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Pressestimmen von Dienstag, 27. Januar 2004

Redaktion diesmal Siegfried Scheithauer30. Januar 2004

Unions-Leitlinien zur Steuerpolitik/ Debatte um Bundesagentur für Arbeit

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Dominierendes Thema der Leitartikler der deutschen Tagespresse ist die Steuer-Politik von CDU und CSU nach dem Treffen der Parteivorsitzenden Angela Merkel und Edmund Stoiber, verbunden mit der aktuellen Gesamtlage im Unionslager.

Die Zeitung DIE WELT kommentiert den erneut verkündeten "radikalen Neuanfang" so:

"Statt am bisherigen System herumzudoktern, braucht Deutschland ein mutiges Konzept mit einer einfachen und transparenten Systematik und niedrigeren Sätzen. Dass die Unionsparteien sich darauf geeinigt haben, lässt hoffen. Zunächst allerdings werden CDU und CSU entscheidende Fragen, bei denen es sich keineswegs nur um Details handelt, klären müssen. Danach aber ist die Zeit reif für einen Gesetzentwurf, und hier ist vor allem die Regierungskoalition in der Pflicht."

Die BERLINER ZEITUNG sieht das ganz anders und schreibt:

"Man darf getrost die Schlussfolgerung ziehen, dass die Union ein fundiertes Desinteresse an jeglicher Steuerreform hat, inklusive ihrer eigenen. Es gibt wohl nur eine, eine einzige plausible Erklärung für das Gemerkel und Gestoiber dieser Tage: Die Union will die radikale Steuerreform nicht jetzt, nicht mit Rot-Grün, sondern als Wahlkampfthema für 2006. (...) Friedrich Merz ist erledigt, sein Konzept ad acta gelegt. Wolfgang Schäuble ist als Kandidat für das Präsidentenamt auch erledigt."

Die STUTTGARTER NACHRICHTEN schlagen in die gleiche Kerbe:

"Seit Montag verkünden Stoiber und Merkel einen neuen Kompromiss zum großen Wurf: Bis März wird in kleiner Münze durchgerechnet, was bezahlbar ist, doch zehn Milliarden sollen es schon sein. Kein Wunder, dass sich die Karikaturen mehren, die Merkel beim Pusten bunter Seifenblasen abbilden."

Auch bei der SAARBRÜCKER ZEITUNG nur Spott und Häme:

"Wird diese Taktik der Union auf dem Bierdeckel entworfen? Gallig muss man diese Frage stellen, betrachtet man das atemlose Hin und Her von CDU und CSU in der Steuerpolitik. Ganz nüchtern wirkt das nicht, was die Opposition veranstaltet, eher er-nüchternd, dass es nämlich 'die anderen' auch nicht viel besser können als Rot-Grün."

Die KÖLNISCHE RUNDSCHAU bringt in Erinnerung:

"War der Mut nur in einer Art Selbsthypnose in der Binnenwelt des CDU-Parteitags wirksam? Seither rudert die Union jedenfalls kräftig zurück. Sie vermeidet weiterhin Festlegungen zum Subventionsabbau."

Und die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt an der Oder bilanziert:

"Die Skeptiker werden wohl Recht behalten. Nach dem Kraftakt zum Ende 2003 ist das Reformfenster geschlossen. Erst nach der Bundestagswahl, mithin Anfang 2007 tut sich wieder etwas. (...) Und mit diesem Armutszeugnis will sich Union ernsthaft für die Position der Regierungskraft bewerben?"

Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG glaubt, vor allem CSU-Chef Stoiber sei angeschlagen:

"Gestern noch triumphaler Wahlsieger in Bayern, heute in ein politisches Tief geraten. (...) Auf Bundesebene droht er erst Recht an Grenzen zu stoßen. Dies belegt nach den bisher bekannten mageren Details auch der Steuerkompromiss mit der CDU. Und bei der Kandidatenkür für die Rau-Nachfolge sind die Chancen für den CSU-Favoriten Wolfgang Schäuble gesunken, statt - wie nach dem Kreuther Treffen erhofft - zu steigen."

Zweites Thema. Nach der Ablösung Florian Gersters geht es nicht nur um eine rasche Nachfolge, sondern auch um die Struktur der Bundesagentur für Arbeit sowie die Fortführung der Reformen.

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG beleuchtet die öffentliche Meinung:

"Nun wird auch Florian Gerster, dem Ex-Chef der Bundesagentur für Arbeit, empört öffentlich vorgerechnet, dass er nach seiner Kündigung Übergangsgeld und Abfindung bekommt. Gleichzeitig wird aber erwartet, dass sich für ein Spitzenamt wie das in Nürnberg nur die Besten und die Klügsten bewerben und den Zuschlag erhalten. Ohne Abfindungs-Regelungen werden aber Spitzenkräfte ein Risiko, wie es sich soeben bei Gerster realisiert hat, nicht eingehen. Die Kritik läuft also auf den Satz hinaus: Wir wollen Spitzenklasse, aber möglichst billig; das wird nicht gehen."

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE analysiert:

"Nicht die Suche nach einem Ersatz für Gerster ist eilig, sondern die Suche nach einer tragfähigen Rechtsform für die Bundesanstalt für Arbeit. In der von Rot-Grün und der Hartz-Kommission verknäulten Form einer Behörde mit Aktiengesellschafts-Attitüde geht es jedenfalls nicht in eine leuchtende Zukunft. (...) Es ist sinnlos, die Lösung allein von einem neuen 'Vorstandsvorsitzenden' zu erwarten", so die FAZ.