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Pressestimmen von Dienstag, 07. Mai 2002

Michael Wehling 8. Mai 2002

Wahlausgang in Frankreich/Wahlprogramm der Union/ Streik der IG Metall

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Die Kommentatoren der Tageszeitungen beschäftigen sich mit dem von Kanzlerkandidat Edmund Stoiber vorgestellten Wahlprogamm von CDU und CSU und dem Beginn des Streiks in der Metallindustrie. Zunächst aber eine Stimme zum Ausgang der Präsidentschaftswahl in Frankreich:

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG erläutert:

(Der Rechtsextremist) 'Jean-Marie Le Pen ist gescheitert, er ist auf seine wahre Größe reduziert worden. Bei näherer Betrachtung ist diese zwar nicht beängstigend, freilich noch immer beunruhigend. Le Pen wird auch in Zukunft keine Macht haben und sein Einfluss bleibt begrenzt, aber sein Potenzial ist nicht zu vernachlässigen. Knapp 18
Prozent, also noch fast jeder fünfte Wähler, haben für ihn gestimmt, das sind immerhin fünfeinhalb Millionen Franzosen.'

Nun zur Innenpolitik. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG schreibt zur Union:

'Es mag die Lehre aus früherer allzu großer Selbstgewissheit sein, es könnte aber auch eine als Realismus getarnte Unsicherheit sein, dass die Union sich '40 plus x' zum Wahlziel gesetzt hat. Das Wesen dieser Losung ist, dass Stoiber mit dem Eingeständnis in den Wahlkampf geht, selbst im Erfolgsfall auf einen Koalitionspartner angewiesen zu sein. Und als solcher kommt, wie die Dinge nun einmal stehen, allein die FDP in Frage. Das - gemeinsame - Wahlprogramm der CDU und CSU, insbesondere sein Wirtschafts- und Sozialteil, ist auch unter dem Gesichtspunkt verfasst, dass es sich in einer Koalition mit der FDP ohne Streit verwirklichen lassen können muss.'

Die BERLINER ZEITUNG notiert:

'Dass er Bayern zum Klassenbesten gemacht hat, ist das stärkste Pfund des bayerischen Ministerpräsidenten. Sein Versprechen, 'Deutschland in Europa wieder an die Spitze' zu führen ist Stoibers eigentlicher Wahlkampfschlager. ... kein aufrichtendes Manifest haben die Parteipräsidien am Montag abgenickt, sondern einen Katalog zusammenkopierter Allgemeinplätze - reich an vagen Zielen und auffällig arm an konkreten Aussagen. Der eigentliche rote Faden liegt
darin, dass bezahlt wird nach dem Prinzip Hoffnung. Der Aufschwung, die 'Stoiberwelle', muss es richten. Zur Kasse gebeten wird keiner.
Vom 'Kompetenz-Team' der Union hatte man mehr erwartet.'

Die NEUE WESTFÄLISCHE aus Bielefeld bemerkt:

'Stoiber zu packen, kommt dem Fangen eines Aales gleich. Er ist nicht zu fassen. Fast alle Ankündigungen und Segnungen stellt er - sicherlich zu Recht - unter einen Finanzierungsvorbehalt. Kaum konkrete Versprechungen. So setzt sich der Kanzlerkandidat nicht so leicht dem Vorwurf aus, sein Programm sei nicht zu bezahlen. Und er
macht es den SPD-Strategen schwer, ihn zu attackieren.'

In der FRANKFURTER RUNDSCHAU heißt es:

'Wahlen, so lautet ein alter Grundsatz, werden selten gewonnen. Sie werden verloren. So war das bei Helmut Kohl. ... Und wie wird es bei Gerhard Schröder? Damit der Kanzler unter die Loser fällt, muss der Möchtegern-Winner zunächst eins machen: keine Fehler. Das Wahlprogramm, das Edmund Stoiber mit Angela Merkel vorgelegt hat, erfüllt diese Anforderungen. Es reißt niemanden vom Hocker, weder im Positiven noch im Negativen.'

Zum Beginn des Streiks in der Metallindustrie lesen wir im
HANDELSBLATT aus Düsseldorf:

'Nun also ist die Tarifrunde 2002 dort angelangt, wo Gerhard
Schröder sie nicht haben wollte: beim Streik. Damit ist die Hass- Liebe zwischen der Schröder-SPD und der IG Metall um eine Facette reicher. Die Frage nämlich, ob ein Arbeitskampf die SPD den Wahlsieg kostet. Schröder und seine Genossen befürchten das. Die Bilder protestierender Metaller, die jetzt allabendlich in die Wohnzimmer flimmern, sind schließlich keine Wahlwerbung für eine Arbeitnehmerpartei. Und die Unternehmen bremst der Streik bei ihren Investitionen. Das ist schlecht für einen Aufschwung, über den zwar viel geredet wird, den es bisher aber nicht gibt.'

DIE WELT kommentiert:

'Für die mächtige, schwundkranke IG Metall ist dieser Streik nach sieben Jahre Pause nachgerade fällig, um ihren verblassenden Mythos zu pflegen. Das Wahljahr gibt sogar eine besonders schöne Kulisse ab für die Botschaft: Mit uns muss gerechnet werden, immer noch. Die Botschaft geht übrigens in beide Richtungen, an Schröder und an
seinen Herausforderer. Ein sozialdemokratischer Bundeskanzler kann sich über diesen Streik ärgern. Aufregen darf er sich nicht. Denn jeder Versuch, die Gewerkschaften für die zaghafte Konjunktur in gesamtstaatliche Haftung zu nehmen, würde diesen Arbeitskampf zusätzlich aufladen und anheizen.'