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Pressestimmen von Dienstag, 21. November 2006

Ute Wagemann 20. November 2006

Amoklauf in Realschule in Nordrhein-Westfalen / Polizei vereitelt offenbar Anschlag auf Flugzeug

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Bei einem Amoklauf in seiner ehemaligen Realschule im nordrhein-westfälischen Emsdetten hat ein 18-Jähriger 37 Menschen verletzt und sich selbst getötet. Er hatte die Tat im Internet angekündigt. Er wollte sich rächen. Viele Kommentare der deutschen Presse beschäftigen sich mit der Tat. Ein weiteres Thema in der Presse ist die Vereitelung eines Anschlags auf ein Flugzeug in Deutschland. Die Staatsanwaltschaft nahm mehrere mutmaßliche Attentäter fest.

Die OSTSEE-ZEITUNG aus Rostock forscht nach den Ursachen für dem Amoklauf in Emsdetten:

"Längst hat die Gesellschaft vor darstellender Brutalität und Gewalt kapituliert. Moralische Grenzen sind gefallen, Tabubrüche sind an der Tagesordnung. Potenzielle Amokläufer finden ihre killenden «Vorbilder» heute auf der Festplatte, in PC- und Videospielen, im Fernsehen und Gazetten. Mit der schwindenden Verantwortung sinkt die Hemmschwelle der Konsumenten. Das wiederum sind vor allem junge Männer - wie der Amokläufer von Emsdetten."

Die MITTELBAYERISCHE ZEITUNG aus Regensburg fordert zum Nachdenken auf:

"Was wir alle aber können: Augen und Ohren offenhalten, Zivilcourage zeigen, auch unbequeme Fragen stellen. (...) Warum darf ein junger Mann, der sich wegen eines Vergehens gegen das Waffengesetz vor Gericht verantworten sollte, unbehelligt über ein ganzes Waffenarsenal verfügen? (...) Alle - und das nicht nur in Emsdetten - schauen weg, hören weg und schlagen jetzt die Hände über dem Kopf zusammen. Darüber intensiv nachzudenken und Folgerungen zu ziehen das sollte die Aufgabe nach Emsdetten sein."

Der EXPRESS aus Köln fordert mehr Engagement im Umgang mit Schülern, die offensichtlich Probleme haben:

"Die Stillen, die Einzelgänger - jeder von uns hatte solche Schulkameraden. (...)Ihre Schweigsamkeit verbarg Abgründe von Hass, Hass auf die Welt, auf sich. (...)Und so werden viele von uns jetzt misstrauisch, wenn sie Schweigern begegnen. Steckt in dem verschlossenen Jungen von nebenan vielleicht auch ein Sebastian, ein Robert? (...) Solche Reaktionen sind ganz verkehrt. Im Gegenteil, wir müssen uns um die Einsamen kümmern. Mit ihnen reden, statt gleichgültig dem Ballerspiel zu überlassen. Wer den Panzer des Schweigens knackt, berührt das Herz."

Ob dieser Appell für mehr Zivilcourage und Hilfe Wirkung zeigt, bezweifelt die BADISCHE ZEITUNG aus Freiburg:

"Seit sich die Nachrichten (...) über Jugendliche, die (...) gewalttätig werden, häufen, wird in Deutschland wieder die 'Kultur des Kümmerns' eingefordert. Hinsehen, Interesse zeigen, Auffälligkeiten melden, so lautet die Empfehlung von Politikern und Behörden. Zu Recht. Doch Hand aufs Herz: Legen wir nun wirklich unsere Gleichgültigkeit ab? (...)Wie viele Amokläufer braucht es also noch?"

Die Polizei hat offenbar einen Terroranschlag auf ein Flugzeug in Deutschland verhindert. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen mehrere Personen, die versucht haben sollen, Sprengstoff in eine Maschine zu schmuggeln.

Der NORDBAYERISCHE KURIER aus Bayreuth fordert, dass die Ursachen für Terrorismus besser bekämpft werden müssen:

"Am 11. September 2001 wurden vermeintlich harmlose Ziviljets zu fliegenden Bomben gemacht. Die Angst fliegt seitdem viel häufiger mit (...). Seit gestern ist diese Angst ein Stück konkreter geworden (...). Dieses Mal haben die Terroristen verloren, doch sie werden keine Ruhe geben. Die Saat der Gewalt wird auch durch eine Politik ausgestreut, die mit militärischer Konfrontation die Welt ordnen will. Hier muss ein Umdenken einsetzen, damit der schmutzige Terrorkrieg an seinen Wurzeln gepackt werden kann."

Die KIELER NACHRICHTEN geben zu bedenken, dass die Sicherheit in Flugzeugen in erster Linie vom Flughafenpersonal abhängt:

"(...)Die Ermittlungsbehörden haben offensichtlich aus früheren Attentaten schnell gelernt. Sie waren schon in der Vorbereitungsphase sehr nahe an den potenziellen Tätern dran. Beruhigen können diese Fahndungserfolge dennoch nicht. Der jüngste Vorfall offenbart eine weitere Gefahrenquelle: die Bestechlichkeit des Sicherheitspersonals. Möglicherweise scheiterten die Attentatspläne nur an der Höhe der Bezahlung für einen Flughafenmitarbeiter."

Die MÄRKISCHE ALLGEMEINE aus Potsdam warnt davor, die Terrorgefahr in Deutschland zu unterschätzen:

"Bis jetzt ist Deutschland glimpflich davongekommen. In mehreren Fällen konnten Ermittler mutmaßlichen Attentätern noch rechtzeitig das Handwerk legen. (...) Die Tatsache, dass das Inferno bisher glücklicherweise ausblieb, führte dazu, dass die subjektive Bedrohung durch internationalen Terror hierzulande deutlich geringer wahrgenommen wird als in anderen Ländern. Grund zur Entwarnung gibt es - wie man nun erneut eindringlich vorgeführt bekommt - aber nicht."

Die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz hingegen ist sich nicht sicher, ob überhaupt eine Gefahrensituation vorlag:

"Es klingt schon ein wenig seltsam, was da gestern aus der Bundesanwaltschaft nach draußen drang. Unbekannte Mitglieder einer terroristischen Vereinigung sollen in Deutschland ansässige Ausländer angestiftet haben, eine Verkehrsmaschine per Bombe in die Luft zu jagen. Es ist schwer, den Vorgang sicher zu beurteilen. Aber es fragt sich doch, weshalb der Fall so heiß gekocht wird, obwohl offenbar nichts Konkretes vorliegt."