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Sacharow-Preis

14. Dezember 2011

Täglich werden die Kapitel des Arabischen Frühlings fortgeschrieben. Hinter den Massenbewegungen stehen Einzelpersonen. Fünf dieser Aktivisten haben jetzt den diesjährigen Sacharow-Preis des EU-Parlaments erhalten.

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Ein Plakat zeigt den Tunesier Mohamed Bouazizi (Bild: cc-by-sa-cbj22)
Als Volksheld verehrt: der Tunesier Mohamed Bouazizi hat sich aus Protest selbst verbranntBild: cc-by-sa-cbj22

Einstimmig sei die Entscheidung des Europäischen Parlaments über die diesjährigen Gewinner ausgefallen, so Jerzy Buzek, Präsident des Europaparlaments. Fünf Repräsentanten des Arabischen Frühlings wurden am Mittwoch (14.12.2011) mit dem mit 50.000 Euro dotierten Sacharow-Preis für geistige Freiheit ausgezeichnet. "Das zeigt unsere Bewunderung für diejenigen, die die Lage in unserer Nachbarschaft geändert haben", so Buzek weiter.

Tunesien - der erste Dominostein

Proteste in Tunesien (Bild: dpa)
Nach tunesischem Vorbild zog es immer mehr Demonstranten in der arabischen Welt auf die StraßenBild: picture alliance/dpa

Tunesien macht den Anfang der Revolutionen. Mohamed Bouazizi, ein tunesischer Gemüsehändler, wird nur 26 Jahre alt. Als die Polizei ihm im Dezember 2010 seine Waren wegnimmt und ihn misshandelt, übergießt er sich vor dem Rathaus mit Benzin und zündet sich an. "Schluss mit der Armut! Schluss mit der Arbeitslosigkeit!" ruft Bouazizi. Zwei Wochen später erliegt er seinen Verletzungen. Aber seine Selbstverbrennung treibt Protestler aus ganz Tunesien auf die Straßen. Proteste, die sich in die gesamte arabische Welt tragen. Bouazizi erhält posthum den Sacharow-Preis.

Ägypten - "Ich sage Nein zu diesem Regime"

Szenenwechsel: Am 18. Januar diesen Jahres stellt sich eine junge Frau in Kairo vor eine Webkamera und ruft ihren Unmut über die herrschenden Zustände in Ägypten dem Zuschauer entgegen: "Ich sage Nein zu Korruption. Ich sage Nein zu diesem Regime". Asmaa Mahfouz ist 26 Jahre jung. Sie stellt das Video auf ihren facebook-Account mit der Bitte: "Kommt auf den Tahrir-Platz und schließt Euch uns an! Fordert Eure Rechte ein". Hunderttausende sind ihrem tief empfundenen Ruf nach Freiheit gefolgt. Ihre Forderungen: soziale Gerechtigkeit, Grundrechte, demokratische Reformen. Heute hat Asmaa Mahfouz 14.000 facebook-Freunde.

Der Tahrir-Platz in Kairo (Bild: dapd)
Der Tahrir-Platz in Kairo wurde zum Zentrum der Proteste in ÄgyptenBild: dapd

Das EU-Parlament ehrt auch den libyschen Dissidenten Ahmed al-Zubair Ahmed al-Sanusi. Der 77-jährige war Libyens dienstältester politischer Häftling. 31 Jahre verbrachte er unter dem Gaddafi-Regime im Gefängnis, lange Zeit davon in Einzelhaft. Heute bestimmt al-Sanusi wieder Libyens Politik innerhalb der Führungsriege der Rebellen. Nach 42 Jahren Diktatur und monatelangem Bürgerkrieg haben die Libyer ihr Land für befreit erklärt.

Syrien - Mit dem Bleistift gegen die Dikatatur

Proteste gegen den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad (dpa)
Proteste gegen den syrischen Präsidenten Baschar al-AssadBild: picture-alliance/dpa

In Syrien warten die beiden geehrten Aktivisten darauf vergebens. Die Rechtswanwältin Razan Zaitouneh lebt seit Monaten im Untergrund. Ihr Blog 'Syrian Human Rights Information Link' berichtet über die systematischen Menschenrechtsverletzungen der syrischen Behörden und über verschwundene Personen. Sie fordert, Präsident Baschar al-Assad dem Internationalen Strafgerichtshof zu überstellen.

Ähnlich scharfzüngig ist auch der syrische Karikaturist Ali Farzat. Mit Zunahme der Proteste werden auch seine Zeichnungen immer direkter. Selbst al-Assad gerät dem Künstler unter die Feder. Das wird bitter bestraft. Ausländische Medien zeigen Farzat im Krankenhaus mit schweren Kopfverletzungen und gebrochenen Händen. Der Grund: eine Karrikatur. Präsident al-Assad steht mit Gepäck am Straßenrand, hält den Daumen raus und bittet Muammar al-Gaddafi, ihn mitzunehmen. Wie Ali Farzat haben auch die anderen Repräsentanten des Arabischen Frühlings große Opfer bringen müssen.

Asmaa Mahfouz hat während der Proteste Freunde verloren. Der Preis gehöre nicht ihr allein, sagte sie gegenüber dem Arabischen Programm der Deutschen Welle. "Der Preis ehrt mich als ein mutiges Mädchen. Aber nein, viele Ägypter sind mutiger als ich. Ihnen gilt die Auszeichnung. Ich bin stolz, dass ich eine von ihnen bin und in diesem Land lebe."

Autorin: Stefanie Duckstein
Redaktion: Katrin Ogunsade