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Power Rangers entern Kirch

Daniel Wortmann17. März 2003

Der amerikanische Milliardär Haim Saban übernimmt die insolvente KirchMedia AG. Erstmals drängt damit ein ausländischer Unternehmer massiv auf den deutschen Fernsehmarkt. Viele kennen bislang nur seine Musik.

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Lächeln im Blick, Kirch im Visier: Haim SabanBild: AP

Das turbulente Bieterverfahren um die Kerngesellschaften des früheren Medienimperiums von Leo Kirch, das bereits mehrmals als fast entschieden galt, ist nach fast einjähriger Dauer offenbar beendet. Wie die Geschäftsführung von KirchMedia am Dienstag (17.3.2003) mitteilte, hat der US-Milliardär Haim Saban einen Vertrag über den Kauf des TV-Konzerns ProSiebenSAT.1 unterschrieben. Voraussichtlich am Dienstag (19. März 2003) soll der Gläubigerausschuss die Übernahme durch Haim Saban und seinen Partner, den französischen TV-Konzern TF1, genehmigen. In dem Ausschuss sind unter anderem die vier Banken Bayerische Landesbank, HypoVereinsbank, DZ Bank und Commerzbank vertreten. Ein Kaufpreis wurde nicht mitgeteilt.

Mit "Dallas" in die Wohnzimmer der Welt

Nachdem der gebürtige Ägypter bei den Muppets nicht zum Zuge kam, findet die Suche des adretten self-made Milliardärs nach einer neuen Aufgabe ein erfolgreiches Ende. Saban war nach dem Rückzug des Heinrich Bauer Verlags im Wettstreit um die insolvente KirchMedia AG alleiniger Bieter.

Finanzieller und beruflicher Erfolg war dem Sohn eines Kaufmanns und einer Schneiderin nicht immer beschieden. Nach einer Zeit als Bassgitarrist und Konzertveranstalter in Israel wanderte er vor knapp 30 Jahren nach Paris aus. Dort begann er, Trickfilme und Fernsehproduktionen mit Musik zu unterlegen. Mit der Titelmelodie zur Fernsehserie "Dallas" komponierte er sich erstmals in Millionen von Wohnzimmern in aller Welt.

Power Rangers
Bild: AP

In den Vereinigten Staaten legte Saban dann auch den Grundstein für sein Vermögen. In Los Angeles, vor den Toren Hollywoods, bewegten sich bald die "Ghostbusters" und "Inspector Gadget" zu seiner Musik. Der Durchbruch gelang ihm durch einen geschickten Serienimport aus Japan. Die "Mighty Morphing Power Rangers", Hauptfiguren einer Actionserie, begeisterten die amerikanische Jugend und demonstrierten das glückliche Händchen Sabans im Umgang mit den Wünschen der Zuschauer.

Milliardendeal mit Disney

Mittlerweile ist der Medienmensch Saban 58 Jahre alt, sein Erfolg dauerhaft und weniger zufällig geworden. Seinen größten Coup landete er im Jahr 2001 mit dem Verkauf der Fox Family Worldwide. 5,3 Millarden Dollar war dem Disney-Konzern das von Saban selbst aufgebaute Unternehmen wert. Genug Geld nicht nur, um die Finger nach deutschen Medienunternehmen auszustrecken. So freut sich die Demokratische Partei der USA regelmäßig über Spenden in beträchtlicher Höhe, oft mehrere Millionen US-Dollar pro Jahr. Zum Dank war ihm so mancher Posten sicher, sei es als Bill Clintons Export-Berater oder als Mitglied des Direktoriums der Universität von Los Angeles.

Konsequent und doch paradox erscheint vor dem Hintergrund der pädagogisch kaum wertvollen Trickfilme das wohltätige Engagement des Milliardärs. "50 Wege, um unsere Kinder zu retten" heißt ein Buch seiner Frau Sherryl. Mittlerweile gibt es eine Website, die Spenden für benachteiligte Kinder in den unterschiedlichsten Formen ermöglicht. Die Saban Capital Group gehört zu den wichtigsten Förderern dieser Initiative. Sogar auf ihre schillernden Parties lädt Familie Saban regelmäßig Kinder aus bedürftigen Familien ein.

Kirch soll neu justiert werden

Bedürftig würde Saban, der Medienunternehmer mit dem kurzgelockten schwarzen Haar, die KirchMedia AG wohl auch nennen. "Wir kommen, um zu reparieren, um neu zu justieren und das Geschäft weiter auszubauen", gibt er in einem Gespräch mit dem "Spiegel" den Marschbefehl aus.

Im Kampf mit dem großem Konkurrenten Bertelsmann muss sich Haim Saban allerdings auf eine Menge Gegenwind einstellen. 1,9 Millarden Euro haben die Gläubiger im Insolvenzverfahren von der KirchMedia gefordert. Die Fernsehtochter ProSiebenSat1 Media kämpft mit Umsatzeinbrüchen, zudem schwindet der Marktanteil der Senderfamilie stetig. Bei Bertelsmann jedenfalls zeigt man sich angesichts der neuen Konkurrenz gelassen. Ein gutes Programm sei nicht nur eine Frage des Geldes, so heißt es, sondern lebe von der Kenntnis des deutschen Marktes, von Know-how und Bauchgefühl.