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Präsident Medgyessy sichert Minderheiten stärkeres Mitspracherecht bei der Gesetzgebung zu

14. Juni 2002

- Ungarndeutscher soll Amt für nationale und ethnische Minderheiten leiten

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Budapest, 14.6.2002, PESTER LLOYD, deutsch

Ministerpräsident Péter Medgyessy empfing die Vorsitzenden der Landesselbstverwaltungen der in Ungarn lebenden Minderheiten und sicherte ihnen eine wesentlich größere Rolle bei der Gesetzgebung und auch die Übernahme ihrer Institutionen zu. Zum neuen Leiter des Regierungsamtes für Nationale und Ethnische Minderheiten soll der Ungarndeutsche Antal Heizer ernannt werden.

Medgyessy hielt es bereits kurz nach seiner Amtsübernahme für richtig, mit den Repräsentanten der 13 Minderheiten eine längere Aussprache zu führen. Wie Otto Heinek, der Vorsitzende der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen, dem NPL mitteilte, schätzten die Minderheitenführer hoch ein, dass sich der neue Regierungschef bereits verpflichtet hat, sich für mehrere ihrer langzeitigen Anliegen einzusetzen. Bei der Lösung der Schlüsselfrage, der parlamentarischen Vertretung der Minderheiten, könne man schon in den nächsten Jahren einen wichtigen Schritt vorwärts kommen. Medgyessy plant für 2004 die Einberufung eines Nationalen Rates, in dem Vertreter wichtiger gesellschaftlicher Interessengruppen, darunter die Minderheiten, gewisse Kompetenzen erhalten sollen, darunter auch bei der Vorbereitung der Gesetzgebung. Die Regierung sei auch bereit, sich zu verpflichten, die Minderheiten betreffenden Gesetze nur mit vorheriger Zustimmung von deren Vertretern dem Parlament zu unterbreiten. Zur Sicherung der (längst fälligen) parlamentarischen Vertretung der Minderheiten ist eine Verfassungsänderung nötig, so kann das erhoffte Gesetz erst zu den Wahlen 2006 Gültigkeit bekommen.

Weiteres Gespräch im September

Die Regierung sei auch bereit, zusätzliche Finanzmittel für die Minderheiten zur Verfügung zu stellen, um ihnen zu ermöglichen, die für sie bestimmten Institutionen zu übernehmen, konnte Heinek weiter berichten. Es ist zum Beispiel ein seit langer Zeit geäußerter Wunsch der Deutschen, solche Institutionen wie das Schulungszentrum in Baja oder die Deutsche Bühne Ungarn (DBU) in Szekszárd auch finanziell unabhängig verwalten zu können.

Der Regierungschef versprach, ähnliche Treffen mit den Minderheitenvertretern jährlich einzuberufen, und auch alle Minister, deren Tätigkeit die Minderheiten berührt (vor allem Inneres, Äußeres, Kultur, Bildung) sollen dies ebenfalls tun. Minister Elemér Kiss, Leiter des Ministerpräsidentenamtes, werde zweimal im Jahr mit ihnen zusammentreffen. Das nächste Gespräch soll schon im September stattfinden, noch vor den Kommunalwahlen, in deren Rahmen auch die Minderheitenselbstverwaltungen neugewählt werden. Die Regierung habe sich auch bereiterklärt, die Bestimmungen des entsprechenden Gesetzes zu ändern, da es bei der ersten Wahl der Selbstverwaltungen 1998 zu Anomalien gekommen war. Das Ziel besteht darin, dass nur solchen Personen für eine Kandidatur nominiert werden dürfen, die sich zu der jeweiligen ethnischen Minderheit bekennen, deren Sprache und Kultur kennen und ihre Interessen vertreten. Es sollen auch solche Erscheinungen verhindert werden, dass Kandidaten, nachdem sie für eine Minderheit nominiert wurden, später für eine andere auftreten.

Gesetzesänderung möglich

Medgyessy sagte, sobald es einen Vorschlag für eine Gesetzesänderung gibt, der durch alle Selbstverwaltungen unterstützt wird, werde man diesen möglichst noch vor der Sommerpause ins Parlament einbringen. Während zwölf Minderheitenvertreter mit einem gemeinsamen Vorschlag einverstanden waren, hat sich der Vorsitzende der Roma, Flórián Farkas (der auf der Liste des Fidesz (Bund Junger Demokraten- MD) ins Parlament gewählt wurde), zunächst noch nicht angeschlossen und bat um eine persönliche Aussprache mit Medgyessy.

Die Anwesenden unterstützten einhellig den Vorschlag, dass Antal Heizer, der gegenwärtige stellv. Leiter des Regierungsamtes für Nationale und Ethnische Minderheiten, die Führung des Amtes übernimmt. Heizer, Jahrgang 1962, ist geborener Ungarndeutscher. Er arbeitete früher als Diplomat und erfüllt seit 1995 verschiedene Funktionen in der Regierung. (fp)