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Pressestimmen von Dienstag, 29. April 2003

Michael Wehling.28. April 2003

SPD-Reformagenda/Europäischer-Vierer-Gipfel/Wahl in Argentinien

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Beherrschendes Thema in den Kommentar-Spalten der deutschen Tageszeitungen ist der Streit in der SPD um das Reformprogramm von Kanzler Schröder. Beachtung findet auch der umstrittene Vierergipfel an diesem Dienstag in Brüssel sowie die Präsidentschaftswahlen in Argentinien.

Nach einer Rücktrittsdrohung hat Schröder im SPD-Vorstand eine breite Mehrheit für seine Reformagenda 2010 erhalten.

Die Tageszeitung DIE WELT schreibt dazu:

'In einem hat der Kanzler Recht, es geht um sein Amt. Was er will, weist in die richtige Richtung, doch gemessen an den Problemen des Landes erscheinen viele seiner Reformen nur als Reförmchen. Und wenn er noch nicht einmal die in der eigenen Partei durchzusetzen vermag, muss er abtreten - und mit ihm Rot-Grün.'

Die STUTTGARTER ZEITUNG notiert:

'Noch vor Beginn der Vorstandssitzung machte der Kanzler öffentlich allen Beteiligten klar, dass es für ihn längst nicht mehr nur um die Reformen geht, sondern um Gerhard Schröder, um die Regierungsfähigkeit, um die Macht. Schröders Warnung richtete sich zwar in erster Linie an die SPD. Aber auch die Grünen sind angesprochen: Auch der kleine Koalitionspartner steht vor einem Sonderparteitag zu den Sozialreformen, dessen Ausgang ebenso offen ist wie der Parteitag bei den Sozialdemokraten.'

In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG aus München heißt es:

'Das SPD-Problem ist simpel zu beschreiben, aber schwer zu lösen: Es reicht nicht, dass Schröder eine Reform ausruft, das reicht selbst dann nicht, wenn sie en gros und en détail richtig sein sollte. Es reicht nicht, die Vertrauensfrage damit zu verbinden; Schröder wird sie gewinnen und dabei womöglich seine Partei verlieren - wenn er seine Reform ihr und auch ihrer längst nicht mehr geneigten Wählerschaft nicht gut erklären kann.'

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU kommentiert:

'Zwar gibt es im recht betonharten Leitantrag für den Sonderparteitag, den Schröder sich vom Vorstand mit ultimativem Gefolgschaftsverlangen absegnen ließ, noch ein paar Spiegelstriche, aus denen sich bei gutem Willen Öffnungsklauseln herauslesen lassen. Offener denn je aber ist, ob der Kanzler eine solche Öffnung überhaupt noch will, oder ob er sich innerlich nicht längst entschieden hat: für den allzu einfachen, aber bei Wirtschaft und Opposition geglaubten Ansatz, dass jetzt nur eine grundlegende Wende in Richtung Sozialabbau mehr Wachstum bringen kann.'

Die in Berlin erscheinende TAGESZEITUNG - taz - zeigt sich kritisch:

Wichtig ist auch das, was in dem Leitantrag nicht erwähnt wird:eine Vermögensteuer beispielsweise. Sie zu fordern ist heute als linkspopulistisch verschrien. Immerhin aber hat der Wegfall der Vermögensteuer seit 1996 den Fiskus 4,6 Milliarden Euro jährlich gekostet. Nur zum Vergleich: Die Kürzungen bei der Arbeitslosenhilfe sollen 3 Milliarden Euro sparen.'

Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG führt aus:

'Im Grundsatz unterstützen alle Bundestagsparteien Schröders Agenda. Na schön. Weshalb glauben dann so wenig Bürger, dass die großen Eckpunkte auch in die Tat umgesetzt werden? Vielleicht liegt es daran, dass sich zu viele in der Opposition aber auch in der Koalition bereits mit der Notlagen-Verwaltung abgefunden haben. Das erspart die eindeutige Festlegung in der Sache.'

Themenwechsel. An diesem Dienstag findet in Brüssel ein Gipfeltreffen von Frankreich, Deutschland, Luxemburg und Belgien zur europäischen Verteidigungspolitik statt. Die BERLINER ZEIUNG kann dem wenig abgewinnen:

'Vor dem Hintergrund eines in der Irak-Frage gespaltenen Europas und eines zerrütteten transatlantischen Verhältnisses bleibt der Handlungsspielraum von Chirac, Schröder, Juncker und Verhofstadt bei ihrem Gipfelchen auf ein Minimum begrenzt. Damit die geplante Erklärung von Brüssel nicht folgenlos verpufft und von Briten und Niederländern begrüßt wird, stimmt Berlin hinter den Kulissen jede Initiative eng mit London ab.'

Abschließend ein Blick in das MAIN-ECHO. Das Blatt aus Aschaffenburg schreibt zur Präsidentschaftswahl in Argentinien:

'Dass Carlos Menem in diesem ersten Rennen die relativ meisten Stimmen erhielt, war erwartet worden, ist aber trotzdem ein Skandal. Dieser halbseidene Volkstribun hat in den zehn Jahren seiner Regierung Argentinien glamourös ruiniert. Von seiner schamlosen Chuzpe, sich erneut nach vorne zu spielen, sind viele Argentinier
gleichwohl fasziniert.'