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Pressestimmen von Dienstag, 04. Mai 2004

zusammengestellt von Walter Lausch3. Mai 2004

Zuwanderungsgespräche ohne Grüne/Unklarheit über Sparkurs der Bundesregierung/Abstimmungsniederlage von Israels Ministerpräsident Scharon

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Der Ausstieg der Grünen aus den Gesprächen über ein Zuwanderungs- gesetz, die Diskussion über den Sparkurs der Bundesregierung und die Niederlage des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon bei einer parteiinternen Abstimmung über den Siedlerabzug aus dem
Gaza-Streifen, das sind die Themen dieser Presseschau.

DIE WELT aus Berlin schreibt zum Ausstieg der Grünen:

"Die Grünen schießen den Vogel ab: Über Wochen haben sie das Zuwanderungsgesetz systematisch schlechtgeredet trotz der unstrittigen Fortschritte, die es brächte. Und jetzt drohen sie mit dem Irrationalsten, das sie in diesem Streit zu bieten haben: der eigenen Basis. Damit verabschieden sie sich als kompromissfähiger Verhandlungspartner. Natürlich werden weder Otto Schily noch der Kanzler die Koalition an einem Veto der Grünen zerschellen lassen. Dem Land, das geregelte Zuwanderung braucht, nutzt das alles freilich nichts."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU betont, dass die SPD ihren Koalitonspartner unterschätzt hat:

"Am Ende stand vor allem das taktische Argument im Vordergund, dass ein Scheitern Prestigeverlust bedeuten könnte und Gesichtsverlust für den eigenen Innenminister. Umgekehrt konnten auch die Grünen die Zuwanderungsverhandlungen nur noch unter dem Blickwinkel bewerten, dass für ihre eigene Klientel das Maß der Zumutungen längst übererfüllt war. Die Sozialdemokraten konnten deshalb wissen, dass die Grünen die Notbremse zum Ausstieg aus den Verhandlungen ziehen würden. Dass Franz Müntefering und Otto Schily jetzt davon überrascht sind, spricht eher dafür, wie wenig sie ihren Koalitionspartner kennen - und wie wenig ernst sie genommen haben, dass die Grünen das Zuwanderungsgesetz wirklich ernst genommen haben."

Der BERLINER KURIER greift die Diskussion über den Sparkurs der Regierung auf:

"Das Schröder-Team spielt derzeit Jo-Jo: Mal rauf, mal runter. Sparen ist zu Ende - kauft, Leute, kauft, hieß es noch vorgestern. Nee, alles falsch, sagte der neue SPD-Chef Franz Müntefering gestern. Alles bleibt, wie es ist. Jeder plappert daher, was er so für richtig hält. Es zeigt mir nur, wie hilflos diese Regierung derzeit in der Wirtschafts-und Finanzpolitik ist. Das ist bitter."


Hilflosigkeit spürt auch die 'OSTTHÜRINGER ZEITUNG' aus Gera:

" Plötzlich regt sich bei rot-grünen Koalitionspolitikern wieder die Lust am Geldausgeben. Jetzt, da der Sinneswandel an die Öffentlichkeit gelangte, wird kräftig dementiert: Es sei keine Abkehr vom notwendigen strikten Sparkurs, heißt es. Aber die Koalition müsse schon alles Mögliche tun, um die Erholung der Wirtschaft zu unterstützen, heißt es auch.Trotzdem soll es kein neues Sparpaket geben, dafür aber Milliarden für Bildung und Innovation. Vor einer ganzen Reihe von Wahlen machen sich derartige Botschaften gut. Ob Wähler aber mit solcher Hau-Ruck-Politik milde gestimmt werden, bleibt fraglich."

Israels Ministerpräsident Ariel Scharon hat bei der Abstimmung seiner Likud-Partei über einen Rückzug aus dem Gaza-Streifen eine Niederlage erlitten. Für die THÜRINGER ALLGEMEINE aus Erfurt hat Scharon die Lage falsch eingeschätzt:

"Dicht lagen Triumph und Niederlage beieinander. Da es ihm gelungen war, Präsident Bush auf seine Seite zu ziehen, nahm Israels Premier an, dass ihm seine Likud-Partei nun erst recht mit wehenden Fahnen folgt. Die Selbstüberschätzung will Ariel Scharon dennoch nicht einsehen. Mit dem Nein seiner Partei in dieser Frage kann er aber fortan auch kaum mehr mit einer Kabinettsmehrheit rechnen. Nicht von ungefähr legte ihm Oppositionsführer Schimon Peres den Rücktritt nahe."

Auch die in Hamburg erscheinende FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND wundert sich:

"Machtinstinkt hat immer zu den Stärken von Israels Premierminister Ariel Scharon gehört. Sicher und leichtfüßig pflegt er sich für gewöhnlich in Dschungel der Innenpolitik zu bewegen. Doch beim parteiinternen Referendum zum Rückzug aus dem Gaza-Streifen hat sein Instinkt grandios versagt. Scharon hat sich über- und seine Likud-Partei unterschätzt. Deren Verbundenheit zur Siedlerbewegung
ist ungebrochen. Die Hoffung im Ausland - auch in Berlin - , dass der angekündigte Rückzug zumindest Bewegung in den Friedensprozess bringen könnte, ist damit erst einmal dahin."