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Pressestimmen aus Tschechien zu FPÖ-Volksbefragung

23. Januar 2002

– Gibt es in Europa nicht wenige Politiker, die derselben Meinung wie Premier Zeman sind, aber das nicht sagen?

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Prag, 22.1.2002, RADIO PRAG, deutsch

Die Tageszeitung "Mlada fronta dnes" schreibt dem tschechischen Premier die Schuld an der Eskalation der tschechisch-österreichischen Spannungen zu:

"Er hat den gesamten Konflikt durch einen unerhörten Ausspruch provoziert. Es geht im Moment nicht darum, ob uns Haider sympathisch ist oder nicht. Es geht darum, inwieweit es richtig, anständig und politisch nützlich ist, seine freche Nase auf solche Weise in die Probleme seiner Nachbarn zu stecken", kommentiert die Tageszeitung "Mlada fronta dnes" und befürchtet: "Zemans Initiative kann nicht nur die Spannung zwischen Tschechien und Österreich steigern, sondern auch die Spannung innerhalb der EU und zwischen der EU und den Kandidatenländern. Sie ist ein Zeugnis für den Stand der politischen Kultur in der Tschechischen Republik."

Die Zeitung "Lidove noviny" konstatiert: "Das von Haider inspirierte Referendum ist eine skandalöse Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Tschechischen Republik. Und die Äußerungen von Milos Zeman über Haider sind - wenngleich wahr - eine unnötige Einmischung in die inneren Angelegenheiten Österreichs."

Weiter warnt das Blatt vor einer internationalen Havarie größten Ausmaßes und stellt die Frage in den Raum:

"Wünschen sich das die übrigen österreichischen Politiker? Wünscht sich das Milos Zeman? Wenn nicht, sollten sie gemeinsam ihre Schrottpolitik beenden und eine internationale Katastrophe verhindern. Und zwar sofort."

Die Zeitung "Pravo" hingegen bezweifelt, dass Zemans Äußerungen politisch unklug waren:

"Zeman ist bestimmt nicht so ein schlechter Schachspieler, dass er nicht fähig wäre abzuschätzen, dass er viele österreichische Bürger in Rage bringt, Haider in die Hände arbeitet. Wahrscheinlicher ist, dass er sich um einen Schachzug bemüht, der ihm bei den nächsten Zügen Vorteile bringen soll. Zumindest die Heimvorteile liegen klar auf der Hand: Ich weiß nicht, wie viele Stimmen Zeman für die Haider-Partei gewonnen hat, aber für die eigene sozialdemokratische waren es sicherlich nicht wenige. Was das Ausland anbelangt, steht es zwar im Moment scheinbar recht schlecht, aber ganz sicher nicht chancenlos. Vergessen wir nicht, dass es in Europa nicht wenige Politiker gibt, die derselben Meinung wie Zeman sind, aber das nicht sagen." (ykk)