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Pressestimmen von Dienstag, 6. September 2005

Arian Fariborz 5. September 2005

TV-Duell Schröder gegen Merkel / Ökosteuer

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Die Kommentare der deutschen Tageszeitungen beschäftigen sich an diesem Dienstag vor allem mit dem TV-Duell zwischen den Kontrahenten Kanzler Schröder und Unions-Kandidatin Merkel sowie mit dem neuerlichen politischen Streit über die Ökosteuer.

21 Millionen Menschen haben das TV-Duell zwischen Kanzler Schröder und seiner Herausforderin Merkel verfolgt. Am Ende fand die Mehrheit der Zuschauer den Auftritt des Kanzlers besser. "Kein Wunder", meint die FRANKFURTER RUNDSCHAU:

"Er ist in punkto rhetorische Gewandtheit und Schlagfertigkeit schlicht der Talentiertere. Hinzu kommen die größere Erfahrung und die Aura des gestandenen Entscheiders, die sich, vor allem im zweiten Teil der Debatte, als Souveränitätsvorsprung bemerkbar machte."

Auch das BADISCHE TAGBLATT bewertet das TV-Duell als Punktsieg für Schröder:

"Merkel geriet bei Details zu den Kirchhofschen Modellen in Bedrängnis. Auch werden 'ihre' Ministerpräsidenten nach einem möglichen Wahlsieg Merkel nicht den großen Wurf erlauben - dafür sind ihnen das eigene Bundesland und dessen Finanzen zu nahe. Schröder wiederum übernahm den Part des Bewahrenden - der sozialen Sicherungssysteme und der Arbeitnehmerrechte. Eine interessante Entwicklung: Die SPD ist auf diesen Feldern zu einer konservativen (bewahrenden) Partei geworden. Für die meisten Zuschauer wird das Duell keine Auswirkung auf die Wahl haben. Nur bei den Unentschlossenen konnte Schröder deutlich punkten."

Zu einem ganz ähnlichen Schluss kommt auch die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:

"Die Diskussionen des Duells verloren sich im Klein-Klein von Prozenten und Cents, in gut einstudierten Schnellberechnungen, in Pepita-Politik. Aber immerhin weiß Deutschland jetzt, dass Angela Merkel es durchhält, eine Sendung lang zu lächeln; das hat ihr neue Sympathien eingebracht. Und von Schröder wissen wir nun wieder, dass er immer noch weiß, wie sich Armut anfühlt und dass er die Facharbeiter für die wahren Leistungsträger hält. Das bringt ihm verlorene Sympathien zurück."

Dieser kritischen Darstellung schließt sich die FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND an:

"Das Protokoll von 90 Minuten Fernsehaufzeichnung offenbart in brutaler Klarheit: Gesagt wurde am Sonntag auf vier Kanälen nichts oder zumindest fast nichts, das aber in munterer Vielfalt. Was folgt daraus? Die eine Möglichkeit ist, das Lied vom Verfall der politischen und Debattenkultur noch lauter anzustimmen. Der andere, bessere Weg ist, das Format 'Fernsehduell' als das zu akzeptieren, was es ist. Dazu gehört, sich nicht länger vorzumachen, es finde dort eine Schulstunde Gemeinschaftskunde statt. Ein Streitgespräch der beiden Spitzenkandidaten ist keine Programmdebatte, sondern eine Persönlichkeitsshow."

Themawechsel: Der Vorschlag der Union, die Autofahrer angesichts steigender Spritpreise durch eine Senkung der Ökosteuer zu entlasten, hat einen neuen Streit in der Energiepolitik entfacht. Hierzu schreibt das HANDELSBLATT:

"An den Zapfsäulen setzt in Deutschland regelmäßig der ökonomische Verstand aus. Sobald der Benzinpreis kräftig steigt, übernimmt die Wut der Autofahrer in Berlin die Macht. Das hat in aller Regel böse Konsequenzen. Die rot-grüne Bundesregierung nahm die erste schwere Ölpreiskrise ihrer Amtszeit zum Anlass, die erbosten Kraftfahrer mit der Pendlerpauschale zu besänftigen. Die Benzinpreise sind damals zwar schnell wieder gesunken, doch die milliardenteure Steuersubvention hält sich hartnäckig, obwohl sie den Staatshaushalt belastet und der Umwelt schadet. Das sollte der Union eigentlich eine Lehre sein. Ist es aber nicht. Schon vor der Wahl geht die Kanzlerkandidatin der CDU/CSU vor den Autofahrern in die Knie mit dem Versprechen, die Ökosteuer zu senken."

Abschließend bemerkt der Bonner GENERAL-ANZEIGER:

"Wenn der Bundesumweltminister jetzt versichert, die Ökosteuer sei nicht am hohen Spritpreis Schuld, verdreht er Fakten. Tatsächlich ist Deutschland von einem Billigbenzin-Land zu einer Hochpreis- Tankstelle geworden. Eine Aussage kann der Umweltminister nicht bestreiten: Ohne die Ökosteuer wäre der Benzinpreis 15 Cent billiger. Aber richtig ist auch: Ohne die Ökosteuer wäre die Lage der Rentenversicherung desaströs, da die Kasse zum größten Teil aus der Umweltsteuer gefüllt wird."