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Pressestimmen von Dienstag, 13. April 2004

Barbara Zwirner12. April 2004

Lage im Irak / Gewerkschaften

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Die Kommentare in der deutschen Tagespresse widmen sich an diesem Dienstag abermals dem Geschehen im Irak. Innenpolitisch wird unter anderem die Rolle der Gewerkschaften im Reformprozess unter die Lupe genommen.


Der Bonner GENERAL-ANZEIGER schreibt zum immer noch ungewissen Schicksal der deutschen Grenzschutzbeamten, die im irak wahrscheinlich getötet worden sind:

"Was haben die beiden jungen Beamten den Irakern getan? Nichts. Sie waren auf einem Routineweg Richtung deutsche Botschaft zu einem normalen Wechsel beim Wachpersonal. Längst ist den irakischen Rebellen gleichgültig, wen sie töten oder in Geiselhaft nehmen. Der Umstand, dass Deutschland am Krieg gegen den Irak nicht beteiligt war, war zu keiner Zeit ein wirklicher Schutz vor Angriffen, wie sich jetzt gezeigt hat. Deshalb ist es konsequent und richtig, dass die letzten deutschen Aufbauhelfer das Land verlassen haben."

In der OSTTHÜRINGER ZEITUNG aus Gera lesen wir:

"Nun sind nicht mehr nur die Besatzungstruppen im Irak Ziel von aufständischen Gruppen, sondern auch Ausländer, die in friedlicher Absicht in das Land kamen. Die marodierenden Banden machen keinen Unterschied. Für sie sind alle Fremden durch die Bank CIA-Agenten und Ungläubige sowieso."

Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN kommentieren:

"Es sieht nicht gut aus für George W. Bushs Reputation. Der US-Präsident steht unter wachsendem Druck. Seine Irak-Politik erweist sich als Desaster, als das Abenteuer, an dem sich Gerhard Schröder und Jacques Chirac aus gutem Grund nicht beteiligen wollten. Sein Anti-Terrorkampf gerät in die Kritik, weil er Warnungen vor Anschlägen nicht ernst genug nahm und falsche Prioritäten setzte. Dazu kommt, dass sich die Kämpfe in Afghanistan verschärfen. Und das alles wenige Monate vor den Wahlen. Selten hat sich ein amerikanischer Präsident außenpolitisch so in die Sackgasse manövriert wie Bush."

Und der FRÄNKISCHE TAG aus Bamberg meint:

"Leider trägt die Politik der US-Regierung ihren Teil dazu bei, dass es den Ideologen des Todes nicht an (selbst-)mordbereiten Märtyrern fehlen wird. Es gehört zu den tragischen Fehlkalkulationen von Präsident Bush zu glauben, dass man die Welt mit Waffengewalt vom Terror befreien kann und dass sich das amerikanische Freiheitsideal mit Krieg in andere Gesellschaften verpflanzen lässt - ohne Rücksicht auf deren Kultur und Geschichte. Die dramatische Situation im Irak, just ein Jahr nach dem Sieg über das Saddam-Regime, ist ein bitterer Beleg für das Scheitern von Bush, Rumsfeld und Co. Nicht von ungefähr geht in der politischen Debatte in den USA wieder ein Gespenst um: das Gespenst von Vietnam."

Der Berliner TAGESSPIEGEL ergänzt:

"Ist der Irak Bushs Vietnam? Wie bei jeder historischen Analogie liegen die Einwände auch bei dieser auf der Hand: Der Vietnamkrieg dauerte 18 Jahre und kostete 58.000 amerikanischen Soldaten das Leben. Das sind doch andere Dimensionen. Außerdem können die Amerikaner immer noch davon ausgehen, dass eine schweigende Mehrheit der Iraker froh ist über den Sturz Saddam Husseins. Eine flächendeckende Rebellion gegen die Besatzer gibt es nicht."

Themenwechsel: Die ablehnende Haltung der Gewerkschaften zum Reformkurs der Regierung kommentiert der TRIERISCHE VOLKSFREUND wie folgt:

"Bisher glänzen die Herren Sommer, Bsirske und Co doch nur weitgehend dadurch, dass sie permanent den Verlust von Besitzständen anprangern und zum Generalangriff gegen Rot-Grün blasen, damit das mühsam in Gang gesetzte Reformrad wieder zurückgedreht wird. Aber ansonsten? Ansonsten ist die gewerkschaftliche Realität eine wahrlich trübe: Auf die drängenden Probleme in unserem angeschlagenen Sozialstaat bieten die Arbeitnehmervertreter kaum neue und schon gar nicht überzeugende Antworten. SPD-Chef Franz Müntefering hat daher absolut Recht, wenn er die Gewerkschaftsbosse als «Schlaumeier» bezeichnet."

Noch ein Blick zu diesem Thema in die LAUSITZER RUNDSCHAU:

"Bei den Gewerkschaften gilt weiterhin das Prinzip Attacke. Logisch, der 1. Mai, Tag der Arbeit und des Protestes, steht vor der Tür. Zumindest bis dahin wollen die Funktionäre von DGB, verdi oder IG Metall die müde und enttäuschte Arbeitnehmerseele unter Dampf halten. Lautstark mosern können sie gut, aber wie es besser gehen soll, wissen sie auch nicht. Nur reicht das genau nicht mehr, wenn man sich überzeugend an die Spitze einer Gegenbewegung setzen will. Moderne Gewerkschaften geben Antworten - und rennen nicht nur fordernd auf die Straße."

Soweit diese Presseschau.