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Pressestimmen von Dienstag, 17.8.2004

Zusammengestellt von Ulrike Quast16. August 2004

Weiter Protest gegen Arbeitsmarktreform / Deutliche Mehrheit für Chávez in Venezuela / Umfangreicher US-Truppenrückzug aus Europa /

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Die sich weiter ausdehnenden Proteste gegen die Arbeitsmarktreformen sind ein großes Thema in den Kommentaren der deutschen Tagespresse an diesem Dienstag. Daneben befassen sich die Kommentatoren mit der überraschend deutlichen Zustimmung der Venezolaner zu ihrem umstrittenen Präsidenten Hugo Chávez und der Ankündigung von US-Präsident George W. Bush, bis zu 70.000 Soldaten aus Europa und Asien abzuziehen.

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München schreibt zur Debatte um die Arbeitsmarktreform:

"Hartz IV dient dazu, die Kosten der sozialen Sicherung zu begrenzen und die Anreize zur Arbeitsaufnahme zu erhöhen. Die Senkung der Steuersätze soll für Wachstum sorgen und Deutschlands Position im internationalen Steuerwettbewerb verbessern; schließlich bemisst der Spitzensteuersatz für die meisten mittelständischen Betriebe faktisch die Unternehmensteuer. Der Vorschlag von Sachsen-Anhalts Regierungschef Wolfgang Böhmer bedeutet in letzter Konsequenz: Lasst uns auf Wachstum verzichten, um Hartz IV sozial auszugleichen. Oder zugespitzt: Das Problem, das Hartz IV überhaupt erst notwendig gemacht hat, wird weiter verschärft."

Die OSTTHÜRINGER ZEITUNG richtet den Blick auf die Opposition:

"Allerlei Wahlkämpfer der Union versuchen alles, um Mitverantwortung zu verschleiern, und Rufe nach Zurückhaltung sind eher selten. Dabei wird auch die Union, sollte sie in zwei Jahren die rot-grüne Regierung ablösen, um umfangreiche Reformen der Sozialsysteme nicht herum kommen und die begonnenen zumindest im Prinzip fortsetzen müssen. Insofern ist es politisch verantwortungslos, notwendige grundlegende Reformbemühungen einem fruchtlosen Streit der Wahlkämpfe zu opfern. Der nun wieder schärfer entbrannte Konfrontationskurs beider Seiten ist nicht geeignet, neues Vertrauen aufzubauen. Das Gegenteil ist der Fall."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU befasst sich mit dem Volksentscheid in Venezuela:

"Der Ausgang des Referendums ist ein beispielsloser Triumph für Chávez. Er steht jetzt besser da als jemals zuvor: Persönlich gebilligt, moralisch bestärkt, politisch bestätigt. Der Opposition haftet dagegen um so stärker der Ruch der Illegitimität und der schmutzigen Tricks an. Ihr erster Versuch, Chávez auf verfassungsgemäßem Weg loszuwerden, ist gescheitert, und was bleibt, ist die ungute Erinnerung an den Putschversuch vor zwei Jahren und an den monatelangen Wirtschaftsboykott. Mehr als ein Nein zu Chávez hat die Opposition, extrem zersplittert wie sie nunmal ist, nicht zu Stande gebracht, mehr als dieses Nein kann sie den Venezolanern im Augenblick auch gar nicht anbieten."

Das MAIN-ECHO aus Aschaffenburg meint: "Hugo Chávez hat das Plebiszit überzeugend gewonnen. Geholfen hat ihm dabei das Öl. ... Wenn man so will: Die Ölmultis haben den linken Volkstribun und Busenfreund von Fidel Castro mitgewählt. Versicherte denn auch sogleich in der Wahlnacht, er wolle treu sein Öl liefern auch an die Amerikaner. Die wichtigste Frage aber bleibt offen: Kann und will Hugo Chávez den Graben überbrücken, der quer durch das Land verläuft, der die Habenichtse von den Besitzbürger trennt? Gelingt es ihm ein fortschrittliches Venezuela aufzubauen, in dem für alle Platz ist? Bisher hat Chávez eher gespalten als versöhnt."

Thema der OSTSEE-ZEITUNG aus Rostock ist der US-Truppenrückzug aus Europa:

"Wenn Bush eine Truppen-Verringerung ankündigt, dann führt er gleichsam einen Doppelschlag aus. Weniger Militär im Ausland - das spart Kosten und lässt die Dollars in den USA. Gerade vor Wahlen kommen solche Botschaften in den USA gut an."

In der BRAUNSCHWEIGER ZEITUNG heißt es:

"Gewiss gehen mit dem Abzug von Zehntausenden von GI aus der Bundesrepublik Arbeitsplätze und Kaufkraft verloren. Was aber als Verlust stärker zu Buche schlägt, ist mit Geld nicht zu messen: Es ist ein Sicherheitsgefühl, das vielen Menschen zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Der Schutz der USA bleibt erhalten. Satelliten-Technik etwa ist wichtiger als Truppenstärke. Was nicht mehr möglich sein wird, ist Europas Kleinkrämerei bei den Verteidigungsanstrengungen: Die nationalen Armeen sind teilweise in einem Zustand, der eher an einen Autofriedhof erinnert denn an Hightech." Abschließend ein 'Blick in die Lüneburger LANDESZEITUNG:

"Wenig verwunderlich ist, dass Deutschland - das ständig gegen den Kreuzzug im Irak opponierte - zu den Verlierern der US-Truppenverschiebung zählt. Überraschend kommt dies aber wahrlich nicht, hatten doch konservative Kongressabgeordnete vor einem Jahr genau diese Strafaktion gefordert."