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Pressestimmen von Dienstag, 17. September 2002

Helmut Schmitz16. September 2002

Wahlkampf/Zuwanderung/Mobilcom

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Die Kommentare der deutschen Tageszeitungen befassen sich an diesem Dienstag wiederum mit dem Wahlkampf, vor allem mit den Themen Zuwanderung und Mobilcom.

Die LÜBECKER NACHRICHTEN schreiben:

'Seit es der CDU in Hessen gelungen war, mit der Unterschriftenkampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft die SPD aus der Regierung zu hebeln, gilt die Ausländer-Thematik in der Union als eine Art ultimativer Joker für schwierige Wahlkämpfe. Nur will der Einsatz wohl überlegt sein. Als die CDU unter dem Motto "Kinder statt Inder" in Nordrhein-Westfalen den Erfolg wiederholen wollte, stach der vermeintliche Joker nicht. Die Greencard für Computerfachleute brannte den Menschen offenkundig nicht auf den Nägeln. Und die Zuwanderung? Das Wiederbeleben des alten Streits jetzt wirkt künstlich.'

In der FRANKFURTER RUNDSCHAU heißt es:

'Man hatte es, den glatt geputzten Stoiber im Ohr, schon fast vergessen: Die Union hat das Spiel mit Überfremdungsängsten längst nicht verlernt. Fragt sich, ob das in den letzten Tagen vor der Wahl noch verfängt. Gerhard Schröder tut, was Stoiber zu Beginn des Wahlkampfs tat: Er lässt den Angriff abprallen und hält der Union deren eigene Verzweiflung vor. Und dass die Wähler, gerade wieder eher rot-grün gestimmt, jetzt noch auf eine derart plumpe Attacke anspringen, ist kaum zu glauben. Man kann dem Vorstoß der Union aber auch eine aufklärerische Wirkung nicht absprechen, wenn auch eine unbeabsichtigte. Auch jene, die Schilys Zuwanderungskonzept als zu restriktiv kritisiert haben, wissen jetzt: Es geht noch viel schlimmer.'

Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG kommentiert:

'Mehr Frieden, weniger Bekämpfung der Arbeitslosigkeit lautet Schröders Devise für die letzten Tage. Weniger Fremde im Land, um so die Arbeitslosigkeit schneller abzubauen, lautet im Gegenzug die unterschwellige Gleichung des Unions-Kandidaten. Welcher der beiden Kandidaten freilich die bessere Politik bietet, also Fakten schafft, statt auf Vorurteile zu bauen, ist damit noch lange nicht geklärt. Aber sowohl über Krieg, als auch über Zuwanderung darf und soll im Wahlkampf gesprochen werden. Doch entscheidend für den Sieg wird sein, wem die Wähler mehr Macher-Eigenschaften zutrauen, nicht, wem sie mehr Schäbigkeit bei den Argumenten zubilligen.'

Die SAARBRÜCKER ZEITUNG meint:

'Die Union stellt nicht nur staunend fest, dass ihre Wechselwählerstrategie nicht ganz aufgeht, sondern zu allem Unglück auch noch die Stammwählerschaft ob des "soften" Stoiber stark irritiert, in Teilen sogar frustriert auf die jüngsten Demoskopen-Erkenntnisse starrt. Deshalb jetzt das Ausländer-Thema derb in den Wahlkampfring geworfen: Damit wenigstens die eigenen Truppen am 22. besonders fleißig zur Wahlurne gehen.'

Im BERLINER KURIER liest es sich so:

'Jetzt holt die Union die letzte - schmutzige - Keule raus, um doch noch ein paar Wähler an die Wahlurne zu treiben. Und der Kanzler greift wieder einmal tief in den Sack der Beglückung, um ein Unternehmen vor der Pleite zu retten. Um es kurz zu sagen: Die Rettung von MobilCom mit 5500 Jobs war gut. Darüber mag man in Unionskreisen ja zetern, aber 5500 Jobs wiegen mehr. Dank dem Kanzler, der Sozialpolitik über Buchhalterei gestellt hat. Unbehagen beschleicht uns aber bei der Keule der Union gegen die Ausländer. Glaubt Herr Stoiber wirklich, die drohenden Niederlage auf Kosten unserer ausländischen Mitbürger abwenden zu können?'

Schließlich DIE WELT aus Berlin:

'Kanzler Schröder behauptet, mit der staatlichen Rettungsaktion für Mobilcom betreibe er keinen Wahlkampf. Den Zeitpunkt habe er sich ja schließlich nicht ausgesucht. Stimmt, aber er nutzt ihn weidlich aus, um Sympathiepunkte im hohen Norden zu sammeln. Wie das geht, hat der ranghöchste Krisenmanager der Republik ja kürzlich im überfluteten Osten vorexerziert. Und seinerzeit beim inzwischen Pleite gegangenen Baukonzern Holzmann... Dass Mobilcom "im Kern gesund" sei, wie Regierungspolitiker den staatlichen Eingriff rechtfertigen, ist nämlich eine kühne Behauptung. Die wirklichen Fakten werden mit Sicherheit aber erst nach den Bundestagswahlen auf den Tisch kommen.'


Soweit die Presseschau.