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Polizeireform in Bosnien-Herzegowina gescheitert

15. September 2005

Das Parlament der Republika Srpska hat den Vorschlag für die Reform der bosnisch-herzegowinischen Polizei verworfen. Die EU hat daraufhin angekündigt, die Verhandlungen über ein Assoziierungsabkommen zu verschieben.

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EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn zeigt sich enttäuschtBild: dpa

"In Anbetracht der jüngsten Ereignisse ist es nun eindeutig, dass Bosnien-Herzegowina dieses Jahr nicht der Lage ist, die Verhandlungen für das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen aufzunehmen", hieß es am Mittwoch (14.9.) in einer Mitteilung von EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn. "Ich bedauere, dass die Chance verpasst wurde, eine neue Phase in der bosnisch-herzegowinischen Zukunft zu beginnen", so die Stellungnahme von Rehn.

EU-Annäherung vorerst blockiert

Die EU reagierte damit auf das Scheitern der Polizeireform in Bosnien-Herzegowina, die am 13.9. vom Parlament der Republika Srpska abgelehnt worden war. Mit der Polizeireform sollte in Bosnien-Herzegowina eine gesamtstaatlich organisierte Polizei geschaffen und damit ein weiterer Schritt in Richtung Überwindung der ethnischen Teilung vollzogen werden.

Nicht einmal das Angebot der EU-Kommission, noch in diesem Jahr über ein Assoziierungsabkommen zu verhandeln, konnte die Politiker der Republika Srpska dazu bewegen, die Forderungen der internationalen Gemeinschaft anzunehmen. So wiederholt sich nach zahlreichen Verhandlungen in den vergangenen Monaten die gleiche Situation: Zwar gehen die meisten Politiker davon aus, dass eine Reform unumgänglich ist. Allerdings ist die Übertragung der Zuständigkeiten der Entitäten auf gesamtstaatliches Niveau und die Einrichtung von Polizeibezirken unabhängig von Entitätsgrenzen ein Kloß im Hals, den sie nicht schlucken wollen. Auf der Sitzung des Parlaments am 13.9. in Banja Luka haben alle Parteien mit so genanntem "serbischen Vorzeichen" einstimmig zu verstehen gegeben, dass es für sie wichtiger ist, die Aufsicht über die Polizei in der Zuständigkeit der Entitäten zu behalten, als dass man einen Schritt weiter Richtung EU-Mitgliedschaft gelangt.

Reformen Ja, aber nicht jetzt

Gegen die Reform, die der Vorsitzende des Ministerrates, Adnan Terzic, mit der EU vereinbart hatte, war schließlich auch Milorad Dodik. Dodik, den viele als den kommenden Premier der Republika Srpska sehen, ist Vorsitzender des oppositionellen Bundes der Unabhängigen Sozialdemokraten. Er meinte nach der Abstimmung: "Niemand in Banja Luka ist so naiv zu glauben, dass man der EU Bedingungen stellen kann. Allerdings muss man die Würde, die diese Menschen haben, wahren, in Anbetracht der Zugeständnisse, die sie derzeit machen konnten. In einer späteren Phase können zusätzliche Reformen für die EU-Annäherung erwirkt werden, die ermöglichen könnten, dass sich die Polizei-Struktur in BiH den EU-Standards angleicht".

Das heißt – Reformen Ja, aber nicht jetzt. Dodik meint, die Hauptschuld für das Scheitern der Reform liege bei den Medien und Politikern. Sie hätten den Eindruck erweckt, als ob die Annahme der Polizeireform einen finalen Schlag gegen die Republika Srpska darstelle, zumal die Behörden der Serbenrepublik im Zuge weiterer Reformen bereits die Kontrolle über den Grenz- und den Nachrichtendienst sowie die Streitkräfte verloren hätten. Diese Zuständigkeiten seien nur unter dem Druck der internationalen Staatengemeinschaft, insbesondere der EU, auf die gesamtstaatliche bosnisch-herzegowinische Ebene übertragen worden.

EU beharrt auf Polizeireform

Der Pressesprecher der EU-Delegation in Sarajewo, Frane Maroevic, bedauerte die Ablehnung der Reformen. Zugleich betonte er, die EU werde nicht von ihren Prinzipien abweichen. "Die Polizei muss auf gesamtstaatlicher Ebene organisiert und finanziert werden. Der Einfluss der politischen Strukturen auf die Polizei muss eliminiert werden, und sie muss basierend auf technischen und professionellen Kriterien organisiert werden".

Azer Slanjakic
DW-RADIO/Bosnisch, 14.9.2005, Fokus Ost-Südost