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Polizisten statt Soldaten nach Afghanistan

2. Dezember 2009

Deutschland reagiert verhalten auf die Ankündigung des US-Präsidenten, die Zahl der Soldaten in Afghanistan zu erhöhen. Bundesaußenminister Westerwelle hält eine rein militärische Lösung in Afghanistan nicht für möglich.

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Deutsche Polizisten bilden afghanische Polizisten aus (Foto: AP)
Deutschland bietet Polizeiausbilder für Afghanistan anBild: AP

Deutschland sei bereit, beim zivilen Aufbau mehr zu tun, sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle am Mittwoch (02.12.2009). "Es wird keine militärische Lösung geben - was wir brauchen, ist eine politische Lösung, die militärisch unterstützt wird." Die Bundesrepublik könne sich stärker beim Aufbau der afghanischen Polizei beteiligen, bot Westerwelle als Reaktion auf die Rede von US-Präsident Barack Obama an. Dadurch könnten die Afghanen in die Lage versetzt werden, selbst für ihre Sicherheit zu sorgen. "Nur so gibt es eine Übergabe in Verantwortung. Niemand will, dass dieser Einsatz ewig und drei Tage dauert", betonte Westerwelle.

Deutsche ISAF Soldaten stehen in Feisabad östlich von Kundus in Reih und Glied (Foto: AP)
Die Obergrenze des Bundestagsmandats für Afghanistan liegt bei 4500 SoldatenBild: AP

Obama hatte am Dienstag eine Aufstockung der US-Truppen in Afghanistan um 30.000 Soldaten bekanntgegeben. Zugleich hatte er den Beginn des Rückzugs im Sommer 2011 angekündigt. Nach Angaben aus Diplomatenkreisen fordert der US-Präsident auch von den NATO-Partnern die Entsendung zusätzlicher Soldaten. Diese Botschaft wird US-Außenministerin Hillary Clinton den Bündnispartnern vermutlich am Donnerstag in Brüssel überbringen, wenn die NATO-Staaten dort zu zweitägigen Beratungen zusammenkommen.

Merkel unterstützt Obamas Afghanistan-Strategie

Angela Merkel (l.) und Guido Westerwelle (Foto: AP)
Die Bundesregierung will zunächst keine Zusage über mehr deutsche Truppen machenBild: AP

Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstützt die von Obama aufgezeigte Perspektive für einen Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan, wie Regierungssprecher Ulrich Wilhelm mitteilte. Es sei richtig und sinnvoll, ein konkretes Zieldatum zu setzen, die Kanzlerin habe diese und andere Ziele Obamas mit seiner neuen Afghanistan-Strategie begrüßt, sagte Wilhelm am Mittwoch in Berlin. Er äußerte sich aber nicht dazu, ob der Rückzugstermin 2011 auch für die deutschen Truppen gelten könnte.

Mögliche US-Forderungen nach mehr deutschen Truppen für Afghanistan betrachtet die Bundesregierung skeptisch. Eine solche Debatte sei "nicht wirklich zielführend", so Westerwelle. Berlin rechnet nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung mit einer Forderung der USA, bis zu 2500 zusätzliche Bundeswehr-Soldaten an den Hindukusch zu schicken. Das Blatt beruft sich in seinem Bericht auf Informationen aus Regierungskreisen. Dazu erklärte ein Staatssekretär des Verteidigungsministeriums, es gebe "keine präzisen Zahlen".

Berlin sieht sich nicht im Zugzwang

US-Präsident Obama bei seiner Rede in der Militärakademie West Point (Foto: AP)
Obama fordert von NATO-Partnern mehr Truppen in AfghanistanBild: AP

Die Bundesregierung bekräftigte, dass sie keine neuen Zusagen vor der für den 28. Januar in London geplanten Afghanistan-Konferenz machen werde. Im Vorfeld der Konferenz sei "eine Debatte über Truppenstärken und deutsche Beteiligungen aus unserer Sicht weder sinnvoll noch angebracht", betonte Außenminister Westerwelle. Zunächst müssten die Ziele geklärt werden, dann die Strategie und schließlich die Instrumente. Der Außenminister fügte an, man wolle bereits in den nächsten Jahren an einer Abzugsperspektive arbeiten. Es gehe nicht darum, ein Datum zu nennen. Es müsse aber jetzt sichtbar werden, dass dieser Abzug möglich sei.

Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hatte bei seinem Antrittsbesuch in Afghanistan vor einigen Wochen die Verstärkung des Feldlagers Kundus und eine zusätzliche Kompanie Kampftruppen angekündigt, um die schwierige Sicherheitslage dort in den Griff zu bekommen.

Das Bundestagsmandat zu Afghanistan, das am Donnerstag um ein Jahr verlängert werden soll, sieht eine Obergrenze von 4500 Soldaten vor. Nach Angaben aus Diplomatenkreisen sind außerdem rund 160 deutsche Polizeiausbilder in Nordafghanistan im Einsatz. Davon arbeiteten 40 für die EU-Ausbildungskommission EUPOL, die anderen 120 seien für ein rein deutsch-afghanisches Kooperationsprojekt im Norden des Landes tätig.

Entsendung zusätzlicher US-Soldaten soll zügig beginnen

US-Soldaten in Afghanistan (Foto: AP)
Zusätzliche US-Soldaten sollen im Kampf gegen Taliban helfenBild: AP

Die Zahl der am Hindukusch stationierten US-Soldaten wird mit der von Obama bekanntgegebenen Aufstockung von bisher rund 70.000 auf etwa 100.000 steigen. Bereits in den nächsten zwei bis drei Wochen soll mit der Entsendung der zusätzlichen US-Truppen begonnen werden. Insgesamt werde die Verlegung der zusätzlichen Truppen 18 bis 24 Monate dauern, sagte US-Verteidigungsminister Robert Gates am Mittwoch in Washington. Die für Mitte 2011 angestrebte schrittweise Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die afghanischen Truppen sei von entscheidender Bedeutung und auch erreichbar.

Obama will mit der massiven Truppenaufstockung eine Wende in den seit acht Jahren andauernden Kämpfen mit den radikal-islamischen Taliban erzwingen. "Wir müssen zusammenstehen, um diesen Krieg erfolgreich zu beenden", sagte der US-Präsident am Dienstag in seiner Rede in der Militärakademie West Point. Dabei gehe es nicht nur um die Glaubwürdigkeit der NATO, sondern auch um die Sicherheit der Verbündeten und der Welt. Oberstes Ziel der US-Politik bleibe die Bezwingung des Terrornetzwerks El Kaida, betonte Obama.

Autorin: Ursula Kissel (dpa, rtr, ap, afp)
Redaktion: Martin Schrader