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Pressestimmen von Dienstag, 11. November 2003

zusammengestellt von Gerd Winkelmann 10. November 2003

Hohmanns Rauswurf / Ostdeutschlands Extra-Wünsche / Riads Angst

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Der Beschluss für ein vorzeitiges Ende der Partei- und Fraktions-Karriere des CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann kam nahezu zeitgleich aus dem Reichstag sowie von Bundes- und Landesfürsten der Christdemokraten. Seine anti-semitischen Ausfälle hatten tagelang die veröffentlichte Meinung beherrscht, so auch an diesem Dienstag.

DIE RHEINPFALZ in Ludwigshafen schreibt:

'Jetzt also doch. Nach Tagen des Beschwichtigens beschließt die Spitze der Unionsfraktion, sich von ihrem umstrittenen Abgeordneten Martin Hohmann zu trennen. Auch die hessische CDU will ein Ausschlussverfahren einleiten. Damit zieht Parteichefin Angela Merkel die richtigen Konsequenzen. Hohmann hat mit seiner dummdreisten Rede über das Tätervolk der Juden die üblichen antisemitischen Klischees bedient und damit die Grenze dessen überschritten, was für einen Bundestagsabgeordneten der CDU als erträglich gelten darf.'

Der BERLINER KURIER meint:

'Die CDU will sich Hohmann nun doch vom Halse schaffen. Beifall kann die Unionsfraktion für diesen überfälligen Schritt nicht erwarten. Zu viele christdemokratische Erklärungsversuche haben wir uns anhören müssen. Vielleicht hat der Auszug jüdischer Mitbürger aus der Synagoge jenen die Augen geöffnet, die so gern weggesehen hätten. Nicht Hohmanns antisemitische Ausfälle trieben die Unions-Spitze zum Handeln. Es war der Druck von außen, dem sie sich beugte. Wehret den
Anfängen - auch wenn es dauert.'

Hier die Analyse der FRANKFURTER RUNDSCHAU:

'Eine offenbar nicht zu vermeidende Unterströmung aus rassistischen und antisemitischen Einstellungen wird ein gefestigter Rechtsstaat aushalten, und er kann es sich leisten, die Meinungs-Freiheit so großzügig wie möglich auszulegen. Aber die Grenze liegt in der Funktion, die ein Redner hat, und im öffentlichen Charakter seines Auftretens. Ein Parlament und seine Mitglieder sind nicht Durchlauferhitzer und Verstärker dessen, was sie für 'Volkes Stimme' halten. Sie haben wenn schon keine Vorbild-, so doch eine Leit- Funktion. Und zu der gehört es aufzuzeigen, wo 'der Verfassungs- Bogen' verlassen worden ist. Deshalb hat Martin Hohmann in der Unionsfraktion und in der CDU nichts zu suchen.'

Zum selben Thema noch ein Blick in die MÄRKISCHE ODERZEITUNG:

'Der Beschluss, den die Fraktion nun mit 2/3-Mehrheit bestätigen muss, ist die angemessene Antwort auf Hohmanns antisemitische Ausfälle. Er kommt freilich eine Woche zu spät. Der Eindruck, dass die CDU-Chefin zum Handeln getrieben werden musste, ist fatal. Er lässt die Frage zu, ob Frau Merkel befürchtete, dass mehr als ein Drittel der Fraktion Hohmann den Rücken stärken würde, was ein schlimmer Nachweis über beunruhigende geistige Strömungen in der Union wäre. Man darf jetzt aber davon ausgehen, dass die Fraktion Merkel folgen wird. Der Schaden ist dennoch entstanden: Angela Merkel hat - mal wieder - Führungsschwäche gezeigt.'

Das HANDELSBLATT widmet sich den Finanzwünschen ostdeutscher Länder:

'Dass die neuen Bundesländer nun zusätzliche 'Sonderzahlungen' vom Bund verlangen, ist in der Sache nicht zu rechtfertigen. Die Menschen in Ostdeutschland leben mittlerweile so schlecht ja nicht mehr: Ihre
Städte sind oft schöner renoviert, ihre Renten vielfach höher und ihre Lebenshaltungskosten zugleich spürbar niedriger als in vielen westdeutschen Regionen. Ein wenig mehr Realismus würde den Ostdeutschen gut anstehen - auch im eigenen Interesse: Neue Jobs werden nur dann entstehen, wenn der Umbau des Sozialstaates gelingt. (...) Es wird Zeit, dass die ostdeutschen Politiker aus der ihnen so lieb gewordenen Rolle des angeblichen Opfers der Deutschen Einheit herausfinden.'

Zum Schluss die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG zum Terror in Saudi-Arabien:

'Das Königshaus könnte nun zum wirklichen Verbündeten im Kampf gegen den Terrorismus werden - schlicht und einfach, weil es ums eigene Überleben geht. In Saudi-Arabien und auch anderswo in der islamischen Welt darf daraus die Lehre gezogen werden, dass sich die Duldung oder Förderung der Extremisten nicht auszahlt. Irgendwann ereilt solche Regime das Schicksal des Zauberlehrlings. Zudem ist zu hoffen, dass der jüngste Anschlag in Riad zur Demaskierung der Terroristen beiträgt. Denn die Todesopfer stammten aus Saudi-Arabien, aus Ägypten, aus dem Libanon und dem Sudan - sie waren Muslime.'