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Pressestimmen von Dienstag, 27. Mai 2003

Herbert Peckmann26. Mai 2003

Regierungskrise in Nordrhein-Westfalen /Streit um Reformagenda /Bewegung im Nahost-Friedensprozess

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Der zunehmend auch offen ausgetragene Streit in der Düsseldorfer Landesregierung, die Auseinandersetzungen um die Reformagenda der Bundesregierung und die neue Bewegung im Nahost-Friedensprozess sind Kommentarthemen der deutschen Tageszeitungen.

Zum Koalitionstreit in Nordrhein-Westfalen schreibt der Kölner EXPRESS:

"Was macht man, wenn eine Ehe zerrüttet ist? Man trennt sich oder geht zum Therapeuten. Im Falle der rot-grünen Chaos-Ehe in Düsseldorf wird freilich ein Therapeut nichts mehr ausrichten können. Nahezu alle Äußerungen der Beteiligten der letzten Tage zeigen: Das Klima ist vergiftet - die Politik nur noch ein einziges Gewürge von einem Krach zum anderen."

Die WESTDEUTSCHE ZEITUNG fragt, ob es sich auch diesmal um den gewohnte Hauskrach am Rhein handelt und gibt auch gleich die Antwort:

"Nein, es handelt sich hier um Versuche, einen für die Bundesregierung besorgniserregenden Vorgang gesund zu beten. In Wahrheit dürfte Steinbrücks verbale Großoffensive dem Kanzler durch Mark und Bein gegangen sein. Er weiß genau: Sollten im bevölkerungsreichsten Bundesland die Farben auf Rot-Gelb wechseln, destabilisiert das die trudelnde Bundesregierung nur noch weiter."

Auch die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG sieht die Regierung in Düsseldorf tief in er Krise:

"Steinbrück hat nämlich keine Wahl. In Nordrhein-Westfalen geschieht trotz oder gerade wegen der Größe des Landes stets nur das, was die Bundesführungen gutheißen. (...) Da die Union trotz der Bremer Enttäuschung weiter an die Befunde der Demoskopen glaubt, sieht sie ihre Chancen wachsen, bei der nächsten Bundestagswahl größte Fraktion zu werden. Daher strebt sie nach baldigen Neuwahlen. Die SPD hingegen will so lange wie möglich Ämter besetzt halten."

Die Zeitung DIE WELT fragt nach der Zukunft des rot-grünen Projekts und führt aus:

"An der Seite einer ratlos verstummend gespaltenen SPD ringt der Koalitionspartner zwischen altlinker Verteilungssehnsucht und verzweifeltem Pragmatismus um seine grüne Seele. Kann sein, dass Machterhalt und eingeübte Beschwörungsformeln noch Monate und Jahre ins Land gehen lassen, bis die Fassade fällt. Wenn es aber tatsächlich - wie jetzt in Düsseldorf - schon keines konkreten Streitgrundes mehr bedarf, dass ein rot-grünes Landesbündnis erodiert, dann kann ein nächster schneller Anlass alle Akteure auseinander treiben"

Für die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG könnten Kanzler Schröder und die SPD im Reformstreit vom Wahlsieg des Sozialdemokraten Scherf in Bremen profitieren. Das Blatt schreibt:

"Es war ein Wochenende, an dem Besonnenheit und Vernunft in der Wallungsdemokratie endlich wieder einmal Fuß fassen konnten. In Person des sanften Riesen von der Weser, aber auch - sei es Zufall oder nicht - in Person des DGB-Vorsitzenden Michael Sommer. Dieser flötet plötzlich wie eine Nachtigall in Richtung Kanzleramt. Seine ganze Wut auf die Agenda scheint verflogen - angeblich wegen ein paar Fußnoten, um die der Leitantrag der SPD erweitert wurde."

Die SAARBRÜCKER ZEITUNG sieht ganz Deutschland als Sanierungsfall. Dort heiß es:

"Die großen Themen Rente, Gesundheit oder Zuwanderung legen den Reformbedarf schonungslos offen. Und doch ist eine große Koalition auf Bundesebene kein Thema, darf eine rot-grüne Mehrheit weiterwursteln, um beim ersten mutigen Ansatz vom Veto des schwarz beherrschten Bundesrates gestoppt zu werden. (...) Wenn eine nationale Kraftanstrengung zur Lösung der dringendsten Fragen aber als notwendig erkannt ist, müssen den Worten Taten folgen. Dazu bedarf es in der Tat keiner förmlichen großen Koalition."

Zum Schluss noch eine Stimme zur neuen Bewegung im Nahost-Friedensprozess. Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG kommentiert:

"Die so genannte 'Roadmap', der Fahrplan zum Frieden, hat eine erste Hürde genommen. Der Vorschlag des Nahost-Quartetts sieht die Schaffung eines Palästinenserstaates bis zum Jahr 2005 vor. Dennoch ist Scharon mitnichten ein überzeugter Verfechter dieses Plans geworden. Vielmehr hat er ihn seinen Ministern angeboten wie sauer Bier. Scharon ist nach wie vor nicht bereit, die illegalen Siedlungen zu räumen, und nach wie vor sieht er einen palästinensischen Staat als Bedrohung der Sicherheit Israels an."