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Pressestimmen von Dienstag, 3. Juni 2003

zusammengestellt von Dagmar Ringhandt2. Juni 2003

G-8-Gipfel / Metallstreiks-Ost

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Zentrale Themen in den Kommentaren der deutschen Inlandspresse sind an diesem Dienstag der Gipfel der G-7-Staaten und Russlands in Evian und der Metaller-Streik in Ostdeutschland.

Zunächst zum Gipfel der G-7 und Russland in Evian, dessen Ergebnisse von den Kommentatoren duchweg eher pessimistisch betrachtet werden.

So schreibt die «Allgemeine Zeitung» aus Mainz:

'Es war ein netter Versuch, mehr nicht. Der G-8-Gipfel im beschaulichen Evian hat die Welt weder vorangebracht, noch die Machtverhältnisse zwischen Amerika und Europa verändert. Auch woraus sich die Botschaft speist, wonach es im zweiten Halbjahr 2003 weltweit zu einer wirtschaftlichen Erholung kommen wird, bleibt ein Rätsel. Sicher sind das Ende des Irak-Kriegs, das weltweit niedrige Zinsniveau und sinkende Ölpreise gute Rahmenbedingungen für jede Konjunktur. Doch die strukturellen Probleme fast aller Industrieländer werden damit nicht gelöst. '


Die «Ostthüringer Zeitung» greift die Vereinbarungen zur Terrorbekämpfung auf und schreibt:

'Zur politischen Verteidigung der USA sei angemerkt, dass sie im Kampf gegen den Terrorismus nicht so einäugig vorgehen, wie man befürchten musste. Legt man die Nahost-Reise Bushs zu Grunde, erste Bemühungen, den Rüstungsmarkt nicht sich selbst zu überlassen, dazu die Initiative zur Öffnung der Märkte für arme Länder und den ersten Aktionsplan für Afrika, der den Namen wirklich verdient, dann wird eine Gesamtstrategie deutlich. Sie geht über das Militärische hinaus. Verschreiben sich Amerikaner einer Aufgabe, wird es leicht missionarisch. Manchmal muss man sie bremsen, manchmal ermutigen. Der G-8-Gipfel ist der Versuch, sie davor abzuhalten, nicht nur noch unilateral zu agieren, sondern multilateral vorzugehen. Und das ist den Versuch wert.

Die «Pforzheimer Zeitung» interessiert sich für das angespannte Verhältnis USA-Europa:

'Wie die Kräfte zwischen den USA und Europa momentan verteilt sind, lässt sich in diesen Tagen von den Gesichtern der Staatsmänner Bush und Schröder bei ihren diversen Begegnungen ablesen. Während der US-Präsident souverän und gelassen auf den Kanzler zugeht, macht Schröder bei jedem Händedruck ein eher verkrampftes Gesicht, in dem sich eine merkwürdige Mischung aus Freude und Nervosität spiegelt. Hatte sich das alte Europa vor dem Krieg noch als Bastion gegen das Allmachtstreben der USA hervorgetan, ist der Widerstand inzwischen weitgehend verstummt. Niemand erwartet von Gerhard Schröder, dass er George W. Bush den Händedruck verweigert. Kooperation statt Konkurrenz muss auch nach dem Irak-Konflikt als Credo der Beziehungen gelten.'

Nun zu den Streiks für die 35-Stunden-Wooche in der ostdeutschen Metallindustrie.

Die «Hessische/Niedersächsische Allgemeine» kommentiert:

'Die Sorge vieler Arbeitnehmer um ihren Arbeitsplatz ist mehr als berechtigt. Die Drohung der Arbeitgeber, die 35-Stunden-Woche könne bis zu 20 000 Stellen kosten, mag zwar übertrieben sein. Aber ganz ohne Stellenabbau lässt sich dieses Projekt sicher nicht verwirklichen. Somit müssen sich die Gewerkschaften fragen lassen, ob sie mit ihrer harten Haltung tatsächlich den Willen der meisten Arbeitnehmer treffen. Dabei ist die Grundidee, die Lebens- und Arbeitsverhältnisse der Kollegen im Osten denen der im Westen nach und nach anzugleichen, durchaus ehrenwert.'


Der «Berliner Kurier» meint dazu:

'Mit einem Streik ist es immer das Gleiche. Für die Arbeitgeber kommt er immer zur Unzeit, für die Gewerkschaften gerade richtig. Beide Seiten führen immer auch gute Gründe für ihre Haltung an. So ist es auch diesmal beim ostdeutschen Metaller-Streik. Die Lohnangleichung Ost an das Westniveau muss kommen. Das wird mit jedem verstrichenen Jahr zu einer «Frage der Ehre» für die Arbeiter in den neuen Ländern. An diesem Schritt führt kein Weg vorbei, wissen auch die Arbeitgeber. Man sollte meinen, dass sich die Streithähne deshalb einigen. Weit gefehlt. Das Ritual muss eingehalten werden. Vor dem Kompromiss steht der Kampf. Deswegen gibt es jetzt Muskelspiele und Durchhalteparolen.'


Das "Neue Deutschland" sieht dahinter die generelle Tendenz zu mehr, länger und härter arbeiten und schreibt:

'Darauf läuft derzeit alles hinaus - ob späterer Renteneintritt, Arbeitszwang für sozial Bedürftige, die Ich-AG oder verstärkte Leiharbeit. Die Meinung der Wirtschaft ist Dank des satten Votums des SPD-Parteitages für die Agenda 2010 plötzlich offizielle Gesellschaftspolitik geworden.'