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Lula vor Wiederwahl

Geraldo Hoffmann28. Oktober 2006

Amtsinhaber geht mit großem Vorsprung in die Stichwahl. Herausforder Alckmin hofft noch auf positive Auswirkung des letzten TV-Duells.

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Anhänger von Lula demonstrieren in Sao Paulo
Nur noch wenige Anhänger lassen sich mobilisierenBild: AP

Kurz vor der Stichwahl für das Präsidentenamt am Sonntag (29.10.) sieht es so aus, als sei das Spiel bereits entschieden. Das liegt daran, dass die Wiederwahl von Amtsinhaber Luiz Inácio Lula da Silva von der Arbeiterpartei (PT), bereits als sicher gilt. In den jüngsten Umfragen erreicht er einen Vorsprung von 20 bis 24 Prozentpunkten gegenüber seinem Kontrahenten Geraldo Alckmin von der sozialdemokratischen Partei (PSDB).

Nach Zahlen des Meinungsforschungsinstituts Ibope würde Lula 62 Prozent und Alckmin 38 Prozent der gültigen Stimmen erreichen. Ähnliche Werte wurden auch von anderen Instituten veröffentlicht. Trotzdem wirft Alckmin nicht das Handtuch und hofft, dass die letzte Fernsehdebatte bei Globo, dem mächtigsten Sender des Landes, noch zu einer Wende oder einem Wunder führen könnte.

TV-Duell

Alckmin und Lula beim Fernsehduell
Alckmin und Lula beim FernsehduellBild: AP

Im ersten Wahlgang blieb Lula allen Fernsehdiskussionen fern, wofür er scharfe Kritik erntete. Im zweiten Wahlgang standen sich die Kandidaten vier mal gegenüber. Nach Einschätzung des deutschen Politikwissenschaftlers Bruno Wilhelm Speck von der Universität Campinas, setzten sie dabei den Weg fort, den sie bereits gegen Ende des ersten Wahlgangs eingeschlagen hatten: "Während Alckmin das Thema Ethik in den Vordergrund stellte, versuchte Lula sich als Kandidat der Armen zu profilieren."

Beim letzten TV-Duell am Freitag (Ortszeit) haben zwölf unentschiedene Wähler aus verschiedenen Bundesstaaten Fragen zu Themen wie Bildung, Sozialversicherung, Gesundheit, Gewalt und Sicherhiet in den Städten, Wohnungspolitik und Arbeitsgesetze gestellt. Die Präsidentschaftskandidaten machten Vorschläge zur Lösung einzelner strukturellen und sehr komplexen Probleme. Ein Gesamtprojekt für die Zukunft des Landes war nicht erkennbar.

Schwache Mobilisierung der Wählerschaft

Das TV-Duell bei Globo war der Schlusspunkt eines Wahlkampfes, der die brasilianischen Wähler nicht so richtig angesteckt hat. Wie schwach die Mobilisierung war, konnte man am Mittwoch bei den letzten Wahlveranstaltungen beider Kandidaten in São Paulo sehen. Lula trat vor rund 4000 Anhänger in einem Armutsviertel im Süden der Stadt auf, Alckmin vor 5000 im Zentrum. Bei früheren Wahlen lockten solche Kundgebungen hunderttausende von Menschen.

Nach Einschätzung des Politikwissenschaftlers Bolívar Lamounier vom Institut fuer sozio-ökonomische und politische Studien in São Paulo (IDESP), hat sich die brasilianische Demokratie seit der Transition ab 1985 stetig gestärkt. "Die Anzahl der Wahlberechtigten (126 Millionen) und die Komplexität des Landes haben auch dazu beigetragen. Aber es gibt noch Risiken, eines davon ist die Zersplitterung der Parteien. Das andere, viel schlimmere, ist die Korruption. Wir stecken seit zwei Jahren in einer schweren moralischen Krise, aber der Präsident und seine 'Kumpel' scheinen dies nicht zu begreifen", sagt Lamounier.

Das kleinere Übel

Lula-Anhängerin am Strand von Copacabana
Gilt vielen als das kleinere Übel: Amtsinhaber LulaBild: AP

Experten und politische Kommentatoren rätseln darüber, wieso Alckmin aus den Korruptionsvorwürfe gegen Lula und seine Arbeiterpartei kaum Kapital schlagen konnte. "Die Presse hat hart zugeschlagen, das Etikett der Korruption blieb aber an Lula nicht hängen", sagt Speck. Alckmin hat angekündigt, das er im Falle eines Wahlsieges die "Bolsa Familia", das Sozialprogramm, "anpassen" werde. Dies und Gerüchte über Privatisierungspläne der PSDB sorgten für Verunsicherung vieler Wähler, die sich nun für das nach ihrer Meinung kleinere Übel - also für Lula - entscheiden könnten.

In der ersten Wahlrunde hatte Lula am 1. Oktober mit 48,6 Prozent der Stimmen die zur Wiederwahl notwendige absolute Mehrheit überraschend verpasst. Alckmin kam auf 41,6 Prozent. Egal wie die Stichwahl ausgeht: Der neue Präsident wird es nicht leicht haben: Er wird mit mehreren der 21 Parteien im Parlament eine Koalition bilden müssen um seine Politik durchzusetzen zu können.