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Pressestimmen von Dienstag, 02. April 2002

Michael Wehling2. April 2002

Neue Eskalation im Nahen Osten

https://p.dw.com/p/239w

Beherrschendes Thema der Kommentare in den deutschen Tageszeitungen ist weiter die Eskalation der Gewalt im Nahen Osten.

Die in Berlin herausgegebene Tageszeitung 'DIE WELT' schreibt:

'Israel befindet sich im Krieg. Er wurde dem Land aufgezwungen von den apokalyptischen Nihilisten der islamistischen Terror- Organisationen Hamas, Dschihad und Al-Aksa-Brigaden. ... Mit der 'Operation Wall' will (Israels Premier Ariel) Scharon das erledigen, wozu (Palästinenser-Präsident Jasser) Arafat nie in der Lage war oder was er auch nicht wollte: die Aushebung aller Terrornester in den autonomen Palästinensergebieten'.

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG hebt hervor:

'Es ist nicht zu bestreiten, dass Selbstmordkommandos von radikalen, islamistischen Palästinensergruppen - auch aus der Umgebung des Friedensnobelpreisträgers Arafat - ausgesendet werden, die keinerlei Interesse daran haben, dass die Gewalt ein Ende hat und das palästinensisch-israelische Verhältnis auf den Weg der Spannungsminderung zurückfindet. Diesen Gruppierungen ist vielmehr daran gelegen, den Konflikt bei hoher Temperatur zu halten'.

Im GENERAL-ANZEIGER aus Bonn heißt es:

'Man kann über das Ausmaß der israelischen Attacke streiten, ja entsetzt sein - grundsätzliches Verständnis für diese muss man angesichts der wirklich alltäglichen Blutbäder aufbringen. ... Auf der anderen Seite muss man den Nutzen der israelischen Militäraktion nachfragen ... Scharon hat, in seinen eigenen Worten, mit der Offensive dem Terror den Krieg erklärt - und erntet mehr Terror- Anschläge denn je'.

In der HEILBRONNER STIMME ist zu lesen:

'Arafat schickt die Selbstmörder mit den Bomben am Körper nicht aus, er kann sie tragischerweise aber auch nicht aufhalten. Der 'Rais' bleibt dennoch für jeden Palästinenser und viele Araber das Symbol des Widerstands. Seine Quasi-Gefangenschaft empfindet die überwältigende Mehrheit als bewusste Demütigung. Stirbt Arafat, erhält dadurch ein ganzes Volk einen 'Märtyrer Deluxe'...'.

Ähnlich sieht es die SAARBRÜCKER ZEITUNG:

'Das Militär macht also Politik. Ariel Scharon hat sich
offensichtlich endgültig entschieden, den Palästinenserführer Jassir Arafat kalt zu stellen, möglicherweise ist sogar geplant, dass Arafat einem gezielten Angriff zum Opfer fällt. Dann hätte Scharon zwar einen 'Feind' weniger, aber gar nichts erreicht. Denn spätestens nach Arafats Tod dürfte der Hass der Palästinenser auf breiter Basis eskalieren'.

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG fordert ein Eingreifen der Staatengemeinschaft:

'Um den großen Krieg als schlimmste Form der Eskalation zu
verhindern, wäre statt bloßer Appelle eine druckvolle Einmischung von außen nötig. Im Prinzip hat die Weltgemeinschaft auch für solche Fälle - zwei Völker schlagen auf einander ein, und es gibt keine Einsicht für die Sinnlosigkeit der Gewalt - klare Konzepte entwickelt: Die Konfliktparteien müssen getrennt und die Trennung muss von einer Friedenstruppe abgesichert werden. ... Für die Umsetzung eines solchen Konzeptes werden die Amerikaner gebraucht. Washington aber hat sich bislang immer Israel angeschlossen, das eine 'Internationalisierung' des Konflikts kategorisch ablehnt'.

Auch die BERLINER ZEITUNG argumentiert in diese Richtung:

'Mit Appellen, Diplomatie, Wehklagen und Telefongesprächen können Amerikaner und Europäer nichts bewirken. Wenn sie dem blutigen Treiben Einhalt gebieten wollen, müssen sie sich stärker als bisher engagieren. Dazu würde im äußersten Fall auch gegen der erklärten Willen Israels ein UN-Mandat gehören, das die Entsendung einer Friedenstruppe erlaubt. Falls sie das nicht wollen, müssten Amerikaner und Europäer diese undankbare Aufgabe selber übernehmen'.

Abschließend ein Blick in die FRANKFURTER RUNDSCHAU. Das Blatt hebt einen besonderen Aspekt des Konflikts hervor:

'Die Brandanschläge auf Synagogen in Frankreich und Belgien belegen, wie absurd Hoffnungen sind, der Quasikrieg zwischen Israelis und Palästinensern bleibe auf den Nahen Osten beschränkt. Die brennenden Synagogen vom Osterwochenende, aber auch direkte Angriffe auf
Franzosen jüdischen Glaubens, zeigen die unmittelbare Reaktion auf die Eskalation der Gewalt im Nahen Osten'.