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Presseschau von Freitag, 24. Januar 2003

zusammengestellt von Hanns E.Petrik23. Januar 2003

Irak-Konflikt / Gentechnik-Diskussion

https://p.dw.com/p/3CPT

Reaktionen auf die Rumsfeld-Attacke gegen die Irak-Position Deutschlands und Frankreichs beherrschen die Kommentare der Freitags-Blätter. Ausserdem geht es um den deutschen Ethikrat und die Gentechnik. Zunächst zur Aussenpolitik - über die zunehmende Verstimmung mit den USA lesen wir in der WELT:

'Der Bundeskanzler hat sich gegen Washington festgelegt, und er glaubt, dafür in Paris nun einen Partner zu haben. Seine Unerfahrenheit in amerikanischen Dingen und seine Wahlkampfnervosität lassen ihn in eine Falle laufen. ...Bush wird Schröder und Chirac also präzise fragen: Ist Bagdad der Resolution 1441 nachgekommen, ja oder nein? Und wenn nicht, warum tut ihr dann nichts? Paris wird sich plötzlich flexibel zeigen, Berlins Antwort indes, das ist schon absehbar, ein dröhnendes Schweigen sein. Damit endet dann auch die Logik der deutschen Position, und wenn sich das Kabinett Schröder nicht doch noch eines anderen besinnt, liegt anschließend das deutsch-amerikanische Verhältnis zusammen mit Saddam Husseins Karriere in Trümmern.'

Ähnlich sieht es die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:

'In dieser Lage muss jeder Spielzug gut aufgebaut werden. Chirac beherzigt dies mehr als Schröder. Während der Präsident durch die Champions League der Weltpolitik drippelt, agiert der Kanzler oft wie auf dem Bolzplatz. Solche Kraftmichelei provoziert Amerika mehr als es von der Sache her geboten wäre. Das kann die Bundesrepublik noch in eine prekäre Lage bringen. Denn bei aller Freude über den deutsch-französischen Schulterschluss tut Vorsicht Not. Chirac will keinen Krieg, schon gar nicht als Hilfssoldat der USA. Aber er möchte auch keinen Bruch mit Amerika. Am Ende könnte Paris seine Waffen doch zum Einsatz bringen. Dann würde es einsam um Deutschland.'

Der MANNHEIMER MORGEN meint zum Thema:

'Rumsfeld gibt sich gern vorlaut, arrogant und ironisch. Und er ist - im Gegensatz zu seinem Kollegen im Außenministerium, Colin Powell - ein 'Hardliner'. Einer, der aus der Hüfte schießt. Für Bush und Co. sind Schröder, Jacques Chirac und auch Chef-Waffenkontrolleur Blix nur lästige Bremser, die die Anti-Irak-Front aufweichen und Saddam Hussein in die Hände spielen. Die amerikanische Seite scheint ihre Interessen auf die schlichte Schwarz-Weiß-Formel von den 'good guys' und den 'bad guys' gebracht zu haben: Wer nicht für uns ist, ist unser Gegner. Aber so einfach ist die Weltlage nicht. Deutschland und Frankreich stehen - auch innerhalb der Europäischen Gemeinschaft - weit weniger isoliert da, als es Washington glauben machen will.'


Schliesslich die Wertung der WESTDEUTSCHEN ZEITUNG aus Düsseldorf:

«Rumsfelds Bemerkung, bei der Kritik Frankreichs und Deutschlands handele es sich um das 'alte Europa', Amerika wahre Freunde fänden sich wohl weiter östlich, dem 'neuen Europa', das ist wohl wirklich dümmer, als unbedingt nötig und auch dümmer, als man es einem amerikanischen Verteidigungsminister zutrauen sollte. Solidarität, von Amerika gefordert, kann es nur unter Gleichen geben. Unter denen ist Widerspruch erlaubt. Alles andere ist Gefolgschaft, Vasallentreue oder - freundlich formuliert - bedingungslose Loyalität. Will Amerika das wirklich?'


Zum Abschluss noch ein Themenwechsel - der Nationale Ethikrat hat sich für eine begrenzte Zulassung von Gentests ausgesprochen - es geht um die so genannte Prä-Implantations-Diagnostik, kurz PID. Zur Problematik der Gentests an künstlich befruchteten Eizellen heißt es in der LEIPZIGER VOLKSZEITUNG:

'Das Angebot an den Gesetzgeber und die Gesellschaft ist mit feiner Nadel und nicht großmaschig gestrickt. Es öffnet die Tür nur für Tests auf einige wenige unheilbare Leiden wie Mukoviszidose, und das in einem Stadium, wo der Embryo aus acht Zellen besteht. Die Parlamentarier sollten diese Pforte nicht zuschlagen, wenn sie in freier Gewissensentscheidung über die PID befinden müssen....In zehn Ländern Europas ist die Diagnostik des keimenden Lebens vor dem Einpflanzen in die Gebärmutter unter Auflagen zugelassen. Anders als bislang in der Bundesrepublik wird das dort als Chance und nicht als Schändung der Menschenwürde begriffen.'