1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Das EU-Personalkarussell ruckelt

30. August 2014

Unmittelbar vor dem EU-Sondergipfel wurde viel darüber spekuliert, wer die Nachfolge der Außenbeauftragten Ashton und des Ratspräsidenten Van Rompuy antreten wird. Eine aussichtsreiche Kandidatin machte einen Rückzieher.

https://p.dw.com/p/1D45Q
EU-Gipfel in Brüssel (Dobald Tusk)
Bild: picture-alliance/dpa

Die überraschendste Nachricht kam von der dänischen Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt. Unmittelbar vor dem Start des EU-Sondergipfels schloss sie eine Kandidatur als Ratspräsidentin aus: "Ich bin keine Bewerberin. Ich bin Regierungschefin von Dänemark", sagte die 47-jährige Sozialdemokratin nach einem Treffen linker Staats- und Regierungschefs Europas in Paris.

Helle Thorning-Schmidt 19.06.2014
Helle Thorning-Schmidt will nicht EU-Ratspräsidentin werdenBild: Reuters/Thomas Peter

Thorning-Schmidt waren gute Chancen eingeräumt worden, Nachfolgerin des EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy zu werden. Seit 2011 nimmt sie als dänische Regierungschefin an EU-Gipfeln teil, zudem saß die mit einem Briten verheiratet Mutter von zwei Kindern von 1999 bis 2004 als Abgeordnete im Europaparlament.

Unterstützung für Tusk

Damit könnte der ebenfalls im Vorfeld hoch gehandelte polnische Ministerpräsident Donald Tusk (Artikelbild links) endgültig aus dem Hintergrund treten. Der liberal-konservative Politiker gilt als proeuropäisch und sieht sich gern als Mann der Tat. Seit Beginn seiner Regierungszeit im Jahr 2007 setzte er stets auf eine enge Partnerschaft mit Deutschland. Dem Vernehmen nach unterstützt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Ernennung des Polen.

Eine Berufung zum EU-Ratspräsidenten wäre nach Ansicht von Beobachtern ein wichtiges Signal an das nach Gewicht im Kreis der europäischen Staaten strebende Polen. Inmitten des Konflikts mit Russland um die Ukraine aber auch für die anderen osteuropäischen Mitgliedsstaaten.

Ihre Unterstützung für Tusk angekündigt haben bereits Tschechien und Finnland, das als Nachbar von Russland die Entwicklungen in der Ukraine ebenfalls sehr genau beobachtet. Allerdings habe Tusk "einen ernsthaften Nachteil", wie es in Brüssel heißt: Er spricht kein Englisch.

Frau für Frau?

Für den zweiten zu vergebenden Spitzenposten in der Europäischen Union gilt eine Frau als aussichtsreichste Bewerberin: Bei der Frage nach der Nachfolge der scheidenden EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton, die das Amt seit seiner Schaffung im Jahr 2009 ausübte, haben sich viele Beobachter auf die italienische Außenministerin Federica Mogherini festgelegt.

Federica Mogherini
Federica Mogherini - die neue EU-Außenbeauftragte?Bild: DW/I. Kashchey

Im Vorfeld war häufig in Frage gestellt worden, ob sie für einen so anspruchsvollen Posten geeignet wäre. Die osteuropäischen Staaten kritisierten Mogherinis Russland-freundlichen Äußerungen. Andere wiederum, zum Beispiel der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, Elmar Brok (CDU), halten sie nach nur einem halben Jahr im Amt der italienischen Außenministerin für zu unerfahren, um in den aktuellen Krisen im Irak, in Syrien und in der Ukraine handlungsfähig zu sein und Entscheidungen zu treffen.

Andererseits kann Mogherini auf die geschlossene Unterstützung der sozialistischen Regierungschefs setzen. Und vielen Mitgliedsstaaten, die in den letzten Jahren eigenständig an der EU-Außenbeauftragten Ashton vorbei ihre eigenen Außenpolitik verfolgt haben, wäre es wahrscheinlich ganz recht, wenn "die Neue" nicht allzu stark ist, mutmaßt EU-Experte Janis Emmanouilidis von der Denkfabrik "European Policy Centre" in Brüssel.

Seiner Ansicht nach sind aber alle vorherigen Spekulationen über Favoriten und Kandidaten hinfällig, wenn der Gipfel erstmal begonnen hat. Die Gruppendynamik während eines solchen Treffens könne dazu führen, dass ein anderer Staats- und Regierungschef aufstehe und sagt "Ich mache es."

Jean-Claude Juncker Porträt Archivbild 08.07.2014
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sucht die KommissareBild: Reuters

Problem EU-Kommission

Zwar haben sich die Staats- und Regierungschefs schon vor Wochen auf den ehemaligen Luxemburger Ministerpräsidenten Jean-Claude Juncker als neuen EU-Kommissionspräsidenten geeinigt, doch jetzt müssen die Kommissare der einzelnen Ressorts bestimmt werden. Weil dabei die Ausgewogenheit von Frauen und Männern, von regionalen Ansprüchen und von politischer Herkunft berücksichtigt werden muss, erwarten Beobachter ein langwieriges Ringen um die Posten.

mak/chr (dpa, rtr, afp, dw)