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Pressestimmen von Dienstag, 04. März 2003

zusammengestellt von Susanne Eickenfonder3. März 2003

Raketenzerstörung Irak / SPD-Schlappe in Schleswig-Holstein

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Die weitere Abrüstung des Irak und die schwere Niederlage der SPD bei der Kommunalwahl in Schleswig-Holstein - das sind die zentralen Themen der Kommentatoren der deutschen Tagespresse.

Zur Situation der Sozialdemokraten schreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:

"Das Vertrauen der Bevölkerung, das diese Bundesregierung in der Außenpolitik gewonnen hat, hat sie in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik komplett verloren... Die Wähler meiden die SPD nicht deswegen, weil ihnen Opfer zugemutet werden... Aber sie wollen wissen, wofür sie Opfer bringen sollen - und Gewissheit haben, dass es dabei irgendwie gerecht zugeht."

Ähnlich sieht es die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

" Das Volk ist vom Bundeskanzler und seiner Partei zutiefst enttäuscht - die grundsätzliche Übereinstimmung in der Gegnerschaft zu einem Irak-Krieg ändert daran nichts. Schröder kann daraus, jedenfalls derzeit, keinen Honig saugen. Und der Flutbonus ist so schnell wie der Pegel der Elbe gesunken."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU analysiert:

"In einer Zeit, da existenzielle Verunsicherung bis tief in die Mittelschichten wirkt, bleibt die Sozialdemokratie schlüssige Antworten schuldig, verliert sich in einer Kakophonie ihrer Minister und der Unverbindlichkeit der Räte. Das wird vom Volk bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit Stimmenentzug bis an die Schmerzgrenze geahndet. Hessen, Niedersachsen und jetzt Schleswig-Holstein - die Kette des Missvergnügens wird sich fortsetzen für die Sozialdemokraten."

Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder stellt fest:

"Die Wähler können momentan offensichtlich das schlüssige Gesamtkonzept nicht erkennen, das notwendig wäre, um wirklich umfassende Strukturreformen an den Sozialsystemen wie im Steuerrecht mehrheitsfähig zu machen. Schröders Politik hat kein Vermittlungsdefizit - sie hat ein konzeptionelles Defizit."

Und die OSTTHÜRINGER ZEITUNG in Gera meint:

"Die Partei wurde gnadenlos abgestraft. Es ist kaum anzunehmen, dass in Kommunen und Landkreisen seit der Bundestagswahl so viele politische Fehler gemacht wurden und die Wähler dafür die Rote Karte zückten. Andererseits dürften die CDU-Kommunalpolitiker in diesem halben Jahr wohl kaum derart an Profil gewonnen haben, dass sie den grandiosen Wahlsieg völlig aus eigener Kraft schaffen konnten. Der heftige Stimmungsumschwung lässt vielmehr darauf schließen, dass die Wähler den Wechsel keineswegs aus rein kommunalpolitischen Gründen wollten."


Themenwechsel. Mit der Verschrottung der Mittelstreckenraketen im Irak befasst sich die B.Z. aus Berlin:

" Der Diktator in Bagdad... hat mit der zelebrierten Raketen- Zerstörung ein neues Spiel begonnen. Doch Bush und seine Koalition wird nicht mitspielen. Saddam setzt auf weiteren Zeitgewinn und noch mehr Streit zwischen den USA und 'old Europe'. Schon jetzt hat er erreicht, dass auch nach seiner militärischen Entwaffnung innerhalb des Westens nichts mehr so sein wird, wie zuvor. Doch Saddams Zeit geht unweigerlich zu Ende. Das Beste wäre, er nähme das Asyl-Angebot seiner Freunde in Nordkorea an."

Die FREIE PRESSE in Chemnitz geht auf die Ankündigung des Irak ein, in der nächsten Woche Informationen zu chemischen und biologischen Kampfstoffen vorzulegen:

"Bagdad hat stets behauptet, die verbotenen Stoffe seien allesamt vernichtet worden. Doch niemand war dabei... Nun soll dieser Beweis nachgeliefert werden...Allzu hohe Erwartungen an den Bericht sollte die Völkergemeinschaft aber nicht haben, denn bisher war es um die Glaubwürdigkeit solcher irakischer Erklärungen ja nicht sonderlich gut bestellt gewesen."

Abschließend noch der MANNHEIMER MORGEN, der nach dem Nein des türkischen Parlaments zur Stationierung von US-Soldaten nach Washington blickt:

"Präsident George Bush muss ein weiteres Mal erkennen, dass er mit seinem Kurs des 'notfalls allein' nicht überall durchkommt. Diplomatische Überzeugungsarbeit tut Not, anstatt im Bewusstsein eigener militärischer Stärke rücksichtslos vorzupreschen. Da sich auch mit Dollars nicht jedes Ja erkaufen lässt, bleibt es spannend zu beobachten, wie die USA im Sicherheitsrat die noch unentschiedenen kleinen Staaten auf ihre Seite bringen wollen."