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Pressestimmen von Dienstag, 29.Januar 2002

zusammengestellt von Gerd Winkelmann28. Januar 2002

Die IG Metall fordert/ Der Kanzler rettet/ Astrid Lindgren bleibt

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Die offizielle Zahl konnte nicht mehr überraschen. 6,5 Prozent mehr Lohn will die IG Metall und fordert damit an diesem Dienstag auch die wirtschaftspolitischen Kommentatoren der deutschen Presse heraus. Der vom BERLINER KURIER schreibt:

'Schwere Stürme ballen sich über der Regierung zusammen. Otto Schily, Ulla Schmidt, Rudolf Scharping und auch Hans Eichel sind schon in schwerer See. Und jetzt bläst auch noch die IG Metall kräftig in die Regierungssegel. 6,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt. Ist das wirklich gerechtfertigt? Es mag ja richtig sein, zu glauben, dass wir alle mehr einkaufen, wenn wir mehr Geld in der Tasche haben. Es ist aber ein Trugschluss zu glauben, dass diese Lohnerhöhung ohne Preiserhöhung einhergehen könne. Selbst den Gewerkschaften dürfte nicht entgangen sein, dass wir uns in einer schweren Wirtschaftskrise befinden. (...) Diese Lohnforderung ist daher gefährlich. Sie wird die Erholung der Wirtschaft abbremsen und die Zahl der Arbeitslosen eher nach oben als nach unten bringen.'

Der GENERAL-ANZEIGER aus Bonn meint:

'Maßhalten war ohnehin nicht angesagt, aber dass die IG Metall in der aktuellen wirtschaftlichen Situation mit so überzogenen Tarifforderungen in die diesjährigen Lohnverhandlungen geht, überrascht denn doch. Auch wenn nichts so heiß gegessen wird, wie es gekocht wurde, sind diese Tarifvorstellungen das falsche Signal mitten in einer Konjunkturflaute, in der die Vorboten eines erhofften Aufschwungs im zweiten Halbjahr noch nicht einmal die Stärke eines lauen Lüftchens erreicht haben.' (...) wegen der (...) Unwägbarkeiten ist Zurückhaltung erforderlich.'

Noch ein Blick in SAARBRÜCKER ZEITUNG:

'Mediziner raten regelmäßig zur Zurückhaltung oder gar zum Verzicht, wenn es um den Konsum von Alkohol oder Tabak geht. Das ist auch vernünftig, geht der volkswirtschaftliche Schaden durch ungezügelten Genuss doch in die Milliarden. Wenn jedoch die Gesundbeter aus Arbeitgeberlager und Politik zu starker Zurückhaltung in den Tarifrunden mahnen, dann dient das eher dem Eigeninteresse als unbedingt dem Wohl der Volkswirtschaft. Warum sollen die Arbeitnehmer keinen Anspruch auf einen 'ordentlichen Schluck aus der Lohnpulle'haben? Die Lebenshaltungskosten sind ja deutlich gestiegen.'

Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG kommentiert die vorläufige Rettung der Waggonbauer in Sachsen-Anhalt:

'Über den Erhalt ihres Werkes kann man sich mit den Waggonbauern und den Hallensern ehrlichen Herzens freuen. Und doch ist die Freude nicht ungetrübt. Will man künftig allen Firmen, die mit Schließung drohen, neue Aufträge versprechen? Der Kanzler weckt mit seinem Einsatz für Ammendorf Begehrlichkeiten, denen er nicht gerecht werden kann. Doch drei Monate vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt, bei sinkenden Umfragewerten für die SPD und über vier Millionen Arbeitslosen war der Zeitpunkt gekommen, sich über derartige Bedenken hinweg zu setzen.'

Der Tod von Astrid Lindgren bewegt das HAMBURGER ABENDBLATT:

'Und wenn sie nun gestorben ist, so lebt sie dennoch weiter. In ihren unbändigen Rabauken - in Pippi, Michel, Kalle, Madita und all den anderen. Die schwedische Kinderbuchautorin Astrid Lindgren hat sich mit ihren Figuren längst unsterblich gemacht. Hat Generationen von Kindern in ihre kunterbunte Welt entführt, in der die Knirpse entdecken und ausprobieren, toben und Streiche machen dürfen. Da sind die ganz Kleinen ganz stark und furchtlos und lassen die großen Erwachsenen ganz schön alt aussehen. So also lässt sich die Welt mit ungebremster Fantasie erobern. Das hat mancher lange vergessen. Kein bisschen altmodisch sind diese Geschichten, auch wenn vieles, was Astrid Lindgren aus dem bäuerlichen Alltagsleben in Vimmerby aufgezeichnet hat, heute kaum mehr existiert. Aber eine unstillbare Sehnsucht ist geblieben: nach Gemeinschaft, nach den großen Festen, der gegenseitigen Hilfe, der Geborgenheit, der Großzügigkeit und der Freiheit. Viel davon ist in unserer rüden Ich-Gesellschaft inzwischen aufgegeben worden. Dass uns und unseren Kindern bisweilen dennoch warm ums Herz werden kann, auch das ist ein Vermächtnis von Astrid Lindgren.'