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Presseschau von Montag, 21. Oktober 2002

zusammengestellt von Walter Lausch20. Oktober 2002

Nizza-Referendum in Irland / Parteitage von SPD und Grünen / Rücktritt von Jürgen Möllemann

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Die Zustimmung der Iren zum Vertrag von Nizza, die Sonderparteitage von SPD und den Grünen zur Billigung des Koalitonsvertrages und der überraschende Rücktritt des FDP-Politikers Jürgen Möllemann, das sind die Themen dieser Presseschau. Die FRANKFURTER RUNDSCHAU schreibt zum Ausgang des Referendums in Irland:

"Was bleibt, ist ein schaler Nachgeschmack. So ist die hypothetische Frage erlaubt, ob die 15 ihr Projekt genauso durchgezogen hätten, wenn nicht gerade das kleine Irland, sondern vielleicht ein großes Mitgliedsland sich im Verlauf des Ratifizierungsprozesses quer gestellt hätte. Augen zu und durch; so lange wählen, bis das Ergebnis stimmt. Das sind Szenarien, die im Zusammenhang mit dem jüngsten Nizza-Referendum durchaus bemüht werden können; umso mehr, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass Europa ja viel bürgernäher und demokratischer werden soll."

Auch die AUGSBURGER ALLGEMEINE meint, dass der Ausgang des Referendums kein Grund zum Jubeln ist:

"Das irische Nein vor einem Jahr und die Unsicherheit vor dem zweiten Referendum haben gezeigt, wie schmal der Grat zwischen Hoffen und Bangen ist, auf dem sich die Gefühle der Bürger gegenüber dem einstmals so begeistert begleiteten europäischen Einigungswerk bewegen. Viele Menschen spüren, wie unsicher der Weg in die Zukunft ist, wie wenig die jetzige 15er-Gemeinschaft auf die geplante Vergrößerung vorbereitet ist, die sie wirtschaftlich und in ihrer gesellschaftlichen Zusammensetzung dramatisch verändern wird."

Der MANNHEIMER MORGEN ist skeptisch gegenüber den Erweiterungsplänen der EU:

"Auch der positive Ausgang des Iren-Votums bedeutet in Wirklichkeit ja nicht mehr, als dass ein Hindernis weniger für die Erweiterung existiert. Man muss sich doch nur einmal vor Augen halten: Am kommenden Donnerstag und Freitag wollen die EU-Staats- und Regierungschefs auf einem Sondergipfel in Brüssel den Beitritt der zehn Staaten prinzipiell und Mitte Dezember in Kopenhagen feierlich beschließen. Dies, obwohl mit den Bereichen Landwirtschaft und Strukturpolitik noch nicht einmal EU-intern die wichtigsten und - weil so teuer - schwierigsten Politikkapitel geklärt sind. Und jetzt glaubt man im Ernst, in den wenigen verbleibenden Wochen jene sauberen Lösungen finden zu können, die über viele Jahre nicht möglich waren?

Der WESTFÄLISCHE ANZEIGER aus Hamm beschäftigt sich mit der Absage des Grünen-Parteitages an die Pläne des Parteivorstandes, auf die Trennung von Amt und Mandat zu verzichten:

"Zwei Seelen schlagen, ach, in ihrer Brust. Mit dem Realo-Kopf in der Regierung, mit dem Fundi-Herzen aber immer noch dem Gestern anhängend, haben sich die Grünen eines ihrer Standbeine beraubt. Weil ihnen der antiquierte Zopf der Trennung von Amt und Mandat lieber ist als zu viel Macht in wenigen Händen, hat auch ein geachtetes Duo wie Claudia Roth und Fritz Kuhn keine Chance. In schwierigen Zeiten wie diesen aber feuert man keine starke Führung. Den Grünen fehlen nicht nur Köpfe zum schnellen Wechsel, sondern angesichts inhaltlicher Probleme auch die Zeit zum Rückfall in eine alte Untugend: zur Beschäftigung mit sich selbst. Zwei Seelen können quälend sein..."

Für das HANDELSBLATT in Düsseldorf hat der Verlauf des Grünen-Parteitages auch Folgen für die SPD:

"Dass das Chaos bei den Grünen auch auf die SPD ausstrahlen wird, liegt auf der Hand. Für Kanzler Gerhard Schröder wird das Regieren mit den angeschlagenen Grünen nicht leichter, sondern schwerer. Ihm ist erneut deutlich vor Augen geführt worden, dass die Linken bei den Grünen, ob nun in Partei oder Fraktion, ihre Interessen ohne Rücksicht auf Verluste durchsetzen wollen."

Zum Schluss noch eine Stimme zum Rücktritt von Jürgen Möllemann von seinen Ämtern als nordrhein-westfälischer FDP- und Fraktionschef im Düsseldorfer Landtag. Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN meinen, dass der Rücktritt die Probleme nicht löst:

"Die Hoffnung mit dem Abgang der liberalen Skandalnudel die Probleme der FDP gelöst zu haben, könnte sich indes als trügerisch erweisen. Längst hat die Affäre Möllemann die ganze Partei und vor allem ihren Bundesvorsitzenden getroffen. Zu sehr hat sich Westerwelle auf die teils lächerlichen, teils peinlichen Wahlkampfgags des NRW-Landeschefs eingelassen, zu lange hat er gezaudert, um jetzt unbeschädigt zur Tagesordnung übergehen zu können."