1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Polizei in Algerien reagiert mit Gewalt

12. Februar 2011

Inspiriert von der Opposition in Ägypten haben auch in Algerien Oppositionelle demonstriert. Die Polizei ging gewaltsam gegen den Protest vor und nahm hunderte Menschen fest.

https://p.dw.com/p/10GAO
Skandierende Algerier in Algier (Foto: dpa)
Die Demonstranten gingen trotz Verbots auf die StraßeBild: picture alliance/dpa

In der algerischen Hauptstadt Algier haben Sicherheitskräfte am Samstag (12.02.2011) mit Gewalt eine Demonstration von Regimegegnern verhindert. Mehrere zehntausend Polizisten blockierten die Straßen, um die Demonstranten aufzuhalten. Am Startpunkt des nicht genehmigten Protestmarsches in der Innenstadt prügelten Polizisten mit Schlagstöcken auf Demonstranten ein. 200, nach anderen Angaben 400 Menschen, darunter auch Oppositionspolitiker, seien festgenommen worden, berichteten Menschenrechtsaktivisten.

Die algerische Staatsspitze hatte die Hauptstadt Algier bereits am Morgen komplett abriegeln lassen. Der Zugverkehr wurde ausgesetzt, zahlreiche Straßensperren behinderten den Verkehr, berichtete die Zeitung "El Watan" im Internet. In vielen Stadtteilen seien gepanzerte Lastwagen und Geländewagen der Sicherheitskräfte aufgefahren.

Größere Gruppen von Regimegegnern wurden auf dem Weg zum Startplatz der Demo umzingelt und am Weitergehen gehindert. Einige hundert von ihnen schafften es aber dennoch auf den Platz des 1. Mai. Sie forderten friedlich den Rücktritt des autoritären Präsidenten Abdelaziz Bouteflika und einen demokratischen Wandel. Regimefreundliche Gegendemonstranten konnten sich ungehindert bewegen. Sie provozierten die Oppositionellen mit Pro-Bouteflika-Rufen.

Der Erfolg der Protestbewegung in Ägypten und der Sturz des tunesischen Staatschefs Zine El Abidine Ben Ali im benachbarten Tunesien haben der algerischen Opposition und ihrer Forderung nach politischen Reformen neuen Auftrieb gegeben. Bereits am Freitagabend, nach dem Rücktritt des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak, hatten Sicherheitskräfte eine spontane Kundgebung von Regimegegnern niedergeschlagen. Nach Angaben der Oppositionspartei RCD wurden dabei zehn Demonstranten verletzt.

Behörden haben Demonstration verboten

Porträt von Algeriens Präsident Abdelaziz Bouteflika (Foto: AP)
Präsident Bouteflika regiert Algerien seit 1999Bild: AP

Zu dem Protest hatten Oppositionelle, Menschenrechtsgruppen, Gewerkschaften, Studenten und Arbeitslose aufgerufen. Sie fordern die Aufhebung des seit Jahren andauernden Ausnahmezustands, die Zulassung neuer politischer Parteien und mehr Transparenz. Am 22. Januar war es zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und Demonstranten gekommen, die für Versammlungsfreiheit auf die Straße gegangen waren. Die Demonstranten hatten den Rücktritt von Präsident Abdelaziz Bouteflikas gefordert.

Die Behörden hatten den Marsch verboten mit der Begründung, die öffentliche Ordnung schützen zu wollen. Es gehe nicht darum, Dissens zu unterdrücken, betonten sie. Im Vorfeld des Protests hatte die Regierung erfolglos versucht, die Bouteflika-Gegner mit Zugeständnissen zufrieden zu stellen.

Proteste begannen bereits im Januar

Junge, protestierende Algerier mit Fahne (Foto: AP)
Vor allem die Jugend wagt sich auf die StraßeBild: picture alliance/dpa

Im Schatten der Ereignisse in Tunis und Kairo ist auch in Algerien der Zorn gegen die Herrschaft Bouteflika in den vergangen Wochen immer weiter angeschwollen. Seit Wochen gibt es in dem nordafrikanischen Mittelmeerland nahezu täglich Streiks. Junge Algerier versuchen, mit Selbstverbrennungen und Hungerstreiks auf die Perspektivlosigkeit in ihrem Land aufmerksam zu machen. Beschwichtigungsversuche des Regimes blieben bislang erfolglos. Bouteflika hatte unter anderem Preissenkungen für Grundnahrungsmittel, mehr Demokratie und ein Ende des seit 19 Jahren andauernden Ausnahmezustands versprochen.

Die Opposition befürchtet nun einen blutigen Bürgerkrieg. "Wenn die Machthaber sich gegen einen friedlichen und demokratischen Wandel sperren, wird es Chaos und Gewalt geben. Und das wird vermutlich noch schlimmer werden als in Tunesien und Ägypten", sagte der Vorsitzende der Oppositionspartei RCD, Said Sadi. Schon bei Protesten im Januar hatte es Hunderte Verletzte und mehrere Tote gegeben.

Der Ausnahmezustand war verhängt worden, als das nordafrikanische Land Anfang der 90er Jahre in einem Bürgerkrieg zwischen militanten Islamisten und Regierungstruppen zu versinken drohte. Bis zu 200.000 Menschen kamen damals ums Leben.

Autorin: Annamaria Sigrist (dapd, afp, rtr)

Redaktion: Eleonore Uhlich, Dirk Eckert