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Polizei räumt Roma-Lager

28. August 2012

Bei einer neuen Räumungsaktion wurden Roma-Lager nahe Paris und Lyon aufgelöst. Hunderte Roma mussten ihre Camps verlassen. Begründet wurde die Aktion mit unerträglichen sanitären Zuständen.

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Die französische Sonderpolizei räumt am Montag und am Dienstag Roma-Lager nähe Lyon und Paris
Bild: Reuters

Mehr als 120 Roma, davon 47 Kinder, mussten am Dienstag ihr provisorisch gebautes Lager außerhalb der französischen Stadt Lyon räumen. Es ist die zweite Polizeiaktion dieser Art seit Beginn der Woche. Bereits gestern wurde ein Camp in einem Pariser Vorort aufgelöst. Innenminister Manuel Valls begründete die Lagerauflösungen mit mangelhaften hygienischen Bedingungen. Die sanitären Umstände sollen "unerträglich" gewesen sein, so Valls. Das Pariser-Camp soll sich zudem gefährlich nahe an einem Bahngleis befunden haben. Eine alternative Unterkunftsmöglichkeit für die Roma wurde nicht bereitgestellt.

"Katastrophale Maßnahmen"

Die Bürgermeisterin des Lyoner Vororts Saint-Priest, Martine David, protestierte gegen die Maßnahmen des Innenministeriums. Man drehe sich im Kreis, kritisierte sie. Ohne eine permanente Unterkunft würden die vertriebenen Roma einfach neue Camps in der Gegend aufbauen. Auf humanitärer Ebene sei das eine katastrophale Situation. Besonders schlimm sei die Lage für die Kinder, berichtete Serge Guichard, Mitarbeiter einer Roma-Supportgruppe. "Alle von ihnen gehen in die Schule. Jetzt enden sie möglicherweise auf der Straße", sagte Guichard.

Frankreichs Regierung war bereits Anfang des Monats in die Kritik geraten, die harte Roma-Politik von Ex-Präsident Nicholas Sarkozy fortzuführen. Präsident Francois Hollande hatte während des Wahlkampfs versprochen, sensibler mit dem Thema umzugehen. Trotzdem wurden seit der Amtsübernahme seiner sozialistischen Regierung bei Razzien in Lille, Paris und Lyon hunderte Roma zum Verlassen ihrer Behausungen gezwungen. Wie schon zuvor werden den Roma weiterhin freie Flugtickets und Geld zur Verfügung gestellt, um in ihre Heimatländer im Südosten Europas zurückzukehren.

Von der Räumung eines Roma-Camps in einem Vorort von Lyon waren viele Kinder betroffen (Foto: reuters)
Von der Räumung eines Roma-Camps in einem Vorort von Lyon waren viele Kinder betroffen (Foto: reuters)Bild: Reuters

Kritik aus der Europäischen Union

Nachdem die EU-Kommission die französische Politik gegenüber Minderheiten Anfang August erneut unter Beobachtung gestellt hatte, unternahm diese Schritte in Richtung Integration. Die für die Roma trotz EU-Mitgliedschaft ihrer Herkunftsländer geltenden Restriktionen auf dem französischen Arbeitsmarkt sollen zum Teil aufgehoben werden. Eine besondere Steuer für die Anstellung rumänischer und bulgarischer Bürger wird damit ausgesetzt. Laut EU-Kommission ist dies ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Derzeit leben rund 15.000 Roma in illegalen Camps in Frankreich. Viele haben ihre Heimat in Rumänien oder Bulgarien verlassen, weil sie sich dort diskriminiert fühlen. Laut Innenminister Valls sind primär die Herkunftsländer für das Schicksal und die Integration der Roma verantwortlich. "Ich möchte wissen, warum Integrationspolitik in den Ursprungsländern der Roma nicht möglich ist", begründete Valls einen geplanten Rumänien-Besuch im September. Über dieses Thema wolle er sich vor Ort informieren. Bis dahin will Frankreich die umstrittenen Räumungen illegaler Lager fortsetzen.

lg/qu (dpa, kna, afp)