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Presseschau von Freitag, 6.Dezember

Walter Lausch5. Dezember 2002

Zinssenkung der EZB / Sparpläne für die Bundeswehr

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Die Zinssenkung der Europäischen Zentralbank und die geplanten Sparmaßnahmen für die Bundeswehr, das sind die beiden Themen dieses Blickes auf die Kommentarseiten der deutschen Tageszeitungen vom Freitag. Zur Senkung der Zinsen um einen halben Prozentpunkt schreiben die BADISCHEN NEUESTEN NACHRICHTEN aus Karlsruhe:

"Mit der Entscheidung, die Zinsen kräftig zu senken und nicht nur einen Trippelschritt zu machen, haben Wim Duisenberg und seine Kollegen angesichts des weltweiten wirtschaftlichen Stimmungstiefs ein positives Zeichen gesetzt. Nach wie vor muss aber klar sein, dass Zinssenkungen kein Allheilmittel sind und dass sie kurzfristig vor allem eine psychologische Wirkung haben. Ihre Bedeutung für die wirtschaftliche Schubkraft wird zudem überschätzt."

Der NORDBAYERISCHE KURIER aus Bayreuth weist auf einen Tabubruch hin:

"Mit der reinen Lehre, wonach die Europäische Zentralbank alleine der Geldwertstabilität verpflichtet ist, hat die EZB nun gebrochen. Obwohl Euroland, was die Inflation angeht, über der selbstgesteckten Stabilitätsmarke von zwei Prozent liegt (November 2,2 Prozent), hat Chefbanker Wim Duisenberg den Leitzins kräftig nach unten geschraubt. Das ist gut so. Denn die Zentralbanker sind damit zielsicher vom EZB- Hochhaus aus in der Realwirtschaft gelandet. Die kommt vor allem in Deutschland, aber nicht nur hier, nur noch im Schneckentempo voran und braucht billigeres Geld, um kostengünstiger investieren zu können."

Die in Heidelberg erscheinende RHEIN-NECKAR-ZEITUNG will mehr als eine Zinssenkung:

"Die aktuellen Probleme löst die gestrige Senkung der Leitzinsen nicht. Damit rechnet auch niemand. Es ist nicht die Aufgabe der Zentralbank, die Fehler der Politik auszubügeln. Auch die Ankurbelung der Konjunktur steht nicht in den Statuten der Geldhüter. Deshalb hat sich Wim Duisenberg auch über ein Jahr lang gegen alle Senkungs- Forderungen ausgesprochen, denn die Inflationsgefahren schienen noch nicht gebannt. Aber mittlerweile sehen die ersten Auguren schon das Gespenst von Deflation und Rezession über Deutschland heraufziehen. Da können die Zinsen getrost gesenkt werden. Die Auswirkungen auf die Konjunktur treten im Normalfall erst nach mehrmonatiger Verzögerung ein. Angesichts der politischen Unsicherheit ist es fraglich, ob die Wirtschaft aber in den nächsten Monaten wirklich wieder in Gang kommt - es ist mehr ein Bangen als ein Hoffen."

Die Bundeswehr soll sparen und ihre Struktur verändern. Die OSTTHÜRINGER ZEITUNG aus Gera sieht den Bundesverteidigungsminister auf dem richtigen Weg:

"Verteidigungsminister Peter Struck zieht die überfälligen Schlüsse. Die von Amtsvorgänger Rudolf Scharping erarbeitete Reform der Bundeswehr ist nur noch in ihren Eckwerten haltbar. Die Struktur der Bundeswehr und ihre Bewaffnung müssen den neuen Aufgaben dringend angepasst werden. Im gleichen Atemzug hat Struck den im Grundgesetz verankerten Auftrag der Bundeswehr neu definiert. Wenn die Verteidigung Deutschlands weit vor unseren Grenzen, sogar im Hindukusch zum Schwerpunkt der Bundeswehr wird, verändert dies den auf Landesverteidigung ausgerichteten Charakter der Streitkräfte weit über die rein militärischen Aspekte hinaus."

Der MANNHEIMER MORGEN plädiert für eine Wehrpflichtarmee:

"Die Bundeswehr wird langfristig mobiler und internationaler werden. Struck hat diesen Wandel nicht nur erkannt, er fördert ihn auch. Insofern sind seine Ankündigungen mehr als eine bloße Nachjustierung der Scharping'schen Bundeswehrreform, sie sind in Wahrheit eine Reform der Reform. Nur vor dem allerletzten Schritt, der allerdings in seiner Logik beinahe zwingend ist, scheut sich Struck noch: In einer professionellen Armee mit gut ausgebildeten Spezialisten, die weltweit agieren, ist kein Platz mehr für Wehrpflichtige. Strucks Reform konsequent zu Ende gedacht läuft auf eine Berufsarmee hinaus."

Auch die FRANKFURTER RUNDSCHAU fordert radikalere Entscheidungen:

"Struck streicht Rüstungsprojekte zusammen, die ihm nach ausführlicher Prüfung überdimensioniert erschienen. Das ist löblich, reicht aber zur Generalsanierung der Armee nicht aus. Richtig mutig wird es erst, wenn noch mal über die Größe der Bundeswehr nachgedacht wird - am besten, ohne dafür den Hindukusch zur Hilfe zu nehmen."