1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Dienstag, 18. Mai 2004

Gerhard M Friese. 17. Mai 2004

Lage im Irak/ Nahost-Gespräche in Berlin/Verfassungsschutzbericht

https://p.dw.com/p/53iX

Nach der Ermordung des amtierenden Präsidenten des irakischen Regierungsrates, Isseddin Salim, beschäftigen sich viele Kommentatoren wieder einmal mit der Lage in dem arabischen Land. Ein anderes Thema sind die Nahost-Gespräche in Berlin.

Zur Lage im Irak schreibt die FRANKFURTER RUNDSCHAU:

"Die größte Unbekannte in der Politik der Regierung Bush ist die geplante Machtübergabe an eine irakische Übergangsregierung. Derweil öffnet die Überforderung der US-Truppen sunnitischen Attentätern und schiitischen Milizen ein weites Betätigungsfeld. Das Vakuum an politischer Führung sorgt dafür, dass der Mord an einem weiteren Mitglied des Regierungsrats die verspätete Mission des UN- Sonderbevollmächtigten Brahimi zusätzlich erschwert. Und solange Washington dem Sicherheitsrat keine eindeutige Vorlage für eine neue Resolution macht, wird das Engagement aktueller und potenzieller Alliierter in Irak eher abbröckeln als zunehmen."

Die KÖLNISCHE RUNDSCHAU meint:

"Nicht erst der jüngste Anschlag in Bagdad hat die Zweifel verstärkt, ob es bei der geplanten Machtübergabe von der US- Verwaltung auf eine Übergangsregierung am 30. Juni bleiben kann. Vergeblich sucht man hier nach einer klaren Marschroute, stattdessen offenbaren sich lediglich immer neue Widersprüche zwischen dem amerikanischen Irak-Statthalter Paul Bremer und den US-Militärs. Natürlich: Einfache Auswege aus dem Dilemma gibt es nicht. Doch die Folter-Affäre scheint der US-Regierung zu einem kritischen Zeitpunkt Kraft, politische Ruhe und die Fähigkeit zu einer klaren Linie zu rauben. Oder hat man das Demokratie-Projekt Irak innerlich schon aufgegeben - und wartet nur noch auf einen günstigen Moment für den Ausstieg?"

Für die STUTTARTER NACHRICHTEN ist die Ermordung Salims nur ein Vorgeschmack auf die Zukunft:

"Die Frontlinien in diesem Krieg, so viel scheint sicher, verlaufen nicht nur zwischen amerikanischen Besatzern und irakischen Widerständlern, sie verlaufen auch quer durch die irakische Gesellschaft, wo sich die unterschiedlichen Volks- und Religionsgruppen für den beginnenden Machtkampf positionieren. Denn seit absehbar ist, dass die USA sich schrittweise aus dem Irak zurückziehen wollen, ist aus dem Guerilla-Krieg gegen die Besatzer auch ein irakischer Bürgerkrieg geworden. Deshalb wird die formale Machtübergabe am 30. Juni wenig an der Gewalt im Irak ändern."

Die Nahost-Gespräche in Berlin kommentiert die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

"Im alteuropäischen Berlin hat Condoleezza Rice dem palästinensischen Ministerpräsidenten Ahmed Korei ein Angebot gemacht, das man vielleicht unter dem Stichwort 'Gaza plus Roadmap' zusammenfassen könnte. Sie bekräftigte, dass der sogenannte Fahrplan des Nahost-Quartetts keineswegs zu den Akten gelegt, sondern befolgt werden soll: mit dem Ziel eines palästinensischen Staates an der Seite Israels. Frau Rice mahnte den Palästinenser abermals zu Reformen; doch welche substantiellen Strukturen, die man reformieren könnte, gibt es in den palästinensischen Reservaten angesichts des militärischen Drucks der Israelis überhaupt noch? Man müsste vielleicht eher von einem neuen Anfang oder Wiederaufbau sprechen."

Die in Berlin erscheinende Zeitung NEUES DEUTSCHLAND vermag keine Bewegung im Friedensprozess zu erkennen:

"Stattdessen tobt im Gaza-Streifen ein regelrechter Krieg. Mit dem legitimen Sicherheitsbedürfnis ist die neue Offensive der israelischen Armee indes kaum zu vereinbaren. Denn die Angriffe auf Flüchtlingslager und die Zerstörung von Wohnhäusern werden das antiisraelische Hasspotenzial in dem mediterranen Küstenabschnitt verstärken. Dem einseitigen Abzug aus dem Gaza-Streifen, wenn Israels Premier Scharon ihn ernsthaft will, sollte als Geste guten Willens eine sofortige einseitige Waffenruhe vorausgehen. Die Arafat-Regierung hätte dann ihrerseits Gelegenheit zu zeigen, welchen Einfluss sie tatsächlich auf Extremisten der Palästinenser-Seite hat."

Vor allem islamische Extremisten gefährden die innere Sicherheit Deutschlands, heißt es im jüngsten Verfassungsschutzbericht. Dazu meinen die BADISCHE NEUESTEN NACHRICHTEN aus Karlsruhe:

"Der Verfassungsschutzbericht macht deutlich, wie wichtig eine rasche Neuregelung der Zuwanderung ist. Das bestehende Durcheinander im Ausländer- und Asylrecht muss durch ein in sich stimmiges und schlüssiges Konzept ersetzt werden, das wohl abwägt zwischen der unbestritten notwendigen Zuwanderung von Eliten und den Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik. Nicht jeder Ausländer ist automatisch ein Terrorist, aber Deutschland darf nicht zum Tummelplatz von Extremisten werden, die hier unbehelligt agieren."