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Presseschau von Dienstag, 26.November

zusammengestellt von Hans Ziegler25. November 2002

Auseinandersetzung zwischen der FDP-Spitze und ihrem früherem Vizevorsitzenden Jürgen Möllemann / Ergebnis der Parlamentswahl in Österreich

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Zentrales Thema in den Kommentaren der deutschen Tagespresse ist einmal mehr die Auseinandersetzung zwischen der FDP-Spitze und ihrem früherem Vizevorsitzenden Jürgen Möllemann. Daneben wird das Ergebnis der Parlamentswahl in Österreich in den Blick genommen. Zunächst zu den Liberalen, die Möllemann inzwischen ultimativ aufgefordert haben, die Partei binnen einer Woche zu verlassen.

Die DRESDNER NEUESTEN NACHRICHTEN meinen dazu:

"Westerwelle hat ein halbes Jahr gebraucht, um den politischen Schaden des Populisten Möllemann zu erkennen. Der FDP-Vorsitzende siedelte seine Partei im Sommer zwar selbst auf dem Gebiet der Protestpartei an, hat ebenfalls auf rechte Stimmen spekuliert, lässt aber seinen Sudel-Jürgen nun allein als Schuldigen erscheinen. Ein verspätetes und merkwürdig begründetes Ausschlussverfahren ist kein Nachweis von Führungsstärke. Möllemann und Westerwelle waren zumindest zeitweilig Gesinnungspartner. Als Mischung aus niederländischen und österreichischen Populisten sollte die FDP zur dritten großen deutschen Kraft werden. Westerwelle hat dabei mehr geschoben als gebremst."

Auch die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG übt Kritik nicht nur an Möllemann, sondern - wenn auch indirekt - an Westerwelle, wenn es im Kommentar heißt:

"Welche FDP präsentiert sich da? Die Rechtsstaatspartei? Die scheint ihr eigenes Programm nicht ganz begriffen zu haben. Dem unguten Gefühl ist schwer zu wehren, dass die FDP nach wie vor, wie im Wahlkampf, um der Affekte und Effekte willen ihre Grundsätze entwertet und entwürdigt. Das ist gefährlicher als Möllemann. Oder sein Sieg."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU schreibt:

"Ein letztes Mal muss Westerwelle Möllemann dankbar sein. Mit seinem Schielen nach dem antisemitischen Sumpf hat er ein Konzept zur Kenntlichkeit übertrieben, mit dem der Vorsitzende mehr als bloß geliebäugelt hat: Die FDP als «bürgerliche Protestpartei». Auch das: Aus. Mit dem unmissverständlichen Abschied von Möllemann begräbt Westerwelle auch die eigene Versuchung. Ein Zeichen von Stärke? In dem Sinne mindestens, dass die Erkenntnis der eigenen Schwächen viel Kraft fordert. Vor allem aber ist Guido Westerwelle ein Vorsitzender auf Bewährung."

Themenwechsel und zum Sieg der Konservativen in Österreich. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG gibt sich in Hinblick auf grundlegende Veränderungen im Land skeptisch:

"Eine große Koalition aus Volkspartei und ozialdemokraten, wie sie in beiden Parteien und mächtigen Medien gefordert wird, würde ein altes Gespenst wiederbeleben. In Mittelbau und Basis beider existieren noch die alten Strukturen des jahrzehntelangen Proporzes zwischen Schwarz und Rot. Schwüre, dahin nicht zurückzufallen, würde die zähe Wirklichkeit überspielen. ÖVP und SPÖ könnten zwar zusammen der Republik einen ganz großen Dienst erweisen und gemeinsam begangene Fehler gutmachen - indem sie die österreichische Verfassung sanieren. Beide sind derzeit freilich weder ideell noch in ihrer inneren Diskussionskultur so gefestigt, dass man ihnen das zutrauen dürfte."

In der BERLINER ZEITUNG lesen wir:

"Schüssels Triumph ist total, aber was er für Österreich bedeutet, weiß noch niemand. Sicher ist, dass die FPÖ als so genannte Bewegung auf lange Zeit ausgespielt hat. Allein das gibt dieser Wahl ihre Bedeutung. Nicht die eingeschworenen Gegner der Freiheitlichen, die Sozialdemokraten und die Grünen, sondern die frustrierten Anhänger Jörg Haiders haben die FPÖ brutal marginalisiert. Sie hatten offenbar genug von einer Bewegung, die sich nur bewegt, wenn der Chef zur Selbstzerfleischung ruft. Zwar hat Schüssel ihnen kein Programm geboten, aber ein Versprechen: Ab jetzt herrscht wieder Ruhe. Immerhin."

Abschließend die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG, die vor allem die drastischen Stimmenverluste der rechtspopulistischen FPÖ in den Blick rückt:

"Dem Strahlemann Haider ist das Lachen vergangen. Er hat die FPÖ erst groß gemacht und sie jetzt an den Abgrund geführt. Die Freiheitlichen büßten nicht nur landesweit fast 17 Prozent ein, sondern wurden auch im Haider-Land Kärnten von Platz eins verdrängt. Sollte sich Haider nun wirklich aus der Politik zurückziehen, wäre dies nur konsequent. Konsequenz und Zuverlässigkeit allerdings waren noch nie die Stärken des machtbewussten Kärntner Landeshauptmanns.
Mit seinen Störmanövern gegen die Steuerreform brachte er die schwarz-blaue Koalition schließlich zum Einsturz."