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Positiver Ansatz

Peter Philipp19. März 2002

Der Abzug der israelischen Truppen und die Wiederaufnahme von Gesprächen zwischen Palästinensern und Israelis sollte nicht überbewertet werden. Aber es ist ein erster Hoffnungsschimmer, meint Peter Philipp.

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Es scheint alles genau terminiert: Nur Stunden bevor US-Vizepräsident Dick Cheney seinen Besuch in Israel beenden und in die Türkei weiter fliegen wollte, gab Israel bekannt, dass es seine Truppen und Panzer aus den palästinensischen Gebieten abgezogen habe, die nach den Vereinbarungen von Oslo unter Verwaltung der palästinensischen Autonomiebehörde stehen. Zeitgleich fand ein neues Treffen zwischen israelischen und palästinensischen Sicherheitsexperten statt. Und US-Unterhändler Anthony Zinni setzt seine Bemühungen bei Israelis und Palästinensern fort.

Nach Wochen einer immer gefährlicher werdenden Eskalation ein Hoffnungsschimmer am düsteren Firmament des Nahen Osten? Man könnte versucht sein, dies zu glauben. Hoffnung ist in letzter Zeit Mangelware in der Region.

Wie realistisch dieses Fünkchen Hoffnung ist, muss sich freilich noch erweisen. Denn man könnte das Szenario natürlich auch pessimistisch und kritisch beurteilen. Etwa: Die USA haben ihre Bemühungen um eine Lösung doch nur deswegen intensiviert, weil sie ihr Werben um Verbündete im angekündigten Kampf gegen Saddam Hussein nicht völlig in den Sand setzen wollten. Ein Werben, das allerdings ziemlich fruchtlos blieb: Nirgendwo in der Arabischen Welt hat man die amerikanischen Angriffspläne begrüßt, überall hat man davor gewarnt. Gepaart mit ähnlicher Kritik aus den europäischen Hauptstädten lässt das Washington ganz schön im Regen stehen. Und es nützt herzlich wenig, dass die USA sich jetzt demonstrativ für Entspannung zwischen Israel und den Palästinensern engagieren.

Dieses Engagement dürfte deswegen kaum länger anhalten, als die Konfliktparteien selbst bereit sind, wenigstens teilweise einzulenken. Tun sie es - wie jetzt Israel mit seinem Rückzug - dann ist das gut. Tun sie es nicht, dann dürfte sich Washington kaum darum bemühen, "energisch" zu werden. Allerdings sollte man nicht die falschen Schlüsse ziehen: Die Tatsache, dass Cheney sich nicht mit dem palästinensischen Autonomie-Vorsitzenden Yasser Arafat treffen wollte, ist noch kein Beweis für zu große Voreingenommenheit. Sie kann ebenso gut von Sicherheitsbedenken herrühren - die unter anderem Cheneys Besuchsprogramm im Nahen Osten bis zum letzten Moment geheim hielten.

Auch wäre es falsch, in den israelischen Rückzug zu viel hineinzuinterpretieren: Die Entfernungen in der Westbank sind nicht groß und in den meisten Fällen dauert es Minuten, bis Panzer wieder im Zentrum palästinensischer Orte stehen - wenn neue Anschläge dies der Regierung in Jerusalem opportun erscheinen lassen. Und Israel hat eine Regierung, die unvermindert überzeugt ist, dass mit PLO-Chef Arafat kein Staat zu machen ist. Und erst recht kein Frieden.

Aber: Jede Entspannung - und sei sie auch noch so klein - ist positiv. Ein Rückzug und - hoffentlich - auch ein Rückgang der Anschläge sind positiv. Ebenso die Kontakte und Gespräche zwischen beiden Seiten. Sofern sie andauern - und nicht morgen oder übermorgen wieder abgesagt werden. Mehr kann man realistisch gegenwärtig auch nicht erwarten. Friedens-Verhandlungen können nur vor dem Hintergrund einer relativen Beruhigung stattfinden. Erste Ansätze dazu sind jetzt zu sehen. Hoffentlich bleibt es dabei.