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Pressestimmen vom Montag, 10. November 2003

Gerhard M. Friese9. November 2003

Der Terroranschlag in Saudi-Arabien / Die Lage im Irak / Gedenken an die Reichspogromnacht

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Der Terroranschlag in Saudi-Arabien, die Lage im Irak und das Gedenken an die Reichspogromnacht beherrschen die Kommentarseiten deutscher Tageszeitungen.

Zum Anschlag in Riad schreibt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

"Keinen Zweifel gibt es daran, dass die Besetzung des Iraks durch amerikanische und englische Truppen den Terroristen in der arabischen Welt - und darüber hinaus - neue Rekruten zugeführt hat... Es wäre verhängnisvoll für die westliche Politik, wenn zu den beiden großen Brandherden - Irak und Palästina-Konflikt - nun noch eine Krise in Saudi-Arabien käme. Der Sturz Saddam Husseins hätte dann nicht, wie in Washington erhofft, den nahöstlichen Problemknoten durchschlagen, sondern eine Kettenreaktion der Instabilität in Gang gesetzt."

In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG aus München heisst es:

"Der Terror Bin Ladens und der Restanhänger Saddam Husseins steuert die Region weiter an den Rand des Chaos. Amerika ist am Entstehen dieses Chaos mitschuldig. Die verantwortlichen Politiker in Washington haben, zum Beispiel, nie erkannt, welche destruktiven Kräfte ihre einseitige Unterstützung Israels in der arabischen Welt freisetzen muss. Spätes Gegensteuern wie die für den Irak, aber auch für Saudi-Arabien angekündigte Truppenreduzierung oder die Verkündung der demokratischen Heilsbotschaft werden deshalb wirkungslos bleiben. Amerika steht mit seinem Kampf gegen El Kaida erst ganz am Anfang."

Der Bonner GENERAL-ANZEIGER sieht die Ursache im Lande selber:

"Die Autobombe in Riad, die zweite schon in diesem Jahr, erinnert sehr nachdrücklich an die Vorgeschichte der Terrorbewegung, die - gestützt auf das radikalislamische Modell des saudischen Wahabismus, angeheizt von saudischen Predigern und finanziert mit saudischen Ölmillionen - in Saudi-Arabien ihren Ausgang nahm. Sie richtete sich von Anfang an nicht nur gegen die Existenz Israels und den amerikanischen Vormachtanspruch in der Region, sondern auch gegen die doppelzüngige Politik der Dollar-süchtigen Herrscherfamilie und ihren Machtwillen."

Mit der explosiven Lage im Irak befasst sich DER TAGESSPIEGEL aus Berlin:

"Der Vizeaußenminister widerlegt den Präsidenten. Am 1. Mai hatte George W. Bush sich auf einen heimkehrenden Flugzeugträger bringen lassen, um das glückliche Ende des Irak-Kriegs zu verkünden. Nun spricht Richard Armitage in Bagdad von einem 'Aufstand' und fügt hinzu, 'das ist ziemlich nahe am Krieg'...Auch die Gegenmaßnahmen belegen, dass Amerika es nicht nur mit Anschlägen einzelner Terroristen zu tun hat, die sich polizeilich bekämpfen lassen. Die Luftwaffe bombardiert jetzt wieder Saddam Husseins Heimatstadt Tikrit. Das heißt, die Nachkriegszeit hat noch gar nicht begonnen."

Das Düsseldorfer HANDELSBALTT merkt an:

"Washingtons Antwort auf den anhaltenden Widerstand lautetet: 'Irakifizierung', die rasche Übergabe der Sicherheitsaufgaben an irakische Polizisten und Armee. Auf den ersten Blick sieht das nach dem aus, was Franzosen und Deutsche seit langem fordern. Doch verbirgt sich dahinter keine Übergabe der Macht, sondern eine Exit-Strategie des Innenpolitikers Bush. Wenn er im kommenden Wahlkampf bestehen will, muss er GIs in die Heimat zurückholen. Eine überhastete Übergabe der Schmutzarbeit an kaum ausgebildete Irakis, bevor eine Verfassung oder gar Wahlen abzusehen sind, bringt aber keine Sicherheit und gefährdet das gesamte Wiederaufbauprojekt."

Das Gedenken an die Reichspogromnacht und die rechtsextremen Ausfälle von Politikern der CDU kommentiert der in Neubrandenburg erscheinende NORDKURIER:

"Verheerend die Nachsicht, die die CDU-Parteispitze mit dem geistigen Brandstifter Hohmann walten lässt...Da ist es wenigstens ein Hoffnungsschimmer, wenn beispielsweise die Unions-Ministerpräsidenten Edmund Stoiber und Dieter Althaus klare Worte finden gegen die Ausfälle ihres Parteifreundes. Allein im Jahr 1938 machten Nazi-Brandstifter in Deutschland mehr als 1.100 Synagogen dem Erdboden gleich. Zu diesem Zeitpunkt war der Vernichtungsfeldzug gegen die Juden bereits in vollem Gange. Doch lange vorher hatte das Unheil mit Worten begonnen."

Und die NEUE RHUR- NEUE RHEIN-ZEITUNG aus Essen schreibt zum deutsch-jüdischen Zusammenleben:

"Normal, im Sinne von alltäglich, ist etwas anderes. Das wird das traumatisierte Verhältnis zwischen Nichtjuden und Juden in Deutschland wohl auch nicht werden. Denn sich erinnern gehört zum Wesen des Menschen. Ohne Vergangenheit hat er keine Gegenwart und keine Zukunft. Das gilt auch für ein Volk."