1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Dienstag, 16. März 2004

Eleonore Uhlich15. März 2004

Spanien-Wahl / Terrorismus / Sicherheit

https://p.dw.com/p/4nec

Der Sieg der Sozialisten bei der Parlamentswahl in Spanien und die neue Sicherheitslage in Europa stehen im Blickpunkt der Zeitungskommentare an diesem Dienstag.

Das HANDELSBLATT aus Düsseldorf schreibt:

'Wer nun behauptet, islamische Terroristen hätten eine politische Wende in Spanien herbeigebombt, der irrt. Extremsituationen stärken die amtierende Regierung; die Ursache für den Wechsel liegt im Handeln Aznars. Erst ist seine Regierung gegen den Willen der Bevölkerung in den Krieg gezogen. Dann hat sie die Öffentlichkeit über die Identität der Attentäter getäuscht und politische Vorteile für sich gesucht. Die Wähler hatten eine offene Rechnung mit Aznar - die musste er begleichen.'

Der FRÄNKISCHE TAG aus Bamberg führt aus:

'Es war vor allem dieses dilettantische Bemühen, zumindest bis zum Wahltag die ETA als Übeltäter am Pranger zu halten - mag die Beweislage auch längst ganz andere Schlüsse nahe legen. Das durchsichtige Manöver rückte erst recht Aznars unpopuläre Außenpolitik als enger Verbündeter der USA im Irak-Krieg in den Vordergrund. Mit ihrer Wahl unter Tränen der Trauer und des Zorns entzogen die Spanier letztlich auch George W. Bush einen Pfeiler in der «Allianz gegen den Terror».'

Die Zeitung DIE WELT stellt fest:

'Aznar hat als Führungsfigur versagt, weil er den Wahlausgang höher schätzte als das Recht auf Information und Wahrheit. Das unterscheidet ihn von Tony Blair, der bei aller bitterer Kritik aus der Gesellschaft für seine Außenpolitik zu kämpfen und immer wieder zu überzeugen weiß.'

Die Münchener ABENDZEITUNG blickt in diesem Zusammenhang auf Europa und merkt an:

'Wie auch immer die Ursache für die Wahl-Sensation in Madrid gesehen wird, sie hat enorme Folgen für Spanien und Europa. Mit seiner Ankündigung, Truppen aus dem Irak abzuziehen, hat der neue starke Mann Zapatero den Kurs abgesteckt: Weg von der Seite von Bush und Blair, hin zum alten Europa Chiracs und Schröders. Damit wird es nicht nur um Tony Blair einsamer. Auch die Polen, die ihre neue Souveränität gerne in einer Achse mit Spanien und den USA betonten, kommen politisch nun in die Bredouille.'

Die OSTSEE-ZEITUNG aus Rostock sieht es so:

'Polen befürchtet nun zu Recht, mit seiner Blockade der europäischen Verfassung künftig allein zu stehen. Frankreich und Deutschland wiederum wittern Morgenluft, hat doch Zapatero wissen lassen, dass er engeren Schulterschluss zu ihnen suchen wird. Unsicherheiten gibt es dagegen in Italien und Großbritannien, die sich mit Spanien bisher eins wussten in ihrer Unterstützung für George Bush. Die Karten sind neu gemischt. Aber die Mitspieler tun gut daran, den gemeinsamen Kampf gegen den Terrorismus weit oben auf ihre neuen Pläne zu setzen.'

Der in Bonn erscheinende GENERAL-ANZEIGER beleuchtet die veränderte Sicherheitslage. Dort heißt es:

'Das Massaker von Madrid macht die innere Sicherheit Europas zu der Schlüsselfrage im Bewusstsein der Bevölkerung. Die Bürger werden - mehr als je zuvor - darauf achten, dass eine wachsende EU nicht gleichbedeutend wird mit einer unüberschaubaren Zahl von Einfallstoren des radikal-muslimischen Terrorismus, der europäisches Festland erreicht hat. Die EU steht jetzt vor einer ihrer schwersten politischen Prüfungen. Eine Schlussfolgerung der EU-Innenminister, wenn sie Ende dieser Woche zu ihrem Krisentreffen zusammenkommen, kann nur lauten, dass mehr für den Schutz an den EU-Außengrenzen getan werden muss.'

Die WETZLARER NEUE ZEITUNG meint schließlich:

'Besser als panische Wachsamkeit ist die gezielte Fahndung durch Polizei und Geheimdienste sowie die Unterwanderung der Tätergruppen. Da dies im Fall des gut getarnten internationalen Terrorismus besonders schwierig ist, muss ein Zweites hinzukommen: Wir brauchen den - auch für die Bombenleger sichtbaren - Schulterschluss zwischen den Friedliebenden, seien sie nun Christen, Muslime oder keiner Religion zugehörig. - Hier könnte die Anti-Terror-Politik, auch in Deutschland, noch viel Gutes bewirken', glaubt die WETZLARER NEUE ZEITUNG, mit der wir diese Presseschau beenden.´