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Pressestimmen von Dienstag, 06. August 2002

zusammengestellt von Hanns E.Petrik5. August 2002

Schröder-Wahlkampf / Müntefering-BILD-Zeitung

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Der Auftakt des Wahlkampfes für die Bundestagswahl im September durch die Sozialdemokraten beherrscht erwartungsgemäß die Kommentare der Zeitungen an diesem Dienstag. Ebenso wichtig nehmen die Analysten des Tagesgeschehens aber auch den juristischen Vorstoss der SPD gegen die BILD-Zeitung in Sachen Bonusmeilen.

Zunächst zum SPD-Vorsitzenden Gerhard Schröder und zum Wahlkampf - dazu lesen wir in der Berliner 'B.Z.':

'Endlich ist der Wahlkampf 'heiß'. Die SPD hat es beschlossen. Einletzter Versuch, aus der Defensive zu kommen. Denn anhaltendeArbeitslosigkeit und Wirtschaftsflaute, drastische Steuereinbrüche und bankrotte Städte, Renten- und Krankenversicherungen in Not, Ron
Sommers und Scharpings Rücktritt - so kann die SPD die Wahl nicht gewinnen. Also sollen auf die Schnelle noch einmal neue Themen her. Gerhard Schröder als Außenpolitiker? Das war er noch nie...Der Irak als Aufmarschfeld für die Bundeswehr? Ein Popanz, den wohl nur
der fürchtet, der den USA einmal fahrlässig 'uneingeschränkte Solidarität' versprochen hat.'

Auch DIE WELT sieht die aussenpolitische Komponente im Wahlkampf:

'Mit Blick auf die schwindenden Umfragewerte greift Gerhard
Schröder nach Saddam Hussein wie der Ertrinkende nach der
Schwimmweste. Der Kanzler hofft, die erboste Abwehr eines noch nicht geführten Krieges gegen den Irak werde ihm helfen, die depressiv-phlegmatischen Wahlkämpfer in den eigenen Reihen wachzurütteln, die ergrauten Vertreter der Friedensbewegung hinter sich zu scharen und die nach den vielen Auslandseinsätzen ihrer Soldaten ermüdeten Deutschen auf seine Seite zu ziehen. Die SPD ist für den Frieden - die Union für den Krieg. So einfach ist das für den
Kanzler und seine Parteifreunde. Ein mögliches Votum des
Sicherheitsrates für einen Angriff scheint die SPD nicht zu kümmern.'

Schliesslich heisst es in der FRANKFURTER RUNDSCHAU:

'Schröder hat sich mit der Parole «keine Abenteuer» schon
immer gegen solche Pläne gestemmt. Insofern ist es keine Wende in der Sache, wenn er diesen Widerstand jetzt erneut artikuliert. Er hat es freilich früher dem geneigten Publikum überlassen, zu spekulieren, was genau er mit der Absage an Abenteuer meint. Es ist also eine Wende in der Präsentation, wenn er jetzt seinerseits insistiert, die Sache sei wichtig und akut. Warum auf einmal? Die bislang gegebenen Erläuterungen sind völlig unzureichend und legen den Verdacht nahe, das Hauptmotiv sei eben doch: gewinnen wollen.

Themawechsel und zum SPD-Generalsekretär und dessen Gefecht gegen die Presse. Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt an der Oder kommentiert:

'Münteferings Gegenkampagne in der Bonusmeilen-Affäre und seine Strafanzeige gegen die Bild-Zeitung ist eine ganz schwache Nummer, die ihre Wirkung verfehlen wird. Mag sein, dass hier der Datenschutz kollidiert mit den Ableitungen aus Artikel 5 des Grundgesetzes, der die Meinungsfreiheit und die Freiheit der Presse postuliert. Dieser Artikel ist ein so hohes Rechtsgut, dass der Datenschutz im Zweifel wird zurück stehen müssen. Jedenfalls wird dessen Missbrauch zur Unterdrückung lästiger Nachrichten vor höchsten Gerichten kaum Bestand haben.'

Und der MANNHEIMER MORGEN meint:

'Franz Müntefering hätte besser beim Alten Fritz nachlesen sollen. Gazetten dürften, 'wenn sie interessant sein sollten', nicht 'genieret' werden, gab einst Friedrich der Große seinen Zensoren zu bedenken. Doch der SPD-Generalsekretär hat seine eigenen Vorstellungen von Pressefreiheit: Anstatt mit den anderen Parteien eine saubere Lösung für die Bonusmeilen der Abgeordneten zu suchen, schlägt er mit einer Strafanzeige gegen die Freiflug-Entdecker zu. Das ist etwa so, als würde ein Langfinger beim Einbruch von der Polizei erwischt und anschließend die Ordnungshüter wegen
Freiheitsberaubung verklagen.'

Zum Abschluss noch eine Betrachtung zum Thema in der SAARBRÜCKER ZEITUNG:

'Dass die Bild-Zeitung einseitig Rot-Grün anschießt, ist zu kritisieren. Nur: Auch Müntefering müsste Ausrichtung und Image dieser Zeitung kennen. Oskar Lafontaine ...ist Münteferings Vorbild: Hatte der doch einst als saarländischer Landesvater mit einem inzwischen entschärften Saar-Pressegesetz sein Mütchen an der Journaille gekühlt, die seine Pensionsbezüge, «verraten» hatte.'