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Pressestimmen von Dienstag, 19 April 2005

zusammengestellt von Gerd Winkelmann18. April 2005

Kanthers Urteil / Strucks Schließungen / Grüner Kurswechsel

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Der frühere Bundesinnenminister Manfred Kanther ist wegen des CDU-Schwarzgeldskandals überraschend hart verurteilt worden. Mit dem Strafmaß von einem Jahr und sechs Monaten Haft auf Bewährung sowie einer Geldauflage von 25.000 Euro ging das Wiesbadener Landgericht deutlich über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus. Deutschlands Leitartikler sehen darin an diesem Dienstag ein wichtiges Thema, so etwa der des BERLINER KURIERS:

'Manfred Kanther hat diese Strafe verdient. Glaubten er und seine Helfershelfer in der CDU doch wirklich, sie könnten Millionen an allen Gesetzen vorbei ins Ausland schaufeln. Ausgerechnet dieser Herr, der sich selbst am liebsten als «Schwarzer Sheriff» sah, brach das Gesetz, ohne mit der Wimper zu zucken. Was mich allerdings noch immer stört, ist die Tatsache, dass Altkanzler Helmut Kohl weiter über die Spenden-Millionen schweigt, die er illegal einnahm. Auch Herr Kohl sollte endlich die Härte unserer Gesetze zu spüren bekommen. Notfalls mit Beugehaft.'

Im Düsseldorfer HANDELSBLATT lesen wir dazu:

'Prinzipiell fraglich bleibt, ob die Schutzbehauptung Kanthers, er habe sich nicht bereichert, also nicht vom Schwarzgeld profitiert, tatsächlich stimmt. Kanther selbst hat in unübertroffener Überheblichkeit legitimieren wollen, wie Millionen erst getarnt, dann zwingend notwendig eingesetzt werden mussten: (...) Es sind die Finanzen, kaum die Programme, die über die Kampagnenfähigkeit einer Partei entscheiden. Natürlich hat Kanther von der Millionen-Munition profitiert. (...) Im Kabinett Kohl für Recht und Ordnung zuständig, hat Kanther selbst die Ordnung verletzt, als er nicht nur gegen das Parteien- und das Grundgesetz verstieß. Er hat die gesamte Öffentlichkeit, Wähler und Parteifreunde, hinters Licht geführt und mit der gemeinsam mit seinen Kumpanen erlogenen Mär von den «jüdischen Vermächtnissen» obendrein noch brutalstmöglich verhöhnt.'

Jetzt noch ein Blick in die FRANKFURTER RUNDSCHAU:

'Die wichtigste Folge der Parteispenden-Affäre? Angela Merkel. Helmut Kohls Weste besprenkelt, sein einstiger «schwarzer Sheriff» knapp am Knast vorbei, die CDU mit einer Rekordstrafe belegt, das Parteiengesetz entscheidend geändert. Alles schön und gut. Oder schlecht. Auf Dauer wichtiger bleibt etwas anderes: Durch seinen tiefen Fall hat «der ewige Kanzler» seiner Partei unfreiwillig beschert, was er ihr bewusst verweigert hatte: Den Generations- Wechsel. Die CDU erlebte einen Modernisierungsschub, wie ihn keine zweite Partei in solcher Geschwindigkeit durchgemacht hat. Dieser Schub trägt den Namen der heutigen Vorsitzenden.'

Die OSTSEE-ZEITUNG aus Rostock macht sich Gedanken zu den Standortschließungen bei der Bundeswehr:

'Knallhart hat «Bundeswehrreform-Minister» Peter Struck gestern die von Standortschließungen bedrohten Bürgermeister und Landräte abgefertigt. Keine der bereits im November verfügten Schließungen werde zurück genommen. Punktum. Und wenn sich der Bund in den nächsten fünf Jahren aus rund 100 Standorten zurückzieht, gibt es kein Geld aus Berlin für die so genannte Konversion, also die Umstellung auf eine zivile Nutzung der militärischen Liegenschaften oder auf Gewerbeansiedlung. Im Gegenteil. Selbst beim Verkauf der seit Jahrzehnten genutzten Militärareale - zum Teil mit entsprechend hoher Kontaminierung und entsprechend hohen Aufwendungen für die Sanierung - will der Bund noch einmal Kasse machen.'

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE kommentiert den Kurswechsel der Grünen bei der Beschaffung neuer Waffen:

'Daß die Grünen jetzt nur mit Bauchgrimmen der Beschaffung des Luftabwehrsystems Meads zugestimmt haben, kann man ihnen nachfühlen. Denn einer der wenigen militärischen Vorteile, den dieses teure System bietet, besteht darin, daß es leichter zu verlegen ist als das Patriot-System, mit dem die Bundeswehr gegenwärtig ausgerüstet ist. Für den Verteidigungsminister, der Auslandseinsätze zum Normalfall erklärt hat, ist das ein attraktiver Aspekt. (...) Die SPD hatte die Angelegenheit ohnehin schon zu einem industriepolitischen Projekt umgedeutet und - da es sich um ein Gemeinschaftsunternehmen mit Amerika und Italien handelt - dessen Bedeutung für die transatlantischen Beziehungen hervorgehoben.'