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Porzellanhersteller Rosenthal ist insolvent

10. Januar 2009

Der traditionsreiche deutsche Porzellanhersteller Rosenthal hat Insolvenz angemeldet, wenige Tage nach der Pleite des Mutterkonzerns Waterford Wedgwood. Der Vorstand hofft noch auf den Einstieg eines Investors.

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Rosenthal-Geschirr (Quelle: DW-Archiv)
Rosenthal bekam für sein Porzellan zahlreiche DesignpreiseBild: designpreis

Die Pleite der irischen Muttergesellschaft war bereits am vergangenen Montag bekannt geworden. Rosenthal wurde zunächst von der Insolvenz ausgenommen. Wegen der Probleme bei Waterford Wedgwood hätten aber die vereinbarten Kreditlinien nicht mehr zur Verfügung gestanden, teilte das Unternehmen am Freitag (09.01.2009) im fränkischen Selb mit.

Dem Vorstand der Rosenthal AG sei es angesichts der extremen Kürze der Zeit trotz intensiver Bemühungen nicht gelungen, das Unternehmen wie geplant außerhalb eines Insolvenzverfahrens als Ganzes an einen strategischen Investor zu verkaufen. Die Gespräche befänden sich in einem weit fortgeschrittenen Stadium. Deshalb gehe der Vorstand davon aus, dass die Übernahme in Kürze zum Abschluss komme. Damit könnten die Fertigungsstandorte und der Konzernsitz in Oberfranken gesichert werden.

US-Fonds an Teilen des Mutterkonzerns interessiert

Waterford Wedgwood hatte zuvor mitgeteilt, ein US-Fonds wolle Teile des irischen Unternehmens kaufen. Mit KPS Capital Partners sei eine Absichtserklärung über den Verkauf von "bestimmten Unternehmensteilen" vereinbart worden, teilte der Insolvenzverwalter Deloitte mit. Der Chef von Waterford Wedgwood, David Sculley, sagte, die Absichtserklärung sei ein "entscheidender Schritt nach vorne" für die Firma.

Durch die Insolvenz von Waterford Wedgwood sind rund 2700 Jobs in Irland und Großbritannien bedroht. Nach Medienangaben plant KPS Capital, Stellen nach Asien zu verlagern.

Umsatzeinbrüche durch die Finanzkrise

Rosenthal-Geschirr (Quelle: DW-Archiv)
Für edles Porzellan wird in Krisenzeiten weniger Geld ausgegebenBild: designpreis

Bei Rosenthal hatten sich die Probleme am Jahresende 2008 wegen der rückläufige Weltkonjunktur und der globalen Finanzkrise weiter verschärft. Nachdem die Zahl der Mitarbeiter binnen Jahresfrist um 170 auf 1585 Ende September verringert worden war, hatte das Unternehmen Ende November weitere Sparmaßnahmen angekündigt.

In der ersten Hälfte des vergangenen Jahres war der Umsatz um 5,9 Prozent auf 71,0 Millionen Euro zurückgegangen. Gleichzeitig hatte sich der operative Verlust um 1,9 Millionen auf 7,2 Millionen Euro erhöht.

130 Jahre Unternehmensgeschichte

Rosenthal ist eine der bekanntesten Porzellanmarken Deutschlands und einer der führenden Hersteller der Welt. Die Geschichte des Unternehmens reicht bis in das Jahr 1879 zurück. Damals richtete Philipp Rosenthal sen. im Schloss Erkersreuth bei Selb eine Porzellanmalerei ein. Mit dem Service "Empire" begann 1891 die Porzellanfertigung. Bereits 1897 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, das der Gründer bis 1934 führte.

Unter der Leitung seines Sohnes Philip setze das Unternehmen nach dem Zweiten Weltkrieg auf Innovation und Tradition. Im Sinne seiner exklusiven Unternehmensphilosophie engagierte Philip Rosenthal international bekannte Designer, Architekten und Künstler wie Walter Gropius, Salvador Dali oder Andy Warhol, die für für Rosenthal zeitgemäßes Design und Kunst in Porzellan und Glas kreierten.

Nach dem Fall des "Eisernen Vorhangs" 1989 bekam auch das erfolgsverwöhnte Traditionsunternehmen die Globalisierung und die wachsende Konkurrenz von Billigproduzenten aus Osteuropa und Asien zu spüren. Die Folge waren sinkende Umsätze, Stellenabbau und zuletzt erhebliche Verluste. 1997 übernahm Waterford Wedgwood die Aktienmehrheit. Zuletzt hielt der irische Konzern 90,7 Prozent an dem oberfränkischen Traditionsunternehmen.

Firmenchef saß im Bundestag

Der Name Philip Rosenthal stand auch für die Beteiligung der Arbeitnehmer am "Haben und Sagen" durch Mitbestimmung und Beteiligung am Produktivkapital. Philip Rosenthal gehörte von 1969 bis 1983 dem Deutschen Bundestag an.

Unter Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller war der SPD-Politiker knapp ein Jahr Parlamentarischer Staatssekretär. 1981 zog er sich aus der Unternehmensspitze zurück, fungierte aber noch bis 1989 als Aufsichtsratschef. (gri)