spielchen und der Stimmenfang im Sejm werden höchstens bis zum 28. Mai dauern, wenn die Zwei–Wochen-Frist abläuft, um eine parlamentarische Mehrheit für die neue Regierung zu finden. Dann muss der Präsident die Initiative ergreifen. Er bekommt dann auch eine Zwei-Wochen-Frist, um den neuen Premierminister und die neue Regierung zu ernennen. Der neuen Regierung wird schließlich ebenfalls eine Zwei-Wochen-Frist eingeräumt, um die Mehrheit im Sejm zu bekommen. (...) (sta)

RZECZPOSPOLKITA, poln. 17.5.2004

Der Spitzenpolitiker der Partei Polnische Sozialdemokratie (SdPl), Marek Borowski, hat den Parlamentsgruppen einen Kompromiss vorgeschlagen. Dieser Kompromiss sieht vor, dass Marek Belka bis September 2004 die neue Regierung führen soll. Im September jedoch sollte sich der Sejm selbst auflösen und dann sollten Neuwahlen im Herbst stattfinden. Die Partei Bündnis der Demokratischen Linken lehnt diesen Vorschlag entschieden ab, aber die Parteien Bürgerplattform (PO) sowie Recht und Gerechtigkeit (PiS) haben dazu noch nicht "nein" gesagt. Die Bauernpartei PSL hingegen sucht fieberhaft nach einem geeigneten Kandidaten für das Amt des Premierministers in den eigenen Reihen.

Gegen die Ernennung eines neuen Kandidaten für das Amt des Premierministers sprach sich Andrzej Lepper aus, der Spitzenpolitiker der Partei Selbstverteidigung: "Unser Hauptziel sind die Parlamentswahlen in Polen. Sie sollten noch in diesem Jahr stattfinden. Der Termin 8.8.2004 ist sowohl für uns als auch für die Landwirte gut. Das Datum frustriert aber die Reichen, weil sie im Sommer in die Karibik oder zu den Kanarischen Inseln fahren", sagte Andrzej Lepper. (...) (sta)

POLNISCHES FERNSEHEN 1, poln. 17.5.2004

Marek Belka wird die Gespräche im Parlament über den neuen Kandidaten für das Amt des Premierministers aus der Distanz beobachten. Er hat den Glauben an den Erfolg seiner Mission noch nicht verloren, obwohl er keine Mehrheit im Parlament bekam. (...)

"Ich denke, dass in der dritten Runde eine Chance besteht, die Angelegenheit positiv zu entscheiden. Ich habe meine Arbeit bereits getan: Ich stellte eine neue Regierung und ein Programm sowie eine Perspektive vor, die notwendig ist, um die Aufgaben zu erfüllen", betonte Marek Belka.

Als durchaus positiv betrachtet er die Tatsache, dass bei der Abstimmung am Freitag die Frage nach seiner Erklärung im Lustrationsprozess gestellt wurde: "Ich wusste, dass man hintenrum über meine Vergangenheit munkelt und ich wusste auch, wem dies zu verdanken ist. Das, was am Freitag passierte, war im nachhinein gut für mich, weil ich mich einfach für klare Verhältnisse einsetze", sagte Marek Belka.

Während der Diskussion über das von Marek Belka vorgestellte Expose am Freitag fragte der Abgeordnete Bogdan Pek von der Partei Liga Polnischer Familien (LPR), ob der Chef der neuen Regierung Mitarbeiter der kommunistischen Nachrichtendienste war. Marek Belka antwortete auf diese Frage mit einem ausdrücklichen "Nein". (...) (sta)