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Pressestimmen von Dienstag, 28. Dezember 2004

Michael Wehling27. Dezember 2004

Flutkatastrophe in Südasien// Juschtschenkos Wahlsieg in der Ukraine

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Zentrale Kommentar-Themen der Tageszeitungen an diesem Dienstag sind die verheerende Flutkatastrophe in Südasien nach einem Seebeben vor Sumatra sowie der Sieg von Oppositionsführer Viktor Juschtschenko bei der Wiederholung der Stichwahl um die Präsidentschaft in der Ukraine.

Zunächst zur Katastrophe in Südasien: Die LÜBECKER ZEITUNG schreibt:

'Es waren wieder die Ärmsten der Armen, die starben, Menschen, die hier Hütten der Not gehorchend nahe am Wasser bauten. ... Die Menschen hätten nur ein paar hundert Meter ins Binnenland ausweichen müssen und wären mit dem Leben davon gekommen. Doch sie waren so unwissend wie die Touristen aus den reichen Ländern, die von den schönsten Tagen des Jahres träumten.'

Die BERLINER ZEITUNG kritisiert, dass es in der Region kein Frühwarnsystem gegen die zerstörerischen Riesenwellen gibt:

'... wenn der Mensch auch nicht die Macht hat, solche Katastrophen wie die vom Sonntag abzuwenden, so hat er doch die Fähigkeit, sich einiges Wissen zu verschaffen und es zu kommunizieren. Er kann sich bemühen, die Folgen solcher gewaltiger Katastrophen zu verringern. In Asien hätte eine Warnung Zehntausenden das Leben retten können. Dass es nicht geschah, kann nicht der Naturgewalt angelastet werden. Das war - nicht geleistetes - Menschenwerk.'

Ähnlich argumentiert das in Düsseldorf herausgegebene HANDELSBLATT:

'Im immer wieder heimgesuchten pazifischen Raum, in Japan oder auch in Kalifornien, wurden Frühwarnsysteme entwickelt, die es zumindest in begrenztem Umfang schon im Vorfeld ermöglichen, beispielsweise Maßnahmen zur Evakuierung einzuleiten. ... Natürlich verlangen solche Investitionen eine starke finanzielle Potenz. Und der Hinweis, dass es sich bei den von der jetzigen Katastrophe Getroffenen ganz überwiegend um arme Länder handelt, liefert auch eine Begründung für das Ausmaß des Schadens, doch alles andere als eine Entschuldigung.'

Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN verweisen auf einen anderen Asspekt:

'In die Fassungslosigkeit über das gigantische Ausmaß der Katastrophe mischt sich tiefes Mitgefühl für die Angehörigen, die um Vater und Mutter, Sohn oder Tochter trauern - und schon wieder die beschämend kleinliche Sorge, was uns das alles wohl kosten wird. Es gehört zum häßlichen Gesicht des globalisierten Kapitalismus, dass die Analysten sogleich nachzurechnen beginnen ... .'

Damit zum nächsten Thema, der Präsidentschaftswahl in der Ukraine. Die Tageszeitung TAZ aus Berlin schreibt über den Wahlsieger:

'Die folgenden Monate werden zeigen, ob Wiktor Juschtschenko fähig und willens ist, das Projekt 'neue Ukraine' in Angriff zu nehmen. Dabei dürfte er klug genug sein, zu wissen, welcher Erwartungsdruck der erwachten ukrainischen Zivilgesellschaft jetzt auf ihm lastet.'

Die Tageszeitung DIE WELT notiert:

'Am Wahlabend machte ein abgewandelter Satz des in Kiew geborenen (Schriftstellers) Michail Bulgakow die Runde: 'Brücken brennen nicht.' Will heißen: Konflikte werden in der Ukraine gelöst, ohne daß verbrannte Erde und Haß zurückbleiben. Auch für das Lager der Verlierer geht das Leben weiter. Mit dieser Lösung haben Juschtschenko und die Demonstranten unter Lebensgefahr europäische Werte verteidigt - unsere Werte.'

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU analysiert die internationalen Folgen des Wahlsiegs Juschtschenkos:

'Für Russlands Führung wird der Fünfzig-Millionen-Staat, einer der größten des Kontinents, nahes Ausland bleiben - eigentlich also kein richtiges Ausland. Für die Westeuropäer wird es ein randständiges Stück Europa bleiben - eigentlich also kein richtiges. Die Interessen des großen Nachbarn im Norden und Osten bleiben, was und wie sie waren: ökonomisch, politisch und historisch definiert und insgesamt sehr intensiv. Im Westen dürfte das Interesse abflauen, da nun der große Umschwung vollbracht ist.'

Abschließend ein Blick in die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG. Das Blatt aus München schreibt:

'In der Tat ging es in der Ukraine um die Demokratisierung der Gesellschaft, nicht um einen Kampf zwischen West und Ost, wie es Kremlchef Wladimir Putin offensichtlich sieht. ... Den wichtigsten Beweis dafür, dass Putin sich irrt, liefert die russischsprachige Intelligenzija der Ukraine. Noch vor wenigen Jahren hatte sie den Kremlchef verehrt und den Anschluss des russisch geprägten Osten und Süden mit der Halbinsel Krim an Russland gefordert. Doch das ist vorbei.'