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Presseschau von Freitag, 18. Oktober 2002

zusammengestellt von Helmut Schmitz18. Oktober 2002

Haushaltslage / Bundestag

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An diesem Freitag befassen sich die Kommentare der deutschen Tageszeitungen vor allem mit der aktuellen Haushaltslage. Kommentiert wird auch die Konstituierung des neuen Bundestags.

Zunächst zum Haushalt:

Die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus Düsseldorf schreibt:

'Kaum war die Tinte unter dem rot-grünen Koalitionsvertrag trocken, da machte Finanzminister Hans Eichel seinem Ruf als Deutschlands erfolgreicher Sparkommissar ein Ende und leistete den «Offenbarungseid». Die Drei-Prozent-Defizitgrenze sei nicht mehr einzuhalten. Die Neuverschuldung schieße in diesem Jahr darüber hinaus. Wegen des aus dem Ruder gelaufenen Haushaltsdefizits dürften jetzt zusätzlich richtige Steuererhöhungen drohen - es sei denn das straffe Korsett des Euro-Stabilitäspakts, einst von den Deutschen erfunden, wird auch anderen künftigen «Sündern» wie Frankreich und Italien zu eng und es wird elastischer gemacht. Dann haben wir nicht nur den «Teuro», sondern einen weich gespülten Euro.'

In der LEIPZIGER VOLKSZEITUNG heißt es:

'Der Bundesfinanzminister muss vor Taschendieben keine Angst haben. Denn einem nackten Mann kann man bekanntlich nicht in die Tasche fassen. Und Hans Eichel ist mehr als blank. Die aktuellen Haushaltszahlen sind erschreckend. Die Neuverschuldung muss so kräftig erhöht werden, dass Deutschland sogar die europäische Defizitgrenze überschreiten wird und ein blauer Brief aus Brüssel droht. An Peinlichkeit ist das für den einstigen Haushaltsstreber in Europa kaum zu überbieten.'

Die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG merkt an:

'Nun steht er da wie ein blanker Hans, ein Trickser und Täuscher in den Fragen, in denen Flunkern unverzeihlich ist: Hans Eichel, Bundes-Konsolidierungsminister, wie er sich stets gern genannt hörte, rückt die ganze Wahrheit über die Finanzlage des Bundes erst nach Unterzeichnung des rot-grünen Koalitionsvertrages heraus. Das neueste
Finanzloch ist gewaltig: 15 Milliarden Euro in diesem Jahr sollen es sein. Ist es wie das Ungeheuer von Loch Ness aufgetaucht? Nein. Eichel hat seit Jahresbeginn gewusst, dass es bei den Einnahmen düster aussieht. Prognosen fielen zu positiv aus, der Wahlkampf vertrug offenbar keine Negativbotschaften. Eichel sollte nachdenken, wie glaubwürdig er noch ist.'

Der MANNHEIMER MORGEN meint:

'Nach einem Regierungswechsel kündigen die Siegerparteien
gewöhnlich einen schonungslosen Kassensturz an - Stichwort 'Erblast'. Da aber SPD und Grüne an der Macht bleiben, scheinen sie es nicht allzu eilig zu haben. Immerhin, Eichels Eingeständnis, man werde über dem Drei-Prozent-Limit liegen, deutet auf eine drastisch höhere als bislang geplante Verschuldung aufgrund wegsackender Steuereinnahmen hin. Zwar hat sich diese Entwicklung angesichts der schwindsüchtigen Konjunktur schon vor der Bundestagswahl abgezeichnet. Mit ihrer Salami-Taktik jedoch, die Fakten nur scheibchenweise zu veröffentlichen, konnte sich Rot-Grün unbeschädigt durch die Krise lavieren. Jetzt muss der Schleier fallen: Was blüht uns noch? Die Bürger haben ein Anrecht auf Klarheit.'

Themenwechsel: Mit dem künftigen Verhalten der Parteien untereinander im neuen Bundestag befasst sich die NORDSEE-ZEITUNG aus Bremerhaven:

'Die konstituierende Sitzung des Bundestags hat deutlich gemacht, dass die Fronten zwischen SPD und Union verhärtet sind wie selten zuvor. CDU und CSU fühlen sich schlicht betrogen um den Wahlsieg von den Sozialdemokraten, die die Wähler über die tatsächliche finanzielle und wirtschaftliche Lage des Landes belogen hätten. Die Auseinandersetzungen zwischen der Koalition und der
großen Oppositionsfraktion werden in den kommenden vier Jahren verbissen geführt werden.'

Abschließend die DRESDNER NEUESTEN NACHRICHTEN:

'Wenn die Union an die Fairness appelliert, um zusätzliche Ämter zu bekommen, dann ist das schon merkwürdig. Da die rot-grüne Koalition auf das Prinzip Mehrheit ist Mehrheit setzen will, ist Mäkelei die falsche Antwort. Das wirkt kleinlich und riecht nach Wut. Die Opposition sollte einfach im Gegenzug darauf bauen, dass die Mehrheit
von neun Stimmen die Schröder-Truppe ganz gewiss angreifbar machen wird. Das verspricht dann, im Laufe des Regierungsprozesses, wirklich spannend zu werden und es wäre politisch. Anspruch auf Fairness, und das ganz unpolitisch, hat nur die auf ein Duo geschrumpfte Bundestags-PDS. Die beiden sollten wirklich nicht in die Besenkammer abgeschoben werden. Die Genossen haben es schon schwer genug.'