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Stillstand im Paradies

28. Juni 2009

Nepal hat sich in eine Sackgasse manövriert. Die politischen Akteure haben sich in einen Streit verbissen, in dem es um die Integration der ehemaligen maoistischen Rebellen in die regulären Streitkräfte des Landes geht.

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Polizist mit Helm neben brennendem Reifen und Rauchwolke (Archivfoto: ap)
Mitunter kommt es auch zu gewaltsamen Zusammenstößen der Maoisten mit der PolizeiBild: AP

"Das da passiert, weil wir keine anständige Regierung haben. Nepal hatte noch nie eine. Sonst sähe es hier anders aus", sagt Maheshori Shreshta und blickt dabei von ihrem Stammplatz aus auf einen Marsch maoistischer Demonstranten. Die 55-jährige Witwe ist seit zwei Jahrzehnten Straßenhändlerin in Kathmandu. Fast täglich beobachtet sie die protestierenden Maoisten auf der Straße, seit deren Anführer Prachanda am 4. Mai sein Amt als Premierminister hingeschmissen hat.

Maoisten demonstrieren auf den Straßen von Kathmandu (Archivfoto: ap)
Maoisten demonstrieren auf den Straßen von KathmanduBild: AP

"Die politischen Akteure in Nepal missachten ständig die Verfassung und den Friedensvertrag", erläutert der Jurist und Verfassungsexperte Bhimarjun Acharya. "Das Abkommen enthält klare Regeln für die maoistischen Kämpfer und die nepalesische Armee. Aber die Akteure ignorieren das und schaden dem Volk und dem Land."

Widerspenstiger Armeechef

Rund 19.000 ehemalige maoistische Kämpfer leben in Lagern unter Aufsicht der Vereinten Nationen. Die Maoistische Partei wollte sie so schnell wie möglich in die regulären Streitkräfte integrieren. Aber der Armeechef weigert sich hartnäckig, Kämpfer aufzunehmen, die er für politisch indoktriniert hält. Deswegen entließ der maoistische Premierminister und Ex-Rebellenchef den Oberbefehlshaber der Streitkräfte kurzerhand. Aber der Präsident des Himalaya-Staates, Ram Baran Yadav, hob die Entlassung auf, weshalb die Maoisten die Übergangsregierung wütend verließen.

Seitdem würden die Maoisten nur noch auf der Straße Politik machen und rekrutierten neue Kader, kritisiert der Journalist Yubraj Ghimire. "Die Maoistische Partei glaubt nicht an die zivile Herrschaft. Kann man von einer Partei mit einer eigenen Kampftruppe wirklich sagen, dass sie an zivile Politik glaubt?" Eine Prognose für die Zukunft wagt der Journalist zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Es sei wohl möglich, eine Regierung ohne die Maoisten zu bilden. Aber die Frage bleibe, ob das dem Frieden helfe und ob die angestrebte neue Verfassung ohne die Maoisten rechtzeitig fertig werde.

Polizisten mit Helmen und Schutzschildern (Archivfoto: ap)
Bei den Demonstrationen der Maoisten zeigt sich, wie gefährdet der Friedensprozess in Nepal istBild: AP

Der Verfassungsexperte Bhimarjun Acharia formuliert es drastischer: "Das Schicksal der neuen Verfassung ist ungewiss und das gefährdet den gesamten Friedensprozess."

Guter Start, aber jetzt …

Dabei war Nepal auf einem guten Weg. 2006 öffneten die maoistischen Rebellen sich nach zehn Jahren Guerillakampf für den politischen Dialog. Im vergangenen April fanden dann Wahlen statt, und die Maoisten holten überraschend die meisten Stimmen und stellten den Premierminister. Aus dem letzten hinduistischen Königreich der Welt wurde die jüngste Republik der Welt. Das Land wollte sich eigentlich bis Mai 2010 eine neue Verfassung geben. Aber das alles ist jetzt in Gefahr. Dabei wünschen die Nepalesen sich nichts sehnlicher als Frieden und Wohlstand. Rund 40 Prozent der Bevölkerung des Himalaya-Staates lebt in Armut.

Autorin: Sandra Petersmann

Redaktion: Martin Schrader