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Prager "politische Polizei"

30. Juli 2002

– Die besten Polizeikräfte sollen sich mit der Kriminalität bei hohen Staatsbeamten beschäftigen

https://p.dw.com/p/2WH5

Köln, 30.7.2002, LIDOVE NOVINY

LIDOVE NOVINY, tschech., 30.7.2002

Tschechiens Polizeipräsident Jiri Kolar hat noch im vergangenen Jahr in aller Stille zwei spezielle Bereiche im Prager Innenministerium geschaffen: die so genannte "Abteilung 15" und "Abteilung für besondere Aufgaben." Beide sind beauftragt, Tschechiens Persönlichkeiten unter die Lupe zu nehmen, Delikte und Straftaten der Polit-Prominenz zu untersuchen. Ins Visier der "speziellen Polizei" können genauso Minister, Abgeordnete, Senatoren wie Staatsanwälte, Richter, Mitglieder der Medienräte, hohe Bankiers oder Inspektoren des Innenministeriums geraten.

Kolars "politische Polizei" untersteht dem Innenministerium, das sich zu ihrer Arbeit aber nicht äußern will. (...)

Einer der Ermittler, der die "Lidove noviny" darauf aufmerksam gemacht hat, dass es diese "Polizei" überhaupt gibt, behauptet jedoch, sie sammle heikle Informationen. "Sie kann etwas unter den Teppich kehren, oder auch nicht", sagt er.

Gegen die speziellen Polizeiabteilungen erhebt die Verfassungsgerichtsvorsitzende Eliska Wagnerova Einwände. Ihrer Ansicht nach sind sie nicht auf bestimmte Straftaten, sondern auf konkrete Gruppen "angesetzt." "Durch diese Lösung, glaube ich, macht man nur den Raum für Korruption noch breiter, als er ist. Konkrete Personen können nämlich wissen, wer sie gerade ‚betreut‘ und sie können dann versuchen, ihre "Betreuer zu beeinflussen", sagt Wagnerova. (...)

Innerhalb der Polizei habe es bislang keinen solchen speziellen Dienst gegeben, teilte Polizeipräsidiumssprecherin Blanka Kosinova mit. Er sei jedoch notwendig geworden, denn bei den entsprechenden Behörden entstanden inzwischen spezielle Dienststellen für schwere Wirtschaftskriminalität, die auf diesen Polizeiservice angewiesen waren. (...) Wie viele Spezialisten bei der "politischen Polizei" beschäftigt werden und welche Fälle von ihr inzwischen untersucht worden sind, sagte Kosinova nicht. (...) (ykk)

LIDOVE NOVINY, tschech., 30.7.2002

(...) Beamte der "politischen Polizei" sollen ausschließlich auf spezielle Gruppen angesetzt werden: auf die höchsten Staatsvertreter und auf die Spitzen der Staatsverwaltung. Dies jedoch nur in Fällen, in denen Verdacht auf schwere Kriminalität besteht.

Eine spezielle Polizei für ausgesuchte prominente Politiker, das riecht sowohl nach Gliederung der Gesellschaft in Kasten als auch nach Diskriminierung. Dabei lautet das demokratische Prinzip, an alle sollte der gleiche Maßstab angelegt werden, und zwar das Gesetz. Die Einrichtung einer besonderen Polizei für VIP-Leute aus Politik und Staatserwaltung ist absurd. (...) (ykk)