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Pressestimmen von Dienstag, 7. September 2004

zusammengestellt von Annamaria Sigrist 6. September 2004

Wahl im Saarland / Russlands Umgang mit dem Geiseldrama

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Die deutschen Tageszeitungen greifen noch einmal die Landtagswahlen im Saarland auf. Auch der Umgang Russlands mit dem Geiseldrama in der nord-ossetischen Stadt Beslan wird kommentiert.

Der TAGESSPIEGEL aus Berlin schreibt zum Wahlausgang:

"Der Sieger der Saarland-Wahl steht fest: Peter Müller und die CDU. Gewonnen haben andere. Familien-Partei heißen sie, NPD, PDS, Graue Panther, aber auch FDP und Grüne. Nicht zu vergessen die größte unter ihnen: die Partei der Nichtwähler. Der Trend weg von den Volksparteien ist keine saarländische Spezialität. Das gängige Erklärungsmuster für dieses Wählerverhalten heißt 'Protest'. Da ist ja auch etwas dran. Aber wie vorsichtig man damit sein muss, alles über den Protestleisten zu schlagen, zeigt der stete Aufschwung von Grünen und FDP."

DIE WELT aus Berlin nimmt die Verlierer der Wahl ins Visier:

"Mit seltsamem Gleichmut stecken die Spitzengenossen ihre Niederlagen ein und hoffen auf den Aufschwung, der sie retten soll. Man möchte diesen Gleichmut als ausharrende Tapferkeit deuten - und muss sie doch für ein Zeichen von Ideenlosigkeit halten: Der Partei fällt angesichts ihrer Politik nicht mehr ein als die Hoffnung auf einen Deus ex Machina namens 'Aufschwung'. Kann denn nichts die Wähler bereits jetzt für die Agenda einnehmen? Diese soll doch die Bürger ermutigen und ihnen helfen, ihr Leben erfolgreich in die Hand zu nehmen."

Der GENERAL-ANZEIGER aus Bonn ergänzt:

"Das Saar-Ergebnis ist zumindest für das Binnenklima der Berliner Koalition ein neuer empfindlicher Kälteschock. Die SPD verliert ein Drittel ihrer Wähler. Der kleine Koalitionspartner schafft es dagegen, seinen Anteil mehr als zu verdoppeln. Die Grünen wälzen landes- und bundesweit geschickt die Verantwortung für Grundlagen, Inhalte und Umsetzung der Arbeitsmarktreformen auf die Schröder-Partei ab. Das hat mit einer Eigenschaft zu tun, die der Kanzler schon vor einem Jahr 'zum Kotzen' fand: der ausgeprägten grünen Fähigkeit, Regierungs- und Oppositionspartei in einem sein zu wollen."

Die MÄRKISCHE ALLGEMEINE aus Potsdam bemerkt:

"Man muss Oskar Lafontaine nicht mögen. Gewiss nicht. Aber dass der egomanische 'Ausnahme'-Ökonom nun schuld daran sein soll, dass die SPD an der Saar verliert, im Bund einbricht, die PDS im Osten wieder aus der Gruft steigt und die NPD im Westen kräftig zulegt - das ist dann wohl doch eine Idee zuviel der Allmacht für den Missionar in eigener Sache. Selten gab es ein so breites Bündnis für Reformen von FDP, SPD, CDU/CSU und Grünen und doch war die Reformpolitik von Bundesregierung und Opposition selten so unglaubwürdig. Die SPD schämt sich für die Veränderungen, von denen sie erkannt hat, dass sie unausweichlich sind. Und die Opposition drückt sich um das Bekenntnis zur Mitverantwortung."

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München betrachtet die Lage in Russland nach dem Geiseldrama: "Der Montag und auch der Dienstag sind in Russland in erster Linie Tage der Trauer. Die unermessliche Brutalität der Terroristen lässt sich mit dem Verstand kaum verarbeiten. Verständlich sind deshalb die Rachegefühle der Betroffenen und der ganzen Nation. In der breiten Gefühlsaufwallung ist aber auch jetzt schon der große Zorn auf eine widersprüchliche Informationspolitik spürbar, die beinahe an zurückliegende Sowjetzeiten erinnert. Schnelle Transparenz ist deswegen nötig, sonst drohen Putin die Zügel zu entgleiten."

Abschließend meint die FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND:

"Nach dem blutigen Ende des Geiseldramas von Beslan hat Russlands Präsident Wladimir Putin eine Reform der Sicherheitsdienste angekündigt. Auf den ersten Blick scheint diese Reaktion der in den USA nach dem 11. September zu ähneln: Auch dort wurde CIA und FBI vorgeworfen, sie hätten im Kampf gegen den Terror versagt. Das Problem in Russland liegt jedoch tiefer. Polizei und Militär, aber auch der Geheimdienst FSB, dem Putin selbst entstammt, sind anfällig für Korruption. In den unteren Rängen wird schlecht bezahlt und schlecht ausgebildet. Zwischen den Spezialeinheiten des Innenministeriums, des FSB und des Militärs sind zudem die Kompetenzen nicht klar verteilt. In Beslan führten diese Mängel zu einem katastrophalen Einsatz."