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Presse zum Mord an Bhutto

9. Januar 2008

Das Attentat auf Benazir Bhutto kommentieren zahlreiche Zeitungen in Europa. Die Kommentatoren würdigen die Rolle Bhuttos in Pakistan und befassen sich mit möglichen Folgen des Anschlags für das Land.

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Schlagzeilen zum Mord an Bhutto (28.12.2007, Quelle: AP)
Bild: AP

"Guardian" aus London

"Der Mord an der Oppositionsführerin Benazir Bhutto war so schrecklich wie vorhersehbar. Sie war eine charismatische und mutige Demokratin - trotz all ihrer Fehler. Ihr Tod wird nicht nur für Pakistan, sondern für die ganze Welt sehr gefährlich sein. Wenn irgendjemand ihr Land nach Jahrzehnten der militärischen Missherrschaft vereinen hätte können, dann sie. Kein anderer pakistanischer Anführer kann ihren Platz einnehmen. Die Hoffnung, dass das politische Chaos mit den Wahlen am 8. Januar enden würde, waren schon vor Bhuttos Tod sehr vage. Nun sind sie alle ausgelöscht worden."

"Libération" aus Paris

"Der Mord an Benazir ist eine dramatische Eskalation. Durch ihn wird der Bestand dieses Staates, der auch 60 Jahre nach seiner Gründung noch immer Probleme mit seiner Identität und seiner Stabilität hat, in Gefahr gebracht. Trotz ihrer Grenzen, trotz der Korruption in ihrer ebenso reichen wie feudalistischen Familie erschien Benazir als einzige demokratische, laizistische und bürgerliche Alternative zum dem sehr brutalen Pervez Musharraf. Ihr Tod kann nur diesem General dienen, der sich zwischen immer stärker vertretenden Islamisten und einer Armee bewegt, die zum Staat im Staat geworden ist."

"Neue Zürcher Zeitung" aus Zürich

"Benazir Bhutto, die einflussreichste Politikerin Pakistans, hat einen absurd hohen Preis für ihren Ehrgeiz bezahlt, die Pakistan People's Party erneut zu einem Sieg in Parlamentswahlen zu führen und nach zwei vorzeitig beendeten Amtszeiten wiederum Premierministerin zu werden. Dass sie bereit war, um ihrer politischen Berufung willen selbst ihr Leben aufs Spiel zu setzen, zeigt die Größe ihres Ehrgeizes an, belegt aber auch die Tragik der politischen Verhältnisse in einem Land, in dem die Eliten tödlich verfeindet sind und ungesetzliche Gewalt immer mehr zum üblichen Mittel der Konfliktaustragung wird."

"Corriere della Sera" aus Rom

"Ein destabilisiertes Pakistan hätte nicht die Kraft, El Kaida und die Taliban in den Regionen jenseits der Grenze zu Afghanistan zu bekämpfen. Schlimmer noch, es bestünde die Gefahr, dass seine Nuklearwaffen in die falschen Hände gerieten. Der Preis des Chaos ist zu hoch, um nicht zu glauben, dass es einmal mehr die Generäle sein werden, die Ordnung zu schaffen versuchen. Und darin wird die internationale Gemeinschaft dann vielleicht das kleinere Übel sehen. Pakistan aber wird, mehr denn je, eine Zeitbombe bleiben. Eine atomare Zeitbombe."

"de Volkskrant" aus Den Haag

"Ist ein Szenario denkbar, in dem Musharraf und die Führer der Opposition eine bittere, lähmende Konfrontation vermeiden? Entscheidend ist, ob es dem Präsidenten gelingt, den Eindruck auszuräumen, dass er etwas mit dem Anschlag zu tun hat. (...) Und diesen Kraftakt muss er mit einen Minimum an Glaubwürdigkeit verrichten, denn er hat nicht nur die politische Klasse von sich entfremdet, sondern sich auch als schwaches Glied im Kampf gegen den Terrorismus erwiesen. In dieser heiklen Situation kann der Verbündete USA wenig ausrichten. Denn auch für die amerikanischen Sekundanten war Bhutto die Königin im pakistanischen Schachspiel. Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass ein Großmeister erscheint, der das Land vor einem Chaos behütet, das sich in der gesamten Region niederschlägt - nicht zuletzt im Nachbarland Afghanistan." (mg)