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Pressestimmen von Dienstag, 23. September 2003

22. September 2003

Landtagswahl in Bayern

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Der Ausgang der Landtagswahlen in Bayern, bei der die CSU mit einer Zweidrittel-Mehrheit triumphieren konnte, ist das zentrale Thema in den Kommentaren der Tagespresse.

Die MÄRKISCHE ALLGEMEINE aus Potsdam schreibt:

"Die CSU hat ihre Ernte in Bayern eingefahren, die Unzufriedenheit mit der rot-grünen Reformpolitik im Bund ist offenkundig. Jetzt aber steigt der Erwartungsdruck. Deshalb überbieten sich Edmund Stoiber und Angela Merkel in ihren Beteuerungen, den Sieg nicht für eine Blockadepolitik im Bundesrat zu missbrauchen, sondern konstruktiv an den Reformprojekten mitzuarbeiten. Falls sie das ernst meinen, müssten sie sich - aus parteipolitischer Warte betrachtet - edler verhalten, als von normalen Menschen aus Fleisch und Blut erwartet werden darf. Denn wenn sie die Reformen mit auf den Weg bringen, verhindern sie zugleich, dass Gerhard Schröder scheitert. Geht es ihnen um das große Ganze, um das Wohl der Bürger dieser Republik, müssten sie die für sie unerfreuliche Nebenfolge eigentlich in Kauf nehmen."

Um die Konsequenzen der Bayern-Wahl in der Bundespolitik geht es der STUTTGARTER ZEITUNG:

"Schröder ist in allen entscheidenden Punkten auf die Zustimmung des Bundesrates angewiesen. Ob Steuerreform, Gemeindefinanzen oder Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe - ohne die Union geht nichts. Weil der Kanzler die Erfolge dringend braucht, ist er zu fast jeder Verständigung bereit. Wozu das führen kann, zeigt sich bei der Gesundheitsreform. Nach diesem Muster wird die Union in den kommenden Monaten zu verhandeln versuchen. Für die SPD könnte dies weitere Zerreißproben bedeuten."

Der MANNHEIMER MORGEN analysiert:

"Die Tiefe des Absturzes weist darauf hin, dass mehr dahinter steckt als die für Sozialdemokraten ungünstige Struktur des Freistaats oder die Überlegenheit des politischen Gegners. Das Debakel ist hausgemacht, weniger im Land als vielmehr auf Bundesebene. Schröder liegt verkehrt, wenn er nur die Angst der Bürger vor Veränderungen heranzieht. Die SPD stünde besser da, wenn sie nicht alle zwei Tage eine andere Sau über die Felder der Reformpolitik triebe."

In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG lesen wir:

"Die Bundes-SPD versucht, das Desaster in Bayern als ethnologisch bedingte Ausnahme abzutun. In Wirklichkeit aber hat sich für Schröder in gewisser Weise die verlorene Wahl in Niedersachsen wiederholt: Ja, die SPD hat wegen der Person ihres regionalen Spitzenkandidaten überdurchschnittlich verloren. Andererseits aber haben die Bayern mit überwältigender Mehrheit auch eine späte Antwort auf Schröders Frage 'er oder ich' gegeben. Der Kanzler ist in der Vertrauenskrise. Der nächste Schritt in dieser Krise sind die Abstimmungen über die Agenda-Gesetze im Bundestag. Bleibt Schröder bei auch nur einem Gesetz die eigene Mehrheit versagt, ist Feuer am Dach. Edmund Stoiber steht bereit - und zwar nicht zum Löschen."

Das herausragende Wahlergebnis kann auch innerhalb der Union für Aufruhr sorgen, dazu die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

"Der bayrische Ministerpräsident bleibt mit diesem Ergebnis nicht nur im Rennen um die Kanzlerkandidatur, er setzt sich fürs erste auch vom Feld der Verfolger ab. Unter den konkurrierenden Ministerpräsidenten ist er nun der erfolgreichste; und Frau Merkel hat den Nachteil, dass sie 'nur' Wahlen für Parteiämter gewonnen hat. Würde die Regierung im Herbst stürzen, dann führte kein Weg an Stoiber als Spitzenkandidat vorbei. Weil aber die Wahrscheinlichkeit, dass die SPD sich demnächst selbst entmachtet, trotz des Aufbegehrens der Linken nicht besonders groß ist, tut die Union gut daran, die Kandidatenfrage jetzt nicht zu beantworten."

Abschließend befasst sich der BERLINER KURIER mit der Rolle des Bundeskanzlers:

"Es geht nicht darum, ob die Deutschen Reformen wollen. Deutschland braucht Wandel. Es gibt da keinen Weg zurück. Deshalb lässt sich Schröder von seinem Kurs nicht abbringen. Und das ist auch richtig so. Was Stoiber bietet, wissen wir nicht. Doch als Kanzler müsste auch er Reform-Motor sein. Schröder sieht die Ängste der Menschen. Er spricht darüber, statt sie ihnen zu nehmen. Wenn sie erst die Früchte sehen, wird alles gut, hofft der Weiter-so-Kanzler. Also Augen zu und durch? Nein! Augen auf, die Bürger an die Hand nehmen, sie nicht allein lassen auf schwieriger Wegstrecke."

Zusammengestellt von Christina Pannhausen.