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Presseschau von Montag, 30. Dezember

Walter Lausch30. Dezember 2002

Deutsches Stimmverhalten im Weltsicherheitsrat/Wahlen in Kenia

https://p.dw.com/p/32eO

Viele Kommentatoren der Tageszeitungen von Montag greifen die Andeutung von Bundesaußenminister Joschka Fischer auf, dass Deutschland im Weltsicherheitsrat nicht gegen einen Irak-Krieg stimmen könnte.

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU schreibt dazu:

"Wer sein Plazet im UN-Sicherheitsrat zu einem Krieg gibt, der muss dies auch inhaltlich begründen können. Das heißt: Die rot-grüne Regierung müsste ihre Überzeugung ändern. Und dann? Dann folgt der nächste schmerzhafte Spagat. Wer einem Militärschlag gegen Irak zustimmt - mit welcher Begründung kann der noch seine Beteiligung im
Grundsätzlichen verweigern? Wo liegt dann noch der Sinn einer ins Absurde abgleitenden Diskussion um die Fähigkeiten von Awacs- Aufklärungsflugzeugen? Warum sollen deutschen Spürpanzer vom Typ «Fuchs» dann in Kuwait verharren? Weil ihr ursprüngliches Mandat das
so vorsieht? Absurd. Mit all diesen Fragen wird sich die Regierung Schröder bei einem Ja im UN-Sicherheitsrat beschäftigen müssen, vor allem mit der Kardinalfrage: Welche militärischen Beiträge sind verantwortbar? Es wird Zeit, dafür Kriterien zu entwickeln."

Für das OFFENBURGER TAGEBLATT kommt die Fischer-Äußerung nicht überraschend:

"Lügen haben kurze Beine. Was der Volksmund schon immer wusste, hat sich nun in Sachen Irak-Krieg auf eindrucksvolle Weise erneut bestätigt: Wenn es zu einem militärischen Eingreifen kommt, dann ist Deutschland, dann sind deutsche Soldaten mit von der Partie. Nach der unverblümten Äußerung des Außenministers vom Wochenende darf sich der Kanzler an die Nase greifen. Gerhard Schröders «Wahllüge» aus Wahlkampfzeiten ist als solche entlarvt. Joschka Fischer hat Gerhard Schröders außenpolitischem Eiertanz ein Ende gesetzt."


Die OBERPFÄLZER NACHRICHTEN ziehen eine Verbindung zwischen Wahlkampf und dem Stimmverhalten im Weltsicherheitsrat:

"Wieder hat die rot-grüne Bundesregierung eines ihrer zentralen Wahlkampf-Versprechen einkassiert. Nach der Steuerlüge entpuppt sich nun auch das bedingungslose «Nein zum Irak-Krieg» als Ammenmärchen. Außenminister Joschka Fischer zweifelt zwar weiter am Sinn eines Einmarsches in Bagdad, aber im UN-Sicherheitsrat will Deutschland für den Waffengang votieren. Die Bündnispflichten wiegen schwerer
als die Zusagen gegenüber den Wählern."


Die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus Düsseldorf sieht Joschka Fischer auf einem schwierigen Kurs:

"Joschka Fischers Ambitionen sind bekanntlich mit dem Amt des Außenministers längst nicht erschöpft. Bevor er es jedoch zu höheren Weihen auf internationalem Terrain bringen kann, muss der ehemalige Turnschuhminister erst einmal seine gesamte Flexibilität - um nicht zu sagen Biegsamkeit - für einen anderen Titel aufwenden: Weltmeister im Spagat. Wahlversprechen hier, Bündnispflichten dort, Parteiräson einerseits und Schmusekurs mit den USA andererseits -
die Frage Krieg oder nicht Krieg zwingt den Außenminister zu einer Übung die immer mehr einem irakischen Eiertanz ähnelt."


Ein weiteres Kommentarthema ist der Ausgang der Wahl in Kenia. DIE GLOCKE aus Oelde meint:

"Die Präsidenten- und Parlamentswahl" in Kenia hat außer
Triumphator Mwai Kibaki noch einen weiteren Sieger: das kenianische Volk. Die Menschen in dem ostafrikanischen Land stimmten nach 24 Jahren der Ära von Präsident Daniel arap Moi friedlich für den Machtwechsel. Damit haben sie sich um die Demokratie auf dem schwarzen Kontinent verdient gemacht. Doch mit dem Sieg der Opposition, die endlich geschlossen auftrat, ist nur der erste Schritt getan. Der neue Präsident Kibaki steht vor gewaltigen Aufgaben. Er muss die vorhandene Aufbruchstimmung nutzen, um das völlig heruntergewirtschaftete Land wieder zu beleben. Dass er
umgehend den entschlossenen Kampf gegen die Korruption zur Hauptaufgabe erhob, stimmt zuversichtlich."

Die DRESDNER NEUESTEN NACHRICHTEN betonen, dass der Machtwechsel in Kenia keine Selbstverständlichkeit ist:

"Afrika bringe stets etwas Neues hervor, meinte der römische Schriftsteller Plinius vor rund 2000 Jahren. Dem steht heute die weit verbreitete Meinung gegenüber, aus Afrika gebe es stets dasselbe zu berichten Krankheit und Hunger, Armut und Gewalt, Diktatur und Bürgerkrieg. Für Afrika ist der gewaltlose Machttransfer zwar kein Novum, aber eine Seltenheit: Seit der Unabhängigkeit des Kontinents sind kaum ein Dutzend Staatschefs freiwillig gegangen. Amtszeiten von zwei bis drei Jahrzehnten sind eher die Regel denn die Ausnahme. Dennoch wird es Kenia schon wegen der tief verwurzelten Korruption immens schwer fallen, wirtschaftlich auf die Beine zu kommen."