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Pressestimmen von Dienstag, 3. Juli 2007

Christian Walz2. Juli 2007

Warnstreiks bei der Bahn / Energiegipfel im Kanzleramt

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Die Kommentatoren zahlreicher Tageszeitungen richten ihr Hauptaugenmerk auf die Warnstreiks bei der Deutschen Bahn.

Der WIESBADENER KURIER kritisiert die Forderungen der Gewerkschaften:

'Bisher ist der Tarifkampf durch Maßlosigkeit geprägt. Maßlosigkeit bei den Lohnforderungen, die je nach Art der Beschäftigung zwischen sieben und 31 Prozent schwanken. Maßlosigkeit aber auch in der Wahl der Arbeitskampfmittel. Statt Nadelstichen dominiert die Breitseite, etwa die flächendeckende Arbeitsniederlegung der Lokführer. ... Die Kunden sollten sich auf längeres Leiden einstellen.'

Die MÄRKISCHE ALLGEMEINE aus Potsdam sieht eher Bahn-Führung in der Pflicht:

'Der Vorwurf der Deutschen Bahn, die Gewerkschaften würden ihre Warnstreiks rücksichtslos auf dem Rücken der Kunden austragen, ist zu durchsichtig: Ein Arbeitskampf bei einem Dienstleister wie der Bahn trifft die Kunden nun mal direkt, anders als ein Streik in der Industrie. Wollte die Bahn ihren Kunden den Ärger wirklich ersparen, hätte sie es in der Hand, mit einem neuen Angebot die Auseinandersetzung von den Bahnhöfen zurück an den Verhandlungstisch zu verlagern.'

Die KÖLNISCHE RUNDSCHAU fordert von der Bahn einen 'fairen Umgang' mit ihren Mitarbeitern:

'Bahn-Chef Mehdorn lässt derzeit keine Gelegenheit aus, das Unternehmen als hochrentabel darzustellen. Tatsächlich kann er Rekordgewinne verkünden. Immerhin 1,7 Milliarden Euro hat die Bahn vergangenes Jahr verdient. Die Aussichten der Branche sind langfristig glänzend. Zweimal zwei Prozent mehr Geld innerhalb von zweieinhalb Jahren, so das Bahn-Angebot, erscheinen da durchaus ausbaufähig.'

Die FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND analysiert das Vorgehen der kleinen Lokführer- Gewerkschaft GDL, die Einkommenserhöhungen um fast ein Drittel fordert.

'Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer kopiert die Strategie, die Piloten und Krankenhausärzte zuletzt erfolgreich angewandt haben: Sie setzt sich ab von den Organisationen, die das Gros der Bahn-Beschäftigten vertreten, und nutzt den Umstand aus, dass Lokführer für den Betrieb unersetzlich sind. Angesichts dieser starken Verhandlungsposition muss sich Bahn-Chef Mehdorn darauf einrichten, den GDL-Mitgliedern mehr zahlen zu müssen als den anderen Streikenden. Das könnte das Auseinanderfallen der Bahngewerkschaften noch beschleunigen.'

Und die Zeitung DIE WELT ist der Ansicht:

'Der Grabenkrieg der drei Bahngewerkschaften schwächt nicht nur das Arbeitnehmerlager, er schwächt den Konzern. Denn mit Gewerkschaften, die in unterschiedliche Richtungen ziehen, kann selbst ein kompromissbereiter Arbeitergeber kaum Erfolg versprechend verhandeln. Den Gewerkschaften sollte jedoch klar sein, dass sie sich schnell einigen müssen. Jeden Tag, der bei der Bahn gestreikt wird, steigen wütende Fahrgäste auf das Auto um.'

Themenwechsel. Wie die Energieversorgung der Zukunft aussehen soll, ist noch heftig umstritten. Nach Antworten soll an diesem Dienstag der dritte Energiegipfel im Kanzleramt suchen.

Die BERLINER ZEITUNG fragt sich:

'Warum geraten Bundespolitik und Energiewirtschaft immer wieder in heftigen Streit? Liegt das womöglich auch am allzu selbstherrlichen Gebahren der Stromkonzerne? Die Antwort lautet: Ja. Keine andere deutsche Branche fühlt sich im Umgang mit dem Staat so mächtig und stark wie die großen Energieversorger. Keine andere Branche weiß die Bundes- und Landesbürokratie so zu steuern wie die Stromriesen sei es durch stille Manipulation oder durch offene Konfrontation. Die Energiekonzerne verfügen nämlich nicht nur über ein verzweigtes Leitungssystem, darüber hinaus haben sie ein engmaschiges Netzwerk geknüpft, um die Politik ganz in ihrem Sinne zu lenken.'

Die LANDESZEITUNG aus Lüneburg meint:

'Der Atomausstieg spaltet die große Koalition. Ein bürgerlicher Wahlsieg würde ihn kippen. Langfristigkeit sieht anders aus. Die Energiekonzerne sollen in das Zukunftskonzept eingebunden werden, obwohl sie nur verlieren können: Sowohl Energiesparen als auch eine erstarkende Öko-Konkurrenz würden ihren Profit mindern. Wer glaubt, dass die Stromriesen den Erneuerbaren Energien den Weg ebnen, kann sich Anti-Nikotin-Kampagnen von der Tabakindustrie entwickeln lassen. Unhaltbare Versprechungen werden das Treibhaus allerdings auch nicht abkühlen. Klimaschutz trotz Atomausstiegs gibt es nicht ohne Mehrkosten.'

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU warnt:

'Wer die Festlegung kippen will, bis 2020 rund 40 Prozent Treibhausgase einzusparen, negiert den Ernst der Lage im Treibhausjahrhundert. Die 40 Prozent sind der angemessene Beitrag Deutschlands, wenn die globale Erwärmung bis 2100 auf die eben noch tolerablen zwei Grad begrenzt werden soll. Würde ausgerechnet Berlin dieses von den UN-Klimaforschern vorgegebene und von der EU gegengezeichnete Ziel aufgeben, könnte man die Hoffnung gleich im Schornstein rauchen. Also: Hier darf nicht gewackelt werden.'

Auch die MITTELBAYERISCHE ZEITUNG aus Regensburg fordert von der Regierung Standhaftigkeit:

'Die Bundesregierung sollte sich nicht den Schneid abkaufen respektive ihre Ziele verwässern lassen. Und vor allem muss sie darauf achten, dass sie sich auf keinen Kompromiss einlässt, der den Konzernen einen bequemen Umstieg auf eine umweltschonende Versorgung ermöglicht, letztendlich über steigende Preise aber nur zu Lasten der Verbraucher geht. Die Bürger wissen, dass die Umgestaltung der Versorgungsstruktur nicht für umsonst zu haben ist. Aber sie sind nicht gewillt, die Rechnung ganz alleine zu zahlen, so wie das in den vergangenen Jahren geschehen ist.'